Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Da flüstert er heimlich, dicht zu ihr gewandt:
"Was je ich verschuldet, vergesset,
Und nehmet allhier Euer Kränzlein zurück,
Ich bin nicht der Sieger. Mein Leben, mein Glück,
Es liegt in den Händen des Mäusleins!
Freiwillig, Vielholde, legt mir es ums Haupt,
Treuinnig ans Herz mir geschmieget,
Dann erst, Petronella, die Katze glaubt,
Daß wirklich, daß ganz sie gesieget.
Und doch nicht gesieget; die Sieg'rin seid Ihr,
Denn Herz und Seele, Ihr nahmet sie mir,
Ich hob nur die Maus aus dem Sattel! --
Was zaudert Ihr, Nella, so haßt Ihr fürwahr
Noch immer mich? haßt für das Leben?"
Da reicht sie ihm zitternd den Siegerkranz dar
Und hauchet: "Ich hab' Euch vergeben!"
Da faßt ihn unendliche, jauchzende Lust,
Er preßt ihre Hand an die stürmende Brust:
"Geliebte!" jubelt er, "Nella!
O, sag', daß Du mein bist für ewige Zeit,
In minniglich süßem Bekennen,
Sag', daß uns hinfort nicht Wonne noch Leid
Im Leben und Tode mehr trennen!
Dann öffne ich, Nella, getrost mein Visier,
Dann nenn' ich den Namen, vertraue mich Dir, --
O, liebst Du mich, liebst Du mich, Nella?"
Wie träumend erhebt sie ihr Angesicht,
Ob solch ein Bekennen ihr tauge;
Sie lächelt, sie bebet, sie redet nicht,
Sie starrt und sie starrt in sein Auge,
Dann schrickt sie empor: "Euern Namen mir?
Da flüſtert er heimlich, dicht zu ihr gewandt:
„Was je ich verſchuldet, vergeſſet,
Und nehmet allhier Euer Kränzlein zurück,
Ich bin nicht der Sieger. Mein Leben, mein Glück,
Es liegt in den Händen des Mäusleins!
Freiwillig, Vielholde, legt mir es ums Haupt,
Treuinnig ans Herz mir geſchmieget,
Dann erſt, Petronella, die Katze glaubt,
Daß wirklich, daß ganz ſie geſieget.
Und doch nicht geſieget; die Sieg'rin ſeid Ihr,
Denn Herz und Seele, Ihr nahmet ſie mir,
Ich hob nur die Maus aus dem Sattel! —
Was zaudert Ihr, Nella, ſo haßt Ihr fürwahr
Noch immer mich? haßt für das Leben?“
Da reicht ſie ihm zitternd den Siegerkranz dar
Und hauchet: „Ich hab' Euch vergeben!“
Da faßt ihn unendliche, jauchzende Luſt,
Er preßt ihre Hand an die ſtürmende Bruſt:
„Geliebte!“ jubelt er, „Nella!
O, ſag', daß Du mein biſt für ewige Zeit,
In minniglich ſüßem Bekennen,
Sag', daß uns hinfort nicht Wonne noch Leid
Im Leben und Tode mehr trennen!
