sich erkühnet denen Leuthen aus der Hand ihr Wohl-oder Wehstand zu propheceyen daß ge- stalten Sachen nach, dieses Studium vor eine falsche eitele und Lügen-volle Wissenschafft ge- halten wird: Siegfried sagte: Mein Profes- sor hielte davor, die Lineamenten in den Hän- den würden in Mutterleibe von den Kindern wann sie krumm und sitz ende, die mit denen Fin- gern zugedruckte oder geballte Fäustlein in die Augenwinckel legen, gleichsam als Falten in ei- nen zusammen gelegten Tuche oder Pappier formiret. Allein dieweil ich ohne vorgehabtes Untersuchen Niemanden Beyfall gebe, so bin ich diesen Vorgeben nicht beyfällig worden, zu- mahln die Unterschiedenheit so wohl der zusam- men gepreßten Züge, als andern Neben-Linia- menten die aus gemeldeter Ursache der Com- pression nicht herkommen können; Daß aber in ausgesetzter Vaticination eine Gewißheit er- folgen solte, lasse ich mich nicht bereden; Einer hat immer in seinen Lernen, dem Meister nach- gefolget, und durch Zusatz der Sache einen Schein gegeben, da denn der von ohngefehr ge- schehener Effect des Vaticinii, der Kunst eine Hochachtung gemacht. Eckarth sprach: Mein Herr Sohn, man kan die Chiromantie so we- nig als die Physiognomie und Nativität-Stel- lung, gantz und gar verwerffen. M. Praetorius
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ſich erkuͤhnet denen Leuthen aus der Hand ihr Wohl-oder Wehſtand zu propheceyen daß ge- ſtalten Sachen nach, dieſes Studium vor eine falſche eitele und Luͤgen-volle Wiſſenſchafft ge- halten wird: Siegfried ſagte: Mein Profeſ- ſor hielte davor, die Lineamenten in den Haͤn- den wuͤrden in Mutterleibe von den Kindern wann ſie krumm und ſitz ende, die mit denen Fin- gern zugedruckte oder geballte Faͤuſtlein in die Augenwinckel legen, gleichſam als Falten in ei- nen zuſammen gelegten Tuche oder Pappier formiret. Allein dieweil ich ohne vorgehabtes Unterſuchen Niemanden Beyfall gebe, ſo bin ich dieſen Vorgeben nicht beyfaͤllig worden, zu- mahln die Unterſchiedenheit ſo wohl der zuſam- men gepreßten Zuͤge, als andern Neben-Linia- menten die aus gemeldeter Urſache der Com- preſſion nicht herkommen koͤnnen; Daß aber in ausgeſetzter Vaticination eine Gewißheit er- folgen ſolte, laſſe ich mich nicht bereden; Einer hat immer in ſeinen Lernen, dem Meiſter nach- gefolget, und durch Zuſatz der Sache einen Schein gegeben, da denn der von ohngefehr ge- ſchehener Effect des Vaticinii, der Kunſt eine Hochachtung gemacht. Eckarth ſprach: Mein Herr Sohn, man kan die Chiromantie ſo we- nig als die Phyſiognomie und Nativität-Stel- lung, gantz und gar verwerffen. M. Prætorius
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ſich erkuͤhnet denen Leuthen aus der Hand ihr
Wohl-oder Wehſtand zu propheceyen daß ge-
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falſche eitele und Luͤgen-volle Wiſſenſchafft ge-
halten wird: Siegfried ſagte: Mein Profeſ-
ſor hielte davor, die Lineamenten in den Haͤn-
den wuͤrden in Mutterleibe von den Kindern
wann ſie krumm und ſitz ende, die mit denen Fin-
gern zugedruckte oder geballte Faͤuſtlein in die
Augenwinckel legen, gleichſam als Falten in ei-
nen zuſammen gelegten Tuche oder Pappier
formiret. Allein dieweil ich ohne vorgehabtes
Unterſuchen Niemanden Beyfall gebe, ſo bin
ich dieſen Vorgeben nicht beyfaͤllig worden, zu-
mahln die Unterſchiedenheit ſo wohl der zuſam-
men gepreßten Zuͤge, als andern Neben-Linia-
menten die aus gemeldeter Urſache der Com-
preſſion nicht herkommen koͤnnen; Daß aber
in ausgeſetzter Vaticination eine Gewißheit er-
folgen ſolte, laſſe ich mich nicht bereden; Einer
hat immer in ſeinen Lernen, dem Meiſter nach-
gefolget, und durch Zuſatz der Sache einen
Schein gegeben, da denn der von ohngefehr ge-
ſchehener Effect des Vaticinii, der Kunſt eine
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 768. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/784>, abgerufen am 22.11.2024.
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