gebohren worden? Hast du denn deinen Fischer nie davon reden gehöret? Nein! antwortete ich Jhr Wohl-Ehrwürden, ich bin allerzeit hero in der Meynung gewesen, der Fischer sey mein Vater, und sein Weib Ulamia meine Mutter, biß ich bey ertheilten Abschied erfahren, daß sich die Sache gantz verhielte. Nun mein Rusilio, sagte der Geistliche, wir wollen weiter darnach nicht forschen, es wird die Zeit der Offenbahren auch kommen, gieb dich zu frieden, lebet doch GOTT unser aller Vater, biß nur fleißig, an meinen Fleisse soll es nicht ermangeln, gab mir hiermit ein Wörter-Buch, daraus solte ich alle Tage 10. Wörter lernen, allein die Begier- de war bey mir so groß, daß ich täglich hundert und mehr mir ins Gedächtniß faßte. Sein Bruder umb sich selbst zu üben, muste mir de- cliniren und conjungiren lehren, und weil er da- durch das Gelernte selbsten repetirte, war er, weil er embsig im Studiren war, desto williger, so daß ich innerhalb zwey Jahren ein Exerciti- um ohne Fehler verfertigen kunte. Meines Herrn Bruder solte nun in die Stadt, daselbst im Gymnasio zu freqventiren, und hernach sich auf eine Universität begeben. Wer war betrüb- ter als ich, bevoraus als mein Herr mit ihm und mir als seinen Diener in die Stadt fuhr, und ihn allda bey einen guten Freunde in die Kost
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gebohren worden? Haſt du denn deinen Fiſcher nie davon reden gehoͤret? Nein! antwortete ich Jhr Wohl-Ehrwuͤrden, ich bin allerzeit hero in der Meynung geweſen, der Fiſcher ſey mein Vater, und ſein Weib Ulamia meine Mutter, biß ich bey ertheilten Abſchied erfahren, daß ſich die Sache gantz verhielte. Nun mein Ruſilio, ſagte der Geiſtliche, wir wollen weiter darnach nicht forſchen, es wird die Zeit der Offenbahren auch kommen, gieb dich zu frieden, lebet doch GOTT unſer aller Vater, biß nur fleißig, an meinen Fleiſſe ſoll es nicht ermangeln, gab mir hiermit ein Woͤrter-Buch, daraus ſolte ich alle Tage 10. Woͤrter lernen, allein die Begier- de war bey mir ſo groß, daß ich taͤglich hundert und mehr mir ins Gedaͤchtniß faßte. Sein Bruder umb ſich ſelbſt zu uͤben, muſte mir de- cliniren und conjungiren lehren, und weil er da- durch das Gelernte ſelbſten repetirte, war er, weil er embſig im Studiren war, deſto williger, ſo daß ich innerhalb zwey Jahren ein Exerciti- um ohne Fehler verfertigen kunte. Meines Herrn Bruder ſolte nun in die Stadt, daſelbſt im Gymnaſio zu freqventiren, und hernach ſich auf eine Univerſität begeben. Wer war betruͤb- ter als ich, bevoraus als mein Herr mit ihm und mir als ſeinen Diener in die Stadt fuhr, und ihn allda bey einen guten Freunde in die Koſt
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gebohren worden? Haſt du denn deinen Fiſcher
nie davon reden gehoͤret? Nein! antwortete
ich Jhr Wohl-Ehrwuͤrden, ich bin allerzeit hero
in der Meynung geweſen, der Fiſcher ſey mein
Vater, und ſein Weib Ulamia meine Mutter,
biß ich bey ertheilten Abſchied erfahren, daß ſich
die Sache gantz verhielte. Nun mein Ruſilio,
ſagte der Geiſtliche, wir wollen weiter darnach
nicht forſchen, es wird die Zeit der Offenbahren
auch kommen, gieb dich zu frieden, lebet doch
GOTT unſer aller Vater, biß nur fleißig,
an meinen Fleiſſe ſoll es nicht ermangeln, gab
mir hiermit ein Woͤrter-Buch, daraus ſolte ich
alle Tage 10. Woͤrter lernen, allein die Begier-
de war bey mir ſo groß, daß ich taͤglich hundert
und mehr mir ins Gedaͤchtniß faßte. Sein
Bruder umb ſich ſelbſt zu uͤben, muſte mir de-
cliniren und conjungiren lehren, und weil er da-
durch das Gelernte ſelbſten repetirte, war er,
weil er embſig im Studiren war, deſto williger,
ſo daß ich innerhalb zwey Jahren ein Exerciti-
um ohne Fehler verfertigen kunte. Meines
Herrn Bruder ſolte nun in die Stadt, daſelbſt
im Gymnaſio zu freqventiren, und hernach ſich
auf eine Univerſität begeben. Wer war betruͤb-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 707. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/723>, abgerufen am 22.11.2024.
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