Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

einen wanckenden Schiff in denen Wellen der
überflüßigen Gedancken herumb wallet, und
möchte man sie eher einer Unruh an einen höl-
tzernen Bratenwender, der in einen eisernen
Gehäuse stehet, vergleichen. Eckarth winckte
denen Beyden Gotthart und Siegfrieden mit
denen Augen, um den Discours zu verändern.
Ob nun wohl Gotthart was anders zu reden
anfangen wolte, war doch Lübel in seinen Eyfer
gantz entzündet, drumb fuhr er fort. Diese Lock-
Fincken, wann sie nun einen ins Garn bracht
haben, wissen sie nicht, wie sie einen solchen
Menschen genung tribuliren sollen. Jst er
reich, so werden sie tausenderley feinten, die sie
mit ihren Schwestern aussinnen, vorbringen;
das Geld zu ihrer Hoffarth auszulocken, entwe-
der sie ziehen es dem Kost-Geld ab, oder fordern
es mit Liebkosen, oder mit Vorwendung ihres
Standes, wann dieses nicht angehet, fahen sie
an zu weinen, geben vor, der Mann habe sie
nicht so lieb, wie dieser oder jener sein Weib hat,
etliche poldern, und gehen endlich anderer
Nahrung nach. Jst das Reichthum auf ihrer
Seite, so gehet das Hertzeleid erst recht an, da
heist es: Du Holuncke, du Caltaunen Schlu-
cker, was hättest du, wenn du es nicht mit mir
bekommen, das Hembde, was du auf deinem
Leibe hast, ist nicht deine, wann ich es dir nicht

ge-

einen wanckenden Schiff in denen Wellen der
uͤberfluͤßigen Gedancken herumb wallet, und
moͤchte man ſie eher einer Unruh an einen hoͤl-
tzernen Bratenwender, der in einen eiſernen
Gehaͤuſe ſtehet, vergleichen. Eckarth winckte
denen Beyden Gotthart und Siegfrieden mit
denen Augen, um den Diſcours zu veraͤndern.
Ob nun wohl Gotthart was anders zu reden
anfangen wolte, war doch Luͤbel in ſeinen Eyfer
gantz entzuͤndet, drumb fuhr er fort. Dieſe Lock-
Fincken, wann ſie nun einen ins Garn bracht
haben, wiſſen ſie nicht, wie ſie einen ſolchen
Menſchen genung tribuliren ſollen. Jſt er
reich, ſo werden ſie tauſenderley feinten, die ſie
mit ihren Schweſtern ausſinnen, vorbringen;
das Geld zu ihrer Hoffarth auszulocken, entwe-
der ſie ziehen es dem Koſt-Geld ab, oder fordern
es mit Liebkoſen, oder mit Vorwendung ihres
Standes, wann dieſes nicht angehet, fahen ſie
an zu weinen, geben vor, der Mann habe ſie
nicht ſo lieb, wie dieſer oder jener ſein Weib hat,
etliche poldern, und gehen endlich anderer
Nahrung nach. Jſt das Reichthum auf ihrer
Seite, ſo gehet das Hertzeleid erſt recht an, da
heiſt es: Du Holuncke, du Caltaunen Schlu-
cker, was haͤtteſt du, wenn du es nicht mit mir
bekommen, das Hembde, was du auf deinem
Leibe haſt, iſt nicht deine, wann ich es dir nicht

ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0772" n="756"/>
einen wanckenden Schiff in denen Wellen der<lb/>
u&#x0364;berflu&#x0364;ßigen Gedancken herumb wallet, und<lb/>
mo&#x0364;chte man &#x017F;ie eher einer Unruh an einen ho&#x0364;l-<lb/>
tzernen Bratenwender, der in einen ei&#x017F;ernen<lb/>
Geha&#x0364;u&#x017F;e &#x017F;tehet, vergleichen. Eckarth winckte<lb/>
denen Beyden Gotthart und Siegfrieden mit<lb/>
denen Augen, um den <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cours</hi> zu vera&#x0364;ndern.<lb/>
Ob nun wohl Gotthart was anders zu reden<lb/>
anfangen wolte, war doch Lu&#x0364;bel in &#x017F;einen Eyfer<lb/>
gantz entzu&#x0364;ndet, drumb fuhr er fort. Die&#x017F;e Lock-<lb/>
Fincken, wann &#x017F;ie nun einen ins Garn bracht<lb/>
haben, wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie nicht, wie &#x017F;ie einen &#x017F;olchen<lb/>
Men&#x017F;chen genung <hi rendition="#aq">tribulir</hi>en &#x017F;ollen. J&#x017F;t er<lb/>
reich, &#x017F;o werden &#x017F;ie tau&#x017F;enderley <hi rendition="#aq">feint</hi>en, die &#x017F;ie<lb/>
mit ihren Schwe&#x017F;tern aus&#x017F;innen, vorbringen;<lb/>
das Geld zu ihrer Hoffarth auszulocken, entwe-<lb/>
der &#x017F;ie ziehen es dem Ko&#x017F;t-Geld ab, oder fordern<lb/>
es mit Liebko&#x017F;en, oder mit Vorwendung ihres<lb/>
Standes, wann die&#x017F;es nicht angehet, fahen &#x017F;ie<lb/>
an zu weinen, geben vor, der Mann habe &#x017F;ie<lb/>
nicht &#x017F;o lieb, wie die&#x017F;er oder jener &#x017F;ein Weib hat,<lb/>
etliche poldern, und gehen endlich anderer<lb/>
Nahrung nach. J&#x017F;t das Reichthum auf ihrer<lb/>
Seite, &#x017F;o gehet das Hertzeleid er&#x017F;t recht an, da<lb/>
hei&#x017F;t es: Du Holuncke, du Caltaunen Schlu-<lb/>
cker, was ha&#x0364;tte&#x017F;t du, wenn du es nicht mit mir<lb/>
bekommen, das Hembde, was du auf deinem<lb/>
Leibe ha&#x017F;t, i&#x017F;t nicht deine, wann ich es dir nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[756/0772] einen wanckenden Schiff in denen Wellen der uͤberfluͤßigen Gedancken herumb wallet, und moͤchte man ſie eher einer Unruh an einen hoͤl- tzernen Bratenwender, der in einen eiſernen Gehaͤuſe ſtehet, vergleichen. Eckarth winckte denen Beyden Gotthart und Siegfrieden mit denen Augen, um den Diſcours zu veraͤndern. Ob nun wohl Gotthart was anders zu reden anfangen wolte, war doch Luͤbel in ſeinen Eyfer gantz entzuͤndet, drumb fuhr er fort. Dieſe Lock- Fincken, wann ſie nun einen ins Garn bracht haben, wiſſen ſie nicht, wie ſie einen ſolchen Menſchen genung tribuliren ſollen. Jſt er reich, ſo werden ſie tauſenderley feinten, die ſie mit ihren Schweſtern ausſinnen, vorbringen; das Geld zu ihrer Hoffarth auszulocken, entwe- der ſie ziehen es dem Koſt-Geld ab, oder fordern es mit Liebkoſen, oder mit Vorwendung ihres Standes, wann dieſes nicht angehet, fahen ſie an zu weinen, geben vor, der Mann habe ſie nicht ſo lieb, wie dieſer oder jener ſein Weib hat, etliche poldern, und gehen endlich anderer Nahrung nach. Jſt das Reichthum auf ihrer Seite, ſo gehet das Hertzeleid erſt recht an, da heiſt es: Du Holuncke, du Caltaunen Schlu- cker, was haͤtteſt du, wenn du es nicht mit mir bekommen, das Hembde, was du auf deinem Leibe haſt, iſt nicht deine, wann ich es dir nicht ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/772
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/772>, abgerufen am 22.11.2024.