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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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richtung 300. Personen er in Doctorem zu pro-
movir
en tüchtig sey! ist wohl Lachens werth.
Es gehöret darzu ein ander Grund und Be-
weißthum erlernter Wissenschafften, die von
Hochgelehrten Leuthen bey einen Candidato
promotionis
in den Examine erfordert werden,
ehe und bevor er zur Doctor-Würde gelangen
kan; und habe ich in denen Requisitis eines Me-
dici,
welche Hippocrates in seinen Aphorismis
vorzeiget, nichts vom Executiren, Kopff-Ab-
hauen, Rädern, Hencken noch dergleichen gele-
sen, davon zu einer andern Zeit zu errinnern nö-
thig seyn wird; und dieses lasse sich der Herr
Wirth künfftig von keinen mehr überreden.
Währender Zeit da unsere Reisende sich in Frey-
berg auffhielten, besuchten sie die Kirchen, die
Chur-Fürstl. Sächs. Begräbniß u. die in-und
ausserhalb der Stadt angerichtete Bergwercke,
sonderlich diese auf der Halß-Brücken, da sich E-
ckarth nicht wenig verwunderte, wie er die Berg-
Knappen vor ihren Einfahren ihre Beth-Stun-
den so sehr devot und andächtig halten, nach der
Ausfahrt aber, als er ihnen ein Fäßlein Bier
zu vertrincken geben ließ, sich überaus lustig er-
zeigen sahe, und allerhand lustige Lieder in die Ci-
ther u. Geige spielen und singen hörte; weßhal-
ben er zu Siegfried und Gotthart sprach: Liebe
Herren Söhne, an diesen Berg-Leuthen sehen sie
ein Muster der heutigen Welt-Kinder, so lange

diesel-

richtung 300. Perſonen er in Doctorem zu pro-
movir
en tuͤchtig ſey! iſt wohl Lachens werth.
Es gehoͤret darzu ein ander Grund und Be-
weißthum erlernter Wiſſenſchafften, die von
Hochgelehrten Leuthen bey einen Candidato
promotionis
in den Examine erfordert werden,
ehe und bevor er zur Doctor-Wuͤrde gelangen
kan; und habe ich in denen Requiſitis eines Me-
dici,
welche Hippocrates in ſeinen Aphorismis
vorzeiget, nichts vom Executiren, Kopff-Ab-
hauen, Raͤdern, Hencken noch dergleichen gele-
ſen, davon zu einer andern Zeit zu errinnern noͤ-
thig ſeyn wird; und dieſes laſſe ſich der Herr
Wirth kuͤnfftig von keinen mehr uͤberreden.
Waͤhrendeꝛ Zeit da unſeꝛe Reiſende ſich in Frey-
berg auffhielten, beſuchten ſie die Kirchen, die
Chur-Fuͤrſtl. Saͤchſ. Begraͤbniß u. die in-und
auſſerhalb der Stadt angerichtete Bergwercke,
ſondeꝛlich dieſe auf der Halß-Bꝛuͤcken, da ſich E-
ckarth nicht wenig verwundeꝛte, wie eꝛ die Berg-
Knappen vor ihꝛen Einfahren ihꝛe Beth-Stun-
den ſo ſehr devot und andaͤchtig halten, nach der
Ausfahrt aber, als er ihnen ein Faͤßlein Bier
zu vertrincken geben ließ, ſich uͤberaus luſtig er-
zeigen ſahe, und allerhand luſtige Lieder in die Ci-
ther u. Geige ſpielen und ſingen hoͤrte; weßhal-
ben er zu Siegfried und Gotthart ſprach: Liebe
Herrẽ Soͤhne, an dieſen Berg-Leuthen ſehen ſie
ein Muſter der heutigen Welt-Kinder, ſo lange

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[954/0970] richtung 300. Perſonen er in Doctorem zu pro- moviren tuͤchtig ſey! iſt wohl Lachens werth. Es gehoͤret darzu ein ander Grund und Be- weißthum erlernter Wiſſenſchafften, die von Hochgelehrten Leuthen bey einen Candidato promotionis in den Examine erfordert werden, ehe und bevor er zur Doctor-Wuͤrde gelangen kan; und habe ich in denen Requiſitis eines Me- dici, welche Hippocrates in ſeinen Aphorismis vorzeiget, nichts vom Executiren, Kopff-Ab- hauen, Raͤdern, Hencken noch dergleichen gele- ſen, davon zu einer andern Zeit zu errinnern noͤ- thig ſeyn wird; und dieſes laſſe ſich der Herr Wirth kuͤnfftig von keinen mehr uͤberreden. Waͤhrendeꝛ Zeit da unſeꝛe Reiſende ſich in Frey- berg auffhielten, beſuchten ſie die Kirchen, die Chur-Fuͤrſtl. Saͤchſ. Begraͤbniß u. die in-und auſſerhalb der Stadt angerichtete Bergwercke, ſondeꝛlich dieſe auf der Halß-Bꝛuͤcken, da ſich E- ckarth nicht wenig verwundeꝛte, wie eꝛ die Berg- Knappen vor ihꝛen Einfahren ihꝛe Beth-Stun- den ſo ſehr devot und andaͤchtig halten, nach der Ausfahrt aber, als er ihnen ein Faͤßlein Bier zu vertrincken geben ließ, ſich uͤberaus luſtig er- zeigen ſahe, und allerhand luſtige Lieder in die Ci- ther u. Geige ſpielen und ſingen hoͤrte; weßhal- ben er zu Siegfried und Gotthart ſprach: Liebe Herrẽ Soͤhne, an dieſen Berg-Leuthen ſehen ſie ein Muſter der heutigen Welt-Kinder, ſo lange dieſel-

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 954. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/970>, abgerufen am 22.11.2024.