Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
pen_045.001

Je mehr nimm dich in Acht, dich prahlend sehn pen_045.002
zu lassen. pen_045.003
Wahr ists, man wird auf kurze Zeit pen_045.004
Von deinen Künsten rühmlich sprechen; pen_045.005
Doch traue nicht! bald folgt der Neid, pen_045.006
Und macht aus der Geschicklichkeit pen_045.007
Ein unvergebliches Verbrechen.

pen_045.008

Gellert.

pen_045.009

Wir finden in dieser Fabel folgende pen_045.010
Merkmaale: eine nützliche Lebensregel; pen_045.011
ein Bild, worin sie uns vorgehalten wird; pen_045.012
die Form des Ganzen erzählend; Thiere pen_045.013
als menschliche Wesen aufgeführt; und pen_045.014
endlich nur Eine Regel und nur Ein Bild. pen_045.015
- Welche von diesen Merkmaalen sind pen_045.016
der Fabel wesentlich? welche sind zufällig?

pen_045.017

Zuerst: Muß jede Fabel nothwendig pen_045.018
eine Lebensregel enthalten? Eine Lebensregel pen_045.019
wohl eben nicht; denn Folgendes pen_045.020
ist ja auch eine Fabel, und führt pen_045.021
doch zunächst nur auf eine Wahrheit, pen_045.022
auf eine Bemerkung.

pen_045.001

Je mehr nimm dich in Acht, dich prahlend sehn pen_045.002
zu lassen. pen_045.003
Wahr ists, man wird auf kurze Zeit pen_045.004
Von deinen Künsten rühmlich sprechen; pen_045.005
Doch traue nicht! bald folgt der Neid, pen_045.006
Und macht aus der Geschicklichkeit pen_045.007
Ein unvergebliches Verbrechen.

pen_045.008

Gellert.

pen_045.009

  Wir finden in dieser Fabel folgende pen_045.010
Merkmaale: eine nützliche Lebensregel; pen_045.011
ein Bild, worin sie uns vorgehalten wird; pen_045.012
die Form des Ganzen erzählend; Thiere pen_045.013
als menschliche Wesen aufgeführt; und pen_045.014
endlich nur Eine Regel und nur Ein Bild. pen_045.015
– Welche von diesen Merkmaalen sind pen_045.016
der Fabel wesentlich? welche sind zufällig?

pen_045.017

  Zuerst: Muß jede Fabel nothwendig pen_045.018
eine Lebensregel enthalten? Eine Lebensregel pen_045.019
wohl eben nicht; denn Folgendes pen_045.020
ist ja auch eine Fabel, und führt pen_045.021
doch zunächst nur auf eine Wahrheit, pen_045.022
auf eine Bemerkung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0086" n="45"/>
        <lb n="pen_045.001"/>
        <p> <hi rendition="#aq">
            <lg>
              <l>Je mehr nimm dich in Acht, dich prahlend sehn     <lb n="pen_045.002"/>
zu lassen.</l>
              <lb n="pen_045.003"/>
              <l>Wahr ists, man wird auf kurze Zeit</l>
              <lb n="pen_045.004"/>
              <l>Von deinen Künsten rühmlich sprechen;</l>
              <lb n="pen_045.005"/>
              <l>Doch traue nicht! bald folgt der Neid,</l>
              <lb n="pen_045.006"/>
              <l>Und macht aus der Geschicklichkeit</l>
              <lb n="pen_045.007"/>
              <l>Ein unvergebliches Verbrechen.</l>
            </lg>
          </hi> </p>
        <lb n="pen_045.008"/>
        <p> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">Gellert.</hi> </hi> </hi> </p>
        <lb n="pen_045.009"/>
        <p>  Wir finden in dieser Fabel folgende <lb n="pen_045.010"/>
Merkmaale: eine nützliche Lebensregel; <lb n="pen_045.011"/>
ein Bild, worin sie uns vorgehalten wird; <lb n="pen_045.012"/>
die Form des Ganzen erzählend; Thiere <lb n="pen_045.013"/>
als menschliche Wesen aufgeführt; und <lb n="pen_045.014"/>
endlich nur Eine Regel und nur Ein Bild. <lb n="pen_045.015"/>
&#x2013; Welche von diesen Merkmaalen sind <lb n="pen_045.016"/>
der Fabel wesentlich? welche sind zufällig?</p>
        <lb n="pen_045.017"/>
        <p>  <hi rendition="#i">Zuerst:</hi> Muß jede Fabel nothwendig <lb n="pen_045.018"/>
eine <hi rendition="#i">Lebensregel</hi> enthalten? Eine Lebensregel <lb n="pen_045.019"/>
wohl eben nicht; denn Folgendes <lb n="pen_045.020"/>
ist ja auch eine Fabel, und führt <lb n="pen_045.021"/>
doch zunächst nur auf eine <hi rendition="#i">Wahrheit,</hi> <lb n="pen_045.022"/>
auf eine Bemerkung.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0086] pen_045.001 Je mehr nimm dich in Acht, dich prahlend sehn pen_045.002 zu lassen. pen_045.003 Wahr ists, man wird auf kurze Zeit pen_045.004 Von deinen Künsten rühmlich sprechen; pen_045.005 Doch traue nicht! bald folgt der Neid, pen_045.006 Und macht aus der Geschicklichkeit pen_045.007 Ein unvergebliches Verbrechen. pen_045.008 Gellert. pen_045.009   Wir finden in dieser Fabel folgende pen_045.010 Merkmaale: eine nützliche Lebensregel; pen_045.011 ein Bild, worin sie uns vorgehalten wird; pen_045.012 die Form des Ganzen erzählend; Thiere pen_045.013 als menschliche Wesen aufgeführt; und pen_045.014 endlich nur Eine Regel und nur Ein Bild. pen_045.015 – Welche von diesen Merkmaalen sind pen_045.016 der Fabel wesentlich? welche sind zufällig? pen_045.017   Zuerst: Muß jede Fabel nothwendig pen_045.018 eine Lebensregel enthalten? Eine Lebensregel pen_045.019 wohl eben nicht; denn Folgendes pen_045.020 ist ja auch eine Fabel, und führt pen_045.021 doch zunächst nur auf eine Wahrheit, pen_045.022 auf eine Bemerkung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/86
Zitationshilfe: Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/86>, abgerufen am 24.11.2024.