Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 3. Ägypten, 1844-1845.

Bild:
<< vorherige Seite

altesSchechgrab. denn es ist ein gemauertes Grab davor. Die Aussicht hier trefflich nach allen Seiten. Die Krone des Uferbergzuges, auf dem auch die Stadt liegt, mit Gärten bedeckt, die Caktushecken umfassen; nach Westen das weite blaue Meer, dessen Brandung am Sandufer zu unsren Füßen rauscht. Nach Nord die zusammen gedrängte Stadt mit ihren unzähligen Kuppelchen; Knaben auf den Dächern belustigen sich damit., Drachen fliegen zu lassen. Nach Süd die köstlichen Bergabhänge und kleinen Meeresbuchten bis zum flacheren Ufer bei Gaza hin; und östlich im leichten Dufte die mit Waldung überzogenen Berge, in denen Jerusalem liegt. Solch ein Anblick war Labung für unsre Quarantänelaune. Nachher hinab in das Seebad, wo wir uns an die Felsen stemmend, mit den Wellen stritten; hier fanden wir auch Herrn Hanauer mit einer Anzahl junger Leute, die mit ihrem Präceptor, einem Deutschen, zu Besuch aus Jerusalem herübergekommen war, und zu einer Art Missions-Seminar gehörten. - Dann wieder mit Sonnenuntergang in unsern Käficht. Abends Domino.

Mittwoch den 30ten Juli 1845. Heut früh einen lieben Brief von Abeken aus Jerusalem erhalten, dem ich umgehends wieder mit dem Boten antworte. Ich spreche mit dem Direktor um weitere Abkürzung der Quarantäne, worüber er jedoch kein Verprechen geben will. Der Consul Murad schickt uns heut 6 Batich, die hier von ausgezeichneter Qualität sind. -

Donnerstag den 31ten Juli 1845. Es passierte nichts Bemerkenswerthes. Ich las einmal wieder Göthes Iphigenie. Abends Domino.

Freitag den 1ten August 1845. Die Hoffnung, heut aus unsrer Haft entlassen zu werden, bestätigt sich nicht. Heut die Apsotelgeschichte un einen Theil des Evangliums Johannis durchgelesen; Abends lange Unterredung mit dem Direktor; vielleicht kommen wir morgen los. Herr Hanauer nebst dem jungen Consularbruder waren bei uns und haben sich auch für unsre Freiheit verwandt. Der Direktor schickt wieder eine Flasche Wein.

Sonnabend den 2ten August 1845. Auch heut noch ein langweiliger Tag der Quarantäne; große Ungefälligkeit, daß man uns nicht entläßt. Gelesen und gepackt.

Sonntag den 3ten August 1845. Heut früh endlich besucht uns der dicke französische Doktor und entläßt uns. Wir müssen für Zimmer und Bedienung auf 15 Tage Jeder etwa 50 piaster zahlen. - Unsre Sachen lassen wir

altesSchechgrab. denn es ist ein gemauertes Grab davor. Die Aussicht hier trefflich nach allen Seiten. Die Krone des Uferbergzuges, auf dem auch die Stadt liegt, mit Gärten bedeckt, die Caktushecken umfassen; nach Westen das weite blaue Meer, dessen Brandung am Sandufer zu unsren Füßen rauscht. Nach Nord die zusammen gedrängte Stadt mit ihren unzähligen Kuppelchen; Knaben auf den Dächern belustigen sich damit., Drachen fliegen zu lassen. Nach Süd die köstlichen Bergabhänge und kleinen Meeresbuchten bis zum flacheren Ufer bei Gaza hin; und östlich im leichten Dufte die mit Waldung überzogenen Berge, in denen Jerusalem liegt. Solch ein Anblick war Labung für unsre Quarantänelaune. Nachher hinab in das Seebad, wo wir uns an die Felsen stemmend, mit den Wellen stritten; hier fanden wir auch Herrn Hanauer mit einer Anzahl junger Leute, die mit ihrem Präceptor, einem Deutschen, zu Besuch aus Jerusalem herübergekommen war, und zu einer Art Missions-Seminar gehörten. - Dann wieder mit Sonnenuntergang in unsern Käficht. Abends Domino.

Mittwoch den 30ten Juli 1845. Heut früh einen lieben Brief von Abeken aus Jerusalem erhalten, dem ich umgehends wieder mit dem Boten antworte. Ich spreche mit dem Direktor um weitere Abkürzung der Quarantäne, worüber er jedoch kein Verprechen geben will. Der Consul Murad schickt uns heut 6 Batich, die hier von ausgezeichneter Qualität sind. -

Donnerstag den 31ten Juli 1845. Es passierte nichts Bemerkenswerthes. Ich las einmal wieder Göthes Iphigenie. Abends Domino.