Dann öffne ich, Nella, getroſt mein Viſier,
Dann nenn' ich den Namen, vertraue mich Dir, —
O, liebſt Du mich, liebſt Du mich, Nella?“
Wie träumend erhebt ſie ihr Angeſicht,
Ob ſolch ein Bekennen ihr tauge;
Sie lächelt, ſie bebet, ſie redet nicht,
Sie ſtarrt und ſie ſtarrt in ſein Auge,
Dann ſchrickt ſie empor: „Euern Namen mir?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0149" n="135"/>
          <lg n="8">
            <l>Da flü&#x017F;tert er heimlich, dicht zu ihr gewandt:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was je ich ver&#x017F;chuldet, verge&#x017F;&#x017F;et,</l><lb/>
            <l>Und nehmet allhier Euer Kränzlein zurück,</l><lb/>
            <l>Ich bin nicht der Sieger. Mein Leben, mein Glück,</l><lb/>
            <l>Es liegt in den Händen des Mäusleins!</l><lb/>
            <l>Freiwillig, Vielholde, legt mir es ums Haupt,</l><lb/>
            <l>Treuinnig ans Herz mir ge&#x017F;chmieget,</l><lb/>
            <l>Dann er&#x017F;t, Petronella, die Katze glaubt,</l><lb/>
            <l>Daß wirklich, daß ganz &#x017F;ie ge&#x017F;ieget.</l><lb/>
            <l>Und doch nicht ge&#x017F;ieget; die Sieg'rin &#x017F;eid Ihr,</l><lb/>
            <l>Denn Herz und Seele, Ihr nahmet &#x017F;ie mir,</l><lb/>
            <l>Ich hob nur die Maus aus dem Sattel! &#x2014;</l><lb/>
            <l>Was zaudert Ihr, Nella, &#x017F;o haßt Ihr fürwahr</l><lb/>
            <l>Noch immer mich? haßt für das Leben?&#x201C;</l><lb/>
            <l>Da reicht &#x017F;ie ihm zitternd den Siegerkranz dar</l><lb/>
            <l>Und hauchet: &#x201E;Ich hab' Euch vergeben!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Da faßt ihn unendliche, jauchzende Lu&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Er preßt ihre Hand an die &#x017F;türmende Bru&#x017F;t:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Geliebte!&#x201C; jubelt er, &#x201E;Nella!</l><lb/>
            <l>O, &#x017F;ag', daß Du mein bi&#x017F;t für ewige Zeit,</l><lb/>
            <l>In minniglich &#x017F;üßem Bekennen,</l><lb/>
            <l>Sag', daß uns hinfort nicht Wonne noch Leid</l><lb/>
            <l>Im Leben und Tode mehr trennen!</l><lb/>
            <l>Dann öffne ich, Nella, getro&#x017F;t mein Vi&#x017F;ier,</l><lb/>
            <l>Dann nenn' ich den Namen, vertraue mich Dir, &#x2014;</l><lb/>
            <l>O, lieb&#x017F;t Du mich, lieb&#x017F;t Du mich, Nella?&#x201C;</l><lb/>
            <l>Wie träumend erhebt &#x017F;ie ihr Ange&#x017F;icht,</l><lb/>
            <l>Ob &#x017F;olch ein Bekennen ihr tauge;</l><lb/>
            <l>Sie lächelt, &#x017F;ie bebet, &#x017F;ie redet nicht,</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;tarrt und &#x017F;ie &#x017F;tarrt in &#x017F;ein Auge,</l><lb/>
            <l>Dann &#x017F;chrickt &#x017F;ie empor: &#x201E;Euern Namen mir?</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0149] Da flüſtert er heimlich, dicht zu ihr gewandt: „Was je ich verſchuldet, vergeſſet, Und nehmet allhier Euer Kränzlein zurück, Ich bin nicht der Sieger. Mein Leben, mein Glück, Es liegt in den Händen des Mäusleins! Freiwillig, Vielholde, legt mir es ums Haupt, Treuinnig ans Herz mir geſchmieget, Dann erſt, Petronella, die Katze glaubt, Daß wirklich, daß ganz ſie geſieget. Und doch nicht geſieget; die Sieg'rin ſeid Ihr, Denn Herz und Seele, Ihr nahmet ſie mir, Ich hob nur die Maus aus dem Sattel! — Was zaudert Ihr, Nella, ſo haßt Ihr fürwahr Noch immer mich? haßt für das Leben?“ Da reicht ſie ihm zitternd den Siegerkranz dar Und hauchet: „Ich hab' Euch vergeben!“ Da faßt ihn unendliche, jauchzende Luſt, Er preßt ihre Hand an die ſtürmende Bruſt: „Geliebte!“ jubelt er, „Nella! O, ſag', daß Du mein biſt für ewige Zeit, In minniglich ſüßem Bekennen, Sag', daß uns hinfort nicht Wonne noch Leid Im Leben und Tode mehr trennen! Dann öffne ich, Nella, getroſt mein Viſier, Dann nenn' ich den Namen, vertraue mich Dir, — O, liebſt Du mich, liebſt Du mich, Nella?“ Wie träumend erhebt ſie ihr Angeſicht, Ob ſolch ein Bekennen ihr tauge; Sie lächelt, ſie bebet, ſie redet nicht, Sie ſtarrt und ſie ſtarrt in ſein Auge, Dann ſchrickt ſie empor: „Euern Namen mir?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/149
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/149>, abgerufen am 22.11.2024.