Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806.

Bild:
<< vorherige Seite
pen_060.001

Die Krähe.

pen_060.002

Als eine Kräh' einst ihr Gefieder pen_060.003
Mit Pfauenfedern ausgeschmückt, pen_060.004
Besah sie sich, von sich entzückt, pen_060.005
Und hiess die Pfauen ihre Brüder, pen_060.006
Und mischte stolz in ihre Schaar sich ein, pen_060.007
Und glaubte schon der Juno Pfau zu seyn. pen_060.008
Die Pfauen sahen dies, beraubten ihr Gefieder pen_060.009
Des Schmucks, den sie geborgt, und mit ihm pen_060.010
aller Pracht.
pen_060.011
Der kaum gewordne Pfau ward eine Krähe wieder, pen_060.012
Und selbst von Schwalben ausgelacht.
pen_060.013
Als einst ein Reimer seine Lieder pen_060.014
Mit fremder Kühnheit ausgeschmückt, pen_060.015
Besang er sich, von sich entzückt, pen_060.016
Und hiess die Dichter seine Brüder; pen_060.017
Er drängte stolz in ihre Zunft sich ein, pen_060.018
Und dünkte sich ein Haller schon zu seyn. pen_060.019
Die Dichter sahen dies, beraubten seine Lieder pen_060.020
Des Witzes, den er stahl. Wo war nun seine pen_060.021
Pracht?
pen_060.022
Der neue Haller ward ein seichter Reimer wieder, pen_060.023
Und selbst von Dunsen ausgelacht.

pen_060.024

J. Ad. Schlegel.

pen_060.001

Die Krähe.

pen_060.002

Als eine Kräh' einst ihr Gefieder pen_060.003
Mit Pfauenfedern ausgeschmückt, pen_060.004
Besah sie sich, von sich entzückt, pen_060.005
Und hieſs die Pfauen ihre Brüder, pen_060.006
Und mischte stolz in ihre Schaar sich ein, pen_060.007
Und glaubte schon der Juno Pfau zu seyn. pen_060.008
Die Pfauen sahen dies, beraubten ihr Gefieder pen_060.009
Des Schmucks, den sie geborgt, und mit ihm pen_060.010
aller Pracht.
pen_060.011
Der kaum gewordne Pfau ward eine Krähe wieder, pen_060.012
Und selbst von Schwalben ausgelacht.
pen_060.013
  Als einst ein Reimer seine Lieder pen_060.014
Mit fremder Kühnheit ausgeschmückt, pen_060.015
Besang er sich, von sich entzückt, pen_060.016
Und hieſs die Dichter seine Brüder; pen_060.017
Er drängte stolz in ihre Zunft sich ein, pen_060.018
Und dünkte sich ein Haller schon zu seyn. pen_060.019
Die Dichter sahen dies, beraubten seine Lieder pen_060.020
Des Witzes, den er stahl. Wo war nun seine pen_060.021
Pracht?
pen_060.022
Der neue Haller ward ein seichter Reimer wieder, pen_060.023
Und selbst von Dunsen ausgelacht.

pen_060.024

J. Ad. Schlegel.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0101" n="60"/>
        <lb n="pen_060.001"/>
        <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#i">Die Krähe.</hi> </hi> </p>
        <lb n="pen_060.002"/>
        <p> <hi rendition="#aq">
            <lg>
              <l>Als eine Kräh' einst ihr Gefieder</l>
              <lb n="pen_060.003"/>
              <l>Mit Pfauenfedern ausgeschmückt,</l>
              <lb n="pen_060.004"/>
              <l>Besah sie sich, von sich entzückt,</l>
              <lb n="pen_060.005"/>
              <l>Und hie&#x017F;s die Pfauen ihre Brüder,</l>
              <lb n="pen_060.006"/>
              <l>Und mischte stolz in ihre Schaar sich ein,</l>
              <lb n="pen_060.007"/>
              <l>Und glaubte schon der Juno Pfau zu seyn.</l>
              <lb n="pen_060.008"/>
              <l>Die Pfauen sahen dies, beraubten ihr Gefieder</l>
              <lb n="pen_060.009"/>
              <l>Des Schmucks, den sie geborgt, und mit ihm <lb n="pen_060.010"/>
aller Pracht.</l>
              <lb n="pen_060.011"/>
              <l>Der kaum gewordne Pfau ward eine Krähe wieder,</l>
              <lb n="pen_060.012"/>
              <l>Und selbst von Schwalben ausgelacht. </l>
            </lg>
            <lg>
              <lb n="pen_060.013"/>
              <l>  Als einst ein Reimer seine Lieder</l>
              <lb n="pen_060.014"/>
              <l>Mit fremder Kühnheit ausgeschmückt,</l>
              <lb n="pen_060.015"/>
              <l>Besang er sich, von sich entzückt,</l>
              <lb n="pen_060.016"/>
              <l>Und hie&#x017F;s die Dichter seine Brüder;</l>
              <lb n="pen_060.017"/>
              <l>Er drängte stolz in ihre Zunft sich ein,</l>
              <lb n="pen_060.018"/>
              <l>Und dünkte sich ein Haller schon zu seyn.</l>
              <lb n="pen_060.019"/>
              <l>Die Dichter sahen dies, beraubten seine Lieder</l>
              <lb n="pen_060.020"/>
              <l>Des Witzes, den er stahl. Wo war nun seine <lb n="pen_060.021"/>
Pracht?</l>
              <lb n="pen_060.022"/>
              <l>Der neue Haller ward ein seichter Reimer wieder,</l>
              <lb n="pen_060.023"/>
              <l>Und selbst von Dunsen ausgelacht.</l>
            </lg>
          </hi> </p>
        <lb n="pen_060.024"/>
        <p> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#aq">J. <hi rendition="#g">Ad. Schlegel.</hi></hi> </hi> </p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0101] pen_060.001 Die Krähe. pen_060.002 Als eine Kräh' einst ihr Gefieder pen_060.003 Mit Pfauenfedern ausgeschmückt, pen_060.004 Besah sie sich, von sich entzückt, pen_060.005 Und hieſs die Pfauen ihre Brüder, pen_060.006 Und mischte stolz in ihre Schaar sich ein, pen_060.007 Und glaubte schon der Juno Pfau zu seyn. pen_060.008 Die Pfauen sahen dies, beraubten ihr Gefieder pen_060.009 Des Schmucks, den sie geborgt, und mit ihm pen_060.010 aller Pracht. pen_060.011 Der kaum gewordne Pfau ward eine Krähe wieder, pen_060.012 Und selbst von Schwalben ausgelacht. pen_060.013   Als einst ein Reimer seine Lieder pen_060.014 Mit fremder Kühnheit ausgeschmückt, pen_060.015 Besang er sich, von sich entzückt, pen_060.016 Und hieſs die Dichter seine Brüder; pen_060.017 Er drängte stolz in ihre Zunft sich ein, pen_060.018 Und dünkte sich ein Haller schon zu seyn. pen_060.019 Die Dichter sahen dies, beraubten seine Lieder pen_060.020 Des Witzes, den er stahl. Wo war nun seine pen_060.021 Pracht? pen_060.022 Der neue Haller ward ein seichter Reimer wieder, pen_060.023 Und selbst von Dunsen ausgelacht. pen_060.024 J. Ad. Schlegel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/101
Zitationshilfe: Engel, Johann Jakob: Engel's Theorie der Dichtungsarten. In: J. J. Engels Schriften. Elfter Band: Poetik. Berlin, 1806, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/engel_poetik_1806/101>, abgerufen am 22.11.2024.