Freitag den 1ten August 1845. Die Hoffnung, heut aus unsrer Haft entlassen zu werden, bestätigt sich nicht. Heut die Apsotelgeschichte un einen Theil des Evangliums Johannis durchgelesen; Abends lange Unterredung mit dem Direktor; vielleicht kommen wir morgen los. Herr Hanauer nebst dem jungen Consularbruder waren bei uns und haben sich auch für unsre Freiheit verwandt. Der Direktor schickt wieder eine Flasche Wein.

Sonnabend den 2ten August 1845. Auch heut noch ein langweiliger Tag der Quarantäne; große Ungefälligkeit, daß man uns nicht entläßt. Gelesen und gepackt.

Sonntag den 3ten August 1845. Heut früh endlich besucht uns der dicke französische Doktor und entläßt uns. Wir müssen für Zimmer und Bedienung auf 15 Tage Jeder etwa 50 piaster zahlen. - Unsre Sachen lassen wir

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0078" n="77"/>
altes<choice><abbr>Schechg</abbr><expan>Schechgrab</expan></choice>. denn es ist ein gemauertes Grab davor. Die Aussicht hier                         trefflich nach allen Seiten. Die Krone des Uferbergzuges, auf dem auch <choice><abbr>d</abbr><expan>die</expan></choice> Stadt liegt, mit Gärten bedeckt, die Caktushecken umfassen; nach                         Westen das weite blaue Meer, dessen Brandung am Sandufer zu unsren Füßen                         rauscht. Nach Nord die <choice><abbr>zus</abbr><expan>zusammen</expan></choice> gedrängte Stadt mit ihren unzähligen Kuppelchen; Knaben auf den                         Dächern belustigen sich <choice><abbr>mit</abbr><expan>damit</expan></choice>.<choice><sic/><corr>,</corr></choice> Drachen fliegen zu lassen. Nach Süd die köstlichen Bergabhänge <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> kleinen Meeresbuchten bis zum flacheren Ufer bei                             <placeName>Gaza</placeName> hin; <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice>                         <choice><abbr>östl</abbr><expan>östlich</expan></choice> im leichten Dufte die mit Waldung überzogenen Berge, in denen                         Jerusalem liegt. Solch <choice><abbr>e</abbr><expan>ein</expan></choice> Anblick war Labung für unsre Quarantänelaune. Nachher hinab in <choice><abbr>d</abbr><expan>das</expan></choice> Seebad<choice><sic/><corr>,</corr></choice> wo wir uns an <choice><abbr>d</abbr><expan>die</expan></choice> Felsen stemmend, mit den Wellen stritten; hier fanden wir auch <choice><abbr>H</abbr><expan>Herrn</expan></choice>                         <persName>Hanauer</persName> mit einer Anzahl junger Leute, die mit ihrem                         Präceptor, einem Deutschen, <choice><abbr>z</abbr><expan>zu</expan></choice> Besuch aus <placeName><choice><abbr>Jerus</abbr><expan>Jerusalem</expan></choice></placeName> herübergekommen war, <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> zu einer Art Missions-Seminar gehörten. - Dann wieder mit                         Sonnenuntergang in unsern Käficht. Abends Domino. </p>
        </div>
        <div n="2">
          <p><date when="1845-07-30"><hi rendition="#u">Mittwoch <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> 30ten Juli 1845</hi></date>. Heut früh einen lieben Brief <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice>                         <persName>Abeken</persName> aus <placeName><choice><abbr>Jerus</abbr><expan>Jerusalem</expan></choice></placeName> erhalten, dem ich umgehends wieder mit <choice><abbr>d</abbr><expan>dem</expan></choice> Boten antworte. Ich spreche mit <choice><abbr>d</abbr><expan>dem</expan></choice> Direktor um weitere Abkürzung der Quarantäne, worüber er jedoch                         kein Verprechen geben will. Der Consul <persName>Murad</persName> schickt                         uns heut 6 Batich, die hier <choice><abbr>v</abbr><expan>von</expan></choice> ausgezeichneter Qualität sind. - </p>
        </div>
        <div n="2">
          <p><date when="1845-07-31"><hi rendition="#u">Donnerstag <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> 31ten Juli 1845</hi></date>. Es passierte nichts                         Bemerkenswerthes. Ich las einmal wieder <persName>Göthe</persName>s                         Iphigenie. Abends Domino. </p>
        </div>
        <div n="2">
