Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Wie von süßen Engelszungen, Welche über Gerhards Haupte Ein Haleluja gesungen. Beide schweigen, beide schauen Träumend nach dem Himmelsbogen, Ueber dessen Horizonte Heiße Purpurgluthen wogen, Beide fühlen tief im Herzen, Daß das vollste Glück hinieden Ihre Stirne segnend küsset In geheiligt reinem Frieden. Bald ist Gerhard drauf geschieden, Hat die Hand ihr still gedrücket, Hat das schwarze Priesterkleid sich Mit dem Blumenstrauß geschmücket, Mit den blauen Glockenblumen, Die ihm Gudula gegeben, Die, wie leis in Fieberschauern, Zwischen seinen Fingern beben. Lange steht und schaut das Waldkind, Bis er fern im Holz verschwunden, Und sie hat für ihr Empfinden Schnell im Lied das Wort gefunden: "Oft schon hab' ich mich gefraget, Welch' ein Zauber hält mich fest, Der mich stets und aller Orten Seine Stimme hören läßt? Hat mich niemals doch im Leben Stille Andacht so entzückt, Wie mich jetzo seiner Rede Ernster Zauberklang beglückt! Wie von ſüßen Engelszungen, Welche über Gerhards Haupte Ein Haleluja geſungen. Beide ſchweigen, beide ſchauen Träumend nach dem Himmelsbogen, Ueber deſſen Horizonte Heiße Purpurgluthen wogen, Beide fühlen tief im Herzen, Daß das vollſte Glück hinieden Ihre Stirne ſegnend küſſet In geheiligt reinem Frieden. Bald iſt Gerhard drauf geſchieden, Hat die Hand ihr ſtill gedrücket, Hat das ſchwarze Prieſterkleid ſich Mit dem Blumenſtrauß geſchmücket, Mit den blauen Glockenblumen, Die ihm Gudula gegeben, Die, wie leis in Fieberſchauern, Zwiſchen ſeinen Fingern beben. Lange ſteht und ſchaut das Waldkind, Bis er fern im Holz verſchwunden, Und ſie hat für ihr Empfinden Schnell im Lied das Wort gefunden: „Oft ſchon hab' ich mich gefraget, Welch' ein Zauber hält mich feſt, Der mich ſtets und aller Orten Seine Stimme hören läßt? Hat mich niemals doch im Leben Stille Andacht ſo entzückt, Wie mich jetzo ſeiner Rede Ernſter Zauberklang beglückt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0132" n="118"/> <lg n="7"> <l>Wie von ſüßen Engelszungen,</l><lb/> <l>Welche über Gerhards Haupte</l><lb/> <l>Ein Haleluja geſungen.</l><lb/> <l>Beide ſchweigen, beide ſchauen</l><lb/> <l>Träumend nach dem Himmelsbogen,</l><lb/> <l>Ueber deſſen Horizonte</l><lb/> <l>Heiße Purpurgluthen wogen,</l><lb/> <l>Beide fühlen tief im Herzen,</l><lb/> <l>Daß das vollſte Glück hinieden</l><lb/> <l>Ihre Stirne ſegnend küſſet</l><lb/> <l>In geheiligt reinem Frieden.</l><lb/> <l>Bald iſt Gerhard drauf geſchieden,</l><lb/> <l>Hat die Hand ihr ſtill gedrücket,</l><lb/> <l>Hat das ſchwarze Prieſterkleid ſich</l><lb/> <l>Mit dem Blumenſtrauß geſchmücket,</l><lb/> <l>Mit den blauen Glockenblumen,</l><lb/> <l>Die ihm Gudula gegeben,</l><lb/> <l>Die, wie leis in Fieberſchauern,</l><lb/> <l>Zwiſchen ſeinen Fingern beben.</l><lb/> <l>Lange ſteht und ſchaut das Waldkind,</l><lb/> <l>Bis er fern im Holz verſchwunden,</l><lb/> <l>Und ſie hat für ihr Empfinden</l><lb/> <l>Schnell im Lied das Wort gefunden:</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l rendition="#et">„Oft ſchon hab' ich mich gefraget,</l><lb/> <l rendition="#et">Welch' ein Zauber hält mich feſt,</l><lb/> <l rendition="#et">Der mich ſtets und aller Orten</l><lb/> <l rendition="#et">Seine Stimme hören läßt?</l><lb/> <l rendition="#et">Hat mich niemals doch im Leben</l><lb/> <l rendition="#et">Stille Andacht ſo entzückt,</l><lb/> <l rendition="#et">Wie mich jetzo ſeiner Rede</l><lb/> <l rendition="#et">Ernſter Zauberklang beglückt!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [118/0132]
Wie von ſüßen Engelszungen,
Welche über Gerhards Haupte
Ein Haleluja geſungen.
Beide ſchweigen, beide ſchauen
Träumend nach dem Himmelsbogen,
Ueber deſſen Horizonte
Heiße Purpurgluthen wogen,
Beide fühlen tief im Herzen,
Daß das vollſte Glück hinieden
Ihre Stirne ſegnend küſſet
In geheiligt reinem Frieden.
Bald iſt Gerhard drauf geſchieden,
Hat die Hand ihr ſtill gedrücket,
Hat das ſchwarze Prieſterkleid ſich
Mit dem Blumenſtrauß geſchmücket,
Mit den blauen Glockenblumen,
Die ihm Gudula gegeben,
Die, wie leis in Fieberſchauern,
Zwiſchen ſeinen Fingern beben.
Lange ſteht und ſchaut das Waldkind,
Bis er fern im Holz verſchwunden,
Und ſie hat für ihr Empfinden
Schnell im Lied das Wort gefunden:
„Oft ſchon hab' ich mich gefraget,
Welch' ein Zauber hält mich feſt,
Der mich ſtets und aller Orten
Seine Stimme hören läßt?
Hat mich niemals doch im Leben
Stille Andacht ſo entzückt,
Wie mich jetzo ſeiner Rede
Ernſter Zauberklang beglückt!
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Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/132>, abgerufen am 16.02.2025. |