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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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Sprichwort wurde: nehmt Pillen ein. Dieser
Artzt hatte einen so grossen Zulauff/ daß obgleich
er/ sein Weib und die Gesellschafft den gantzen
Tag Pillen machten/ sie dennoch des Abgangs
wegen nicht genung verfertigen kunten. Pilovs-
ki
sagte: Wer weiß ob er auch gleich jenen Agyr-
tae
nicht hätte propheceyen können; denn als einer
sein Pferd verlohren hatte, gieng er auch zu einen
solchen Pillen-Krämer umb Rath fragende/ was
er doch thun solte/ damit er sein Pferd wieder fin-
den möchte? Der Landstreicher sagte/ nehmt Pil-
len ein/ und gab ihm einige derselben zu verschlin-
gen; der Bauer gehet nach Hause/ wie er in Busch
kommt/ wircken die Pillen daß er sich decken muß.
Was geschicht/ als er sich wieder anlegen will/
ersiehet er sein Pferd/ das in der Höhe stehet und
weydet; Der Bauer nimmt sein Pferd und rei-
tet nach Hause/ den Stümpler mit seinen Pillen
hoch erhebende: Gotthart fieng an zu lächeln.
Siegfried fragte/ Herr Bruder was kommt dir
so lächerlich vor? Gotthart antwortete/ Ach
nichts. Siegfried aber nöthigte ihn/ daß er es
sagen muste/ Gotthart sprach/ weiln der Pillen
gedacht worden/ fällt mir jene Rollwagische Hi-
storia bey/ daß ein Bauer gerne gesehen/ daß sein
Sohn ein Doctor worden wäre/ resolvirt sich/
gehet mit seinem Sohne zum Doctor ihn fragen-
de/ wie lange er seinen Sohn entrathen müste/ e-

he

Sprichwort wurde: nehmt Pillen ein. Dieſer
Artzt hatte einen ſo groſſen Zulauff/ daß obgleich
er/ ſein Weib und die Geſellſchafft den gantzen
Tag Pillen machten/ ſie dennoch des Abgangs
wegen nicht genung verfertigen kunten. Pilovs-
ki
ſagte: Wer weiß ob er auch gleich jenen Agyr-
nicht haͤtte pꝛopheceyen koͤnnen; denn als einer
ſein Pferd verlohren hatte, gieng er auch zu einen
ſolchen Pillen-Kraͤmer umb Rath fragende/ was
er doch thun ſolte/ damit er ſein Pferd wieder fin-
den moͤchte? Der Landſtreicher ſagte/ nehmt Pil-
len ein/ und gab ihm einige derſelben zu verſchlin-
gen; der Bauer gehet nach Hauſe/ wie er in Buſch
kommt/ wircken die Pillen daß er ſich decken muß.
Was geſchicht/ als er ſich wieder anlegen will/
erſiehet er ſein Pferd/ das in der Hoͤhe ſtehet und
weydet; Der Bauer nimmt ſein Pferd und rei-
tet nach Hauſe/ den Stuͤmpler mit ſeinen Pillen
hoch erhebende: Gotthart fieng an zu laͤcheln.
Siegfried fragte/ Herr Bruder was kommt dir
ſo laͤcherlich vor? Gotthart antwortete/ Ach
nichts. Siegfried aber noͤthigte ihn/ daß er es
ſagen muſte/ Gotthart ſprach/ weiln der Pillen
gedacht worden/ faͤllt mir jene Rollwagiſche Hi-
ſtoria bey/ daß ein Bauer gerne geſehen/ daß ſein
Sohn ein Doctor worden waͤre/ reſolvirt ſich/
gehet mit ſeinem Sohne zum Doctor ihn fragen-
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[630/0646] Sprichwort wurde: nehmt Pillen ein. Dieſer Artzt hatte einen ſo groſſen Zulauff/ daß obgleich er/ ſein Weib und die Geſellſchafft den gantzen Tag Pillen machten/ ſie dennoch des Abgangs wegen nicht genung verfertigen kunten. Pilovs- ki ſagte: Wer weiß ob er auch gleich jenen Agyr- tæ nicht haͤtte pꝛopheceyen koͤnnen; denn als einer ſein Pferd verlohren hatte, gieng er auch zu einen ſolchen Pillen-Kraͤmer umb Rath fragende/ was er doch thun ſolte/ damit er ſein Pferd wieder fin- den moͤchte? Der Landſtreicher ſagte/ nehmt Pil- len ein/ und gab ihm einige derſelben zu verſchlin- gen; der Bauer gehet nach Hauſe/ wie er in Buſch kommt/ wircken die Pillen daß er ſich decken muß. Was geſchicht/ als er ſich wieder anlegen will/ erſiehet er ſein Pferd/ das in der Hoͤhe ſtehet und weydet; Der Bauer nimmt ſein Pferd und rei- tet nach Hauſe/ den Stuͤmpler mit ſeinen Pillen hoch erhebende: Gotthart fieng an zu laͤcheln. Siegfried fragte/ Herr Bruder was kommt dir ſo laͤcherlich vor? Gotthart antwortete/ Ach nichts. Siegfried aber noͤthigte ihn/ daß er es ſagen muſte/ Gotthart ſprach/ weiln der Pillen gedacht worden/ faͤllt mir jene Rollwagiſche Hi- ſtoria bey/ daß ein Bauer gerne geſehen/ daß ſein Sohn ein Doctor worden waͤre/ reſolvirt ſich/ gehet mit ſeinem Sohne zum Doctor ihn fragen- de/ wie lange er ſeinen Sohn entrathen muͤſte/ e- he

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/646>, abgerufen am 22.11.2024.