          <p><date when="1845-08-01"><hi rendition="#u">Freitag <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> 1ten <choice><abbr>Aug</abbr><expan>August</expan></choice> 1845</hi></date>. Die Hoffnung, heut aus unsrer Haft                         entlassen zu werden, bestätigt sich nicht. Heut die <choice><abbr>Apsotelgesch</abbr><expan>Apsotelgeschichte</expan></choice>                         <choice><abbr>d</abbr><expan>un</expan></choice>                         <choice><abbr>e</abbr><expan>einen</expan></choice> Theil des <choice><abbr>Evang</abbr><expan>Evangliums</expan></choice> Johannis durchgelesen; Abends lange Unterredung mit dem Direktor;                         vielleicht kommen wir morgen los. <choice><abbr>H</abbr><expan>Herr</expan></choice>                         <persName>Hanauer</persName> nebst <choice><abbr>d</abbr><expan>dem</expan></choice> jungen Consularbruder waren bei uns <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> haben sich auch für unsre Freiheit verwandt. Der Direktor schickt                         wieder <choice><abbr>e</abbr><expan>eine</expan></choice> Flasche Wein. </p>
        </div>
        <div n="2">
          <p><date when="1845-08-02"><hi rendition="#u">Sonnabend <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> 2ten <choice><abbr>Aug</abbr><expan>August</expan></choice> 1845</hi></date>. Auch heut noch <choice><abbr>e</abbr><expan>ein</expan></choice> langweiliger Tag <choice><abbr>d</abbr><expan>der</expan></choice> Quarantäne; große Ungefälligkeit, daß <choice><abbr>mn</abbr><expan>man</expan></choice> uns nicht entläßt. Gelesen <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> gepackt. </p>
        </div>
        <div n="2">
          <p><date when="1845-08-03"><hi rendition="#u">Sonntag <choice><abbr>d</abbr><expan>den</expan></choice> 3ten <choice><abbr>Aug</abbr><expan>August</expan></choice> 1845</hi></date>. Heut früh endlich besucht uns der dicke <choice><abbr>franz</abbr><expan>französische</expan></choice> Doktor <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> entläßt uns. Wir müssen für Zimmer <choice><abbr>d</abbr><expan>und</expan></choice> Bedienung auf 15 Tage Jeder etwa 50 <choice><abbr>p</abbr><expan>piaster</expan></choice> zahlen. - Unsre Sachen lassen wir
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0078] altesSchechg. denn es ist ein gemauertes Grab davor. Die Aussicht hier trefflich nach allen Seiten. Die Krone des Uferbergzuges, auf dem auch d Stadt liegt, mit Gärten bedeckt, die Caktushecken umfassen; nach Westen das weite blaue Meer, dessen Brandung am Sandufer zu unsren Füßen rauscht. Nach Nord die zus gedrängte Stadt mit ihren unzähligen Kuppelchen; Knaben auf den Dächern belustigen sich mit., Drachen fliegen zu lassen. Nach Süd die köstlichen Bergabhänge d kleinen Meeresbuchten bis zum flacheren Ufer bei Gaza hin; d östl im leichten Dufte die mit Waldung überzogenen Berge, in denen Jerusalem liegt. Solch e Anblick war Labung für unsre Quarantänelaune. Nachher hinab in d Seebad, wo wir uns an d Felsen stemmend, mit den Wellen stritten; hier fanden wir auch H Hanauer mit einer Anzahl junger Leute, die mit ihrem Präceptor, einem Deutschen, z Besuch aus Jerus herübergekommen war, d zu einer Art Missions-Seminar gehörten. - Dann wieder mit Sonnenuntergang in unsern Käficht. Abends Domino. Mittwoch d 30ten Juli 1845. Heut früh einen lieben Brief v Abeken aus Jerus erhalten, dem ich umgehends wieder mit d Boten antworte. Ich spreche mit d Direktor um weitere Abkürzung der Quarantäne, worüber er jedoch kein Verprechen geben will. Der Consul Murad schickt uns heut 6 Batich, die hier v ausgezeichneter Qualität sind. - Donnerstag d 31ten Juli 1845. Es passierte nichts Bemerkenswerthes. Ich las einmal wieder Göthes Iphigenie. Abends Domino. Freitag d 1ten Aug 1845. Die Hoffnung, heut aus unsrer Haft entlassen zu werden, bestätigt sich nicht. Heut die Apsotelgesch d e Theil des Evang Johannis durchgelesen; Abends lange Unterredung mit dem Direktor; vielleicht kommen wir morgen los. H Hanauer nebst d jungen Consularbruder waren bei uns d haben sich auch für unsre Freiheit verwandt. Der Direktor schickt wieder e Flasche Wein. Sonnabend d 2ten Aug 1845. Auch heut noch e langweiliger Tag d Quarantäne; große Ungefälligkeit, daß mn uns nicht entläßt. Gelesen d gepackt. Sonntag d 3ten Aug 1845. Heut früh endlich besucht uns der dicke franz Doktor d entläßt uns. Wir müssen für Zimmer d Bedienung auf 15 Tage Jeder etwa 50 p zahlen. - Unsre Sachen lassen wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML. (2013-04-11T11:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus der Quelle entsprechen muss.
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-04-11T11:54:31Z)
: Transkription des Originals. (2013-04-11T11:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-04-11T11:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Zeilenumbrüche wurden nicht markiert.
  • Seitenumbrüche wurden beibehalten
  • Tilgungen und Einfügungen wurden nicht markiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch03_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch03_1844/78
Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 3. Ägypten, 1844-1845, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch03_1844/78>, abgerufen am 19.11.2024.