Ach arme Erde und Asche, denn in einen Nu zersteubest du, und streubest dich in Hochmuth wider den Stärckesten. Euere Einbildung ihr Sterblichen werffen euch bald dieses bald jenes vor, und werdet von einen Thal in den andern als Gesellschaffter der trohnenden Berge ge- worffen, und dennoch erkennet ihr niemahln, was eueren Seelen dermahleins das ewige Wohl erwerben könte, zuweilen fallet ihr GOtt zu Fusse, aber mit einen selbst-gemachten Got- tesdienst, der, weil er den Glauben mit der Hoff- nung und Zuversicht auf einen grundlosen Al- tar setzet, euch nichts anders als die ewige Ver- dammniß zuwege bringet. Jch erkühnete mich endlich die Stimme zu fragen/ wer sie wäre? Ach Curidor antwortete sie, ach ich bin, ich bin, Curidor mein ehemahliger Ehegatte, dein vor diesen gewesenes Eheweib Monila, welche mit ihren tausendfachen Ermahnungen, deine ver- wirrte Gedancken in einen Stand zu bringen vermeynte, allein ich muste dir heissen ein un- verständiges Weib, eine fromme Mitouche die allen Heiligen die Zähe abbeissen wolte, du er- kanntest es wohl etliche mahl, und woltest dich auf einen andern Weg lencken, allein weil dein Glaubens Grund ohne Grund ist, so gehest du auf Trieb sand, und ersie hest du ein Berglein, so erhöhest du dich wieder, daß du aller vorigen
Ge-
Ach arme Erde und Aſche, denn in einen Nu zerſteubeſt du, und ſtreubeſt dich in Hochmuth wider den Staͤrckeſten. Euere Einbildung ihr Sterblichen werffen euch bald dieſes bald jenes vor, und werdet von einen Thal in den andern als Geſellſchaffter der trohnenden Berge ge- worffen, und dennoch erkennet ihr niemahln, was eueren Seelen dermahleins das ewige Wohl erwerben koͤnte, zuweilen fallet ihr GOtt zu Fuſſe, aber mit einen ſelbſt-gemachten Got- tesdienſt, der, weil er den Glauben mit deꝛ Hoff- nung und Zuverſicht auf einen grundloſen Al- tar ſetzet, euch nichts anders als die ewige Ver- dammniß zuwege bringet. Jch erkuͤhnete mich endlich die Stimme zu fragen/ wer ſie waͤre? Ach Curidor antwortete ſie, ach ich bin, ich bin, Curidor mein ehemahliger Ehegatte, dein vor dieſen geweſenes Eheweib Monila, welche mit ihren tauſendfachen Ermahnungen, deine ver- wirrte Gedancken in einen Stand zu bringen vermeynte, allein ich muſte dir heiſſen ein un- verſtaͤndiges Weib, eine fromme Mitouche die allen Heiligen die Zaͤhe abbeiſſen wolte, du er- kannteſt es wohl etliche mahl, und wolteſt dich auf einen andern Weg lencken, allein weil dein Glaubens Grund ohne Grund iſt, ſo geheſt du auf Trieb ſand, und erſie heſt du ein Berglein, ſo erhoͤheſt du dich wieder, daß du aller vorigen
Ge-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0538"n="522"/>
Ach arme Erde und Aſche, denn in einen Nu<lb/>
zerſteubeſt du, und ſtreubeſt dich in Hochmuth<lb/>
wider den Staͤrckeſten. Euere Einbildung ihr<lb/>
Sterblichen werffen euch bald dieſes bald jenes<lb/>
vor, und werdet von einen Thal in den andern<lb/>
als Geſellſchaffter der trohnenden Berge ge-<lb/>
worffen, und dennoch erkennet ihr niemahln,<lb/>
was eueren Seelen dermahleins das ewige<lb/>
Wohl erwerben koͤnