Gefahr vergissest. Ach kehre umb, und laß al- les vor aller Welt Gut und Ehre, setze dein ü- briges Leben, welches vielleicht nicht lange dau- ren wird, zum Verlangen eines seeligen Ster- bens, damit wir, weiln uns in der Welt der Him- mel nicht lange beysammen wollen seyn lassen, in ihm selbsten uns dermahleinst ergötzen möch- ten. Allein, alleine! ich fürchte die Zeit ist all- zukurtz, denn vielleicht an diesen Augenblick hanget die Ewigkeit! und hierauf schwieg sie: Jch fragte liebste Monila, wie kommt es denn, daß du des Obriste verlassen, und hieher dich gewendet hast? Alleine die Stimme antworte- te nichts mehr: Jch stund in Gedancken, und wolte wieder zurücke gehen, in der Erstaunung und Verwirrung aber umbfasten mich zween Männer, daß ich mich nicht rühren kunte, und diese waren der hiesig-gewesene Wirth und der Köhler, und einer wurff mir einen Stranck umb den Halß, der war des Köhlers Sohn, und er- drosselten mich jämmerlicher Weise. Da er- fuhr ich bald nach meinem Tode, daß ich nichts war, und war so gar leichte erfunden, daß auch wegen derer pactorum implicitorum, welche ich ehemahln zu practiren pflegte, so fort, nach- dem der strenge Richter mir alle meine vor die- sen begangene und unbereuete Boßheiten in ei- nen Augenblick vorzeigete, und den selbst-er-
wähl-
Gefahr vergiſſeſt. Ach kehre umb, und laß al- les vor aller Welt Gut und Ehre, ſetze dein uͤ- briges Leben, welches vielleicht nicht lange dau- ren wird, zum Verlangen eines ſeeligen Ster- bens, damit wir, weiln uns in deꝛ Welt deꝛ Him- mel nicht lange beyſammen wollen ſeyn laſſen, in ihm ſelbſten uns dermahleinſt ergoͤtzen moͤch- ten. Allein, alleine! ich fuͤrchte die Zeit iſt all- zukurtz, denn vielleicht an dieſen Augenblick hanget die Ewigkeit! und hierauf ſchwieg ſie: Jch fragte liebſte Monila, wie kommt es denn, daß du des Obriſte verlaſſen, und hieher dich gewendet haſt? Alleine die Stimme antworte- te nichts mehr: Jch ſtund in Gedancken, und wolte wieder zuruͤcke gehen, in der Erſtaunung und Verwirrung aber umbfaſten mich zween Maͤnner, daß ich mich nicht ruͤhren kunte, und dieſe waren der hieſig-geweſene Wirth und der Koͤhler, und einer wurff mir einen Stꝛanck umb den Halß, der war des Koͤhlers Sohn, und er- droſſelten mich jaͤmmerlicher Weiſe. Da er- fuhr ich bald nach meinem Tode, daß ich nichts war, und war ſo gar leichte erfunden, daß auch wegen derer pactorum implicitorum, welche ich ehemahln zu practiren pflegte, ſo fort, nach- dem der ſtrenge Richter mir alle meine vor die- ſen begangene und unbereuete Boßheiten in ei- nen Augenblick vorzeigete, und den ſelbſt-er-
waͤhl-
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Gefahr vergiſſeſt. Ach kehre umb, und laß al-
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briges Leben, welches vielleicht nicht lange dau-
ren wird, zum Verlangen eines ſeeligen Ster-
bens, damit wir, weiln uns in deꝛ Welt deꝛ Him-
mel nicht lange beyſammen wollen ſeyn laſſen,
in ihm ſelbſten uns dermahleinſt ergoͤtzen moͤch-
ten. Allein, alleine! ich fuͤrchte die Zeit iſt all-
zukurtz, denn vielleicht an dieſen Augenblick
hanget die Ewigkeit! und hierauf ſchwieg ſie:
Jch fragte liebſte Monila, wie kommt es denn,
daß du des Obriſte verlaſſen, und hieher dich
gewendet haſt? Alleine die Stimme antworte-
te nichts mehr: Jch ſtund in Gedancken, und
wolte wieder zuruͤcke gehen, in der Erſtaunung
und Verwirrung aber umbfaſten mich zween
Maͤnner, daß ich mich nicht ruͤhren kunte, und
dieſe waren der hieſig-geweſene Wirth und der
Koͤhler, und einer wurff mir einen Stꝛanck umb
den Halß, der war des Koͤhlers Sohn, und er-
droſſelten mich jaͤmmerlicher Weiſe. Da er-
fuhr ich bald nach meinem Tode, daß ich nichts
war, und war ſo gar leichte erfunden, daß auch
wegen derer pactorum implicitorum, welche
ich ehemahln zu practiren pflegte, ſo fort, nach-
dem der ſtrenge Richter mir alle meine vor die-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/539>, abgerufen am 22.11.2024.
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