mir Anfangs äußerst fremd und unangenehm war, erhielt bald meinen ganzen Beifall; man fühlt sich nach und nach selbst frei unter freien braven Menschen. Der Character der Amerikaner, wel- cher mir anfangs so wenig zusagen wollte, ist dennoch im Ganzen gut; sey es, daß die Ange- wöhnung, mit ihnen zu leben, nach und nach mein Urtheil geändert hat, oder daß das Volk selbst hier wirklich besser als in den östlichen Staaten ist.
Der Weg führt durch Wiesen, wo man den ganzen Tag kein Haus, ja nicht einmal einen Baum antrift, in dessen Schatten man vor der brennenden Sonnenhitze geschützt, ausruhen könnte. Hier wäre der Platz, wo meine fleißigen Lands- leute, welche in dieses Land einwandern, mit Leichtigkeit und schnell ein einträgliches Eigenthum erwerben könnten. Es würde sehr vortheilhaft seyn, wenn mehrere wohlhabende Männer, sey es in Amerika oder Europa, eine Gesellschaft bildeten, welche armen Landsleuten einen hinreichenden Vor- schuß machten, um hier eine Pflanzung zu er- richten. Wie manches theure Leben würde durch eine solche Vereinigung und zweckmäßige Maaß- regeln gerettet werden! Auch würde ein solcher in diesem Staate, bei Fleiß und Thätigkeit, in we- nigen Jahren das wohlhabende Haupt einer freien Bürgerfamilie werden. Wandert der Deutsche,
mir Anfangs aͤußerſt fremd und unangenehm war, erhielt bald meinen ganzen Beifall; man fuͤhlt ſich nach und nach ſelbſt frei unter freien braven Menſchen. Der Character der Amerikaner, wel- cher mir anfangs ſo wenig zuſagen wollte, iſt dennoch im Ganzen gut; ſey es, daß die Ange- woͤhnung, mit ihnen zu leben, nach und nach mein Urtheil geaͤndert hat, oder daß das Volk ſelbſt hier wirklich beſſer als in den oͤſtlichen Staaten iſt.
Der Weg fuͤhrt durch Wieſen, wo man den ganzen Tag kein Haus, ja nicht einmal einen Baum antrift, in deſſen Schatten man vor der brennenden Sonnenhitze geſchuͤtzt, ausruhen koͤnnte. Hier waͤre der Platz, wo meine fleißigen Lands- leute, welche in dieſes Land einwandern, mit Leichtigkeit und ſchnell ein eintraͤgliches Eigenthum erwerben koͤnnten. Es wuͤrde ſehr vortheilhaft ſeyn, wenn mehrere wohlhabende Maͤnner, ſey es in Amerika oder Europa, eine Geſellſchaft bildeten, welche armen Landsleuten einen hinreichenden Vor- ſchuß machten, um hier eine Pflanzung zu er- richten. Wie manches theure Leben wuͤrde durch eine ſolche Vereinigung und zweckmaͤßige Maaß- regeln gerettet werden! Auch wuͤrde ein ſolcher in dieſem Staate, bei Fleiß und Thaͤtigkeit, in we- nigen Jahren das wohlhabende Haupt einer freien Buͤrgerfamilie werden. Wandert der Deutſche,
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mir Anfangs aͤußerſt fremd und unangenehm war,
erhielt bald meinen ganzen Beifall; man fuͤhlt ſich
nach und nach ſelbſt frei unter freien braven
Menſchen. Der Character der Amerikaner, wel-
cher mir anfangs ſo wenig zuſagen wollte, iſt
dennoch im Ganzen gut; ſey es, daß die Ange-
woͤhnung, mit ihnen zu leben, nach und nach mein
Urtheil geaͤndert hat, oder daß das Volk ſelbſt
hier wirklich beſſer als in den oͤſtlichen Staaten iſt.
Der Weg fuͤhrt durch Wieſen, wo man
den ganzen Tag kein Haus, ja nicht einmal einen
Baum antrift, in deſſen Schatten man vor der
brennenden Sonnenhitze geſchuͤtzt, ausruhen koͤnnte.
Hier waͤre der Platz, wo meine fleißigen Lands-
leute, welche in dieſes Land einwandern, mit
Leichtigkeit und ſchnell ein eintraͤgliches Eigenthum
erwerben koͤnnten. Es wuͤrde ſehr vortheilhaft
ſeyn, wenn mehrere wohlhabende Maͤnner, ſey es
in Amerika oder Europa, eine Geſellſchaft bildeten,
welche armen Landsleuten einen hinreichenden Vor-
ſchuß machten, um hier eine Pflanzung zu er-
richten. Wie manches theure Leben wuͤrde durch
eine ſolche Vereinigung und zweckmaͤßige Maaß-
regeln gerettet werden! Auch wuͤrde ein ſolcher in
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nigen Jahren das wohlhabende Haupt einer freien
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Ernst, Ferdinand: Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere der vereinigten Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1819. Hildesheim, 1820, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ernst_nordamerika_1820/93>, abgerufen am 16.02.2025.
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