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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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betrübte, sprach der liebe Mann zu mir, Mon-
sieur
beliebe meine Liniamenten zu betrachten,
ich soll durchs Rad sterben. Nun sind wir ja
dergleichen Leuthe, die sich in Sachen welche
solche Straffen nach sich ziehen nicht meliren
werden, ob nun wohl den Signaturen ihm keinen
durch Ubelthat von der Justiz ausgesprochenen
schmählichen Tod verursacht, so hat er doch
casualiter durch das Rad sein Leben endigen
müssen; Jch werde von nun an, dahin bedacht
seyn, daß mein allergnädigster König und Herr
mich nach Hause revocire, woselbst ich eine si-
mulir
te Schwachheit an mich nehmen werde,
wormit ich zu keinen Officio gezogen werde und
also in aller Stille meine Lebens-Tag zubrin-
gen möge. Die Tisch-Compagnie sahe den
Herrn an, und verwunderten sich nicht wenig
über dieses Cavalliers seine Reden; Eckarth a-
ber sprach, es trifft nicht eben allezeit ein was
die Liniamente in denen Händen vorzeigen sol-
len; in meiner Jugend sagte ein sehr berühmter
Chiromantiste nach Besehung meiner Hände
zu mir, der Herr nehme sich in acht, der Strich
durch die Lebens-Linie zeiget an, er soll durchsto-
chen werden. Wie ich nun niemahls einigen
Glauben zu dieser Wissenschafft gehabt, laß ich
es gehen, ohne dem geringsten Regard zu haben.
Nach vier Jahren komme ich wieder an den Orth,

da

betruͤbte, ſprach der liebe Mann zu mir, Mon-
ſieur
beliebe meine Liniamenten zu betrachten,
ich ſoll durchs Rad ſterben. Nun ſind wir ja
dergleichen Leuthe, die ſich in Sachen welche
ſolche Straffen nach ſich ziehen nicht meliren
werden, ob nun wohl den Signaturen ihm keinen
durch Ubelthat von der Juſtiz ausgeſprochenen
ſchmaͤhlichen Tod verurſacht, ſo hat er doch
caſualiter durch das Rad ſein Leben endigen
muͤſſen; Jch werde von nun an, dahin bedacht
ſeyn, daß mein allergnaͤdigſter Koͤnig und Herr
mich nach Hauſe revocire, woſelbſt ich eine ſi-
mulir
te Schwachheit an mich nehmen werde,
wormit ich zu keinen Officio gezogen werde und
alſo in aller Stille meine Lebens-Tag zubrin-
gen moͤge. Die Tiſch-Compagnie ſahe den
Herrn an, und verwunderten ſich nicht wenig
uͤber dieſes Cavalliers ſeine Reden; Eckarth a-
ber ſprach, es trifft nicht eben allezeit ein was
die Liniamente in denen Haͤnden vorzeigen ſol-
len; in meiner Jugend ſagte ein ſehr beruͤhmter
Chiromantiſte nach Beſehung meiner Haͤnde
zu mir, der Herr nehme ſich in acht, der Strich
durch die Lebens-Linie zeiget an, er ſoll durchſto-
chen werden. Wie ich nun niemahls einigen
Glauben zu dieſer Wiſſenſchafft gehabt, laß ich
es gehen, ohne dem geringſten Regard zu haben.
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[764/0780] betruͤbte, ſprach der liebe Mann zu mir, Mon- ſieur beliebe meine Liniamenten zu betrachten, ich ſoll durchs Rad ſterben. Nun ſind wir ja dergleichen Leuthe, die ſich in Sachen welche ſolche Straffen nach ſich ziehen nicht meliren werden, ob nun wohl den Signaturen ihm keinen durch Ubelthat von der Juſtiz ausgeſprochenen ſchmaͤhlichen Tod verurſacht, ſo hat er doch caſualiter durch das Rad ſein Leben endigen muͤſſen; Jch werde von nun an, dahin bedacht ſeyn, daß mein allergnaͤdigſter Koͤnig und Herr mich nach Hauſe revocire, woſelbſt ich eine ſi- mulirte Schwachheit an mich nehmen werde, wormit ich zu keinen Officio gezogen werde und alſo in aller Stille meine Lebens-Tag zubrin- gen moͤge. Die Tiſch-Compagnie ſahe den Herrn an, und verwunderten ſich nicht wenig uͤber dieſes Cavalliers ſeine Reden; Eckarth a- ber ſprach, es trifft nicht eben allezeit ein was die Liniamente in denen Haͤnden vorzeigen ſol- len; in meiner Jugend ſagte ein ſehr beruͤhmter Chiromantiſte nach Beſehung meiner Haͤnde zu mir, der Herr nehme ſich in acht, der Strich durch die Lebens-Linie zeiget an, er ſoll durchſto- chen werden. Wie ich nun niemahls einigen Glauben zu dieſer Wiſſenſchafft gehabt, laß ich es gehen, ohne dem geringſten Regard zu haben. Nach vier Jahren kom̃e ich wieder an den Orth, da

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 764. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/780>, abgerufen am 03.07.2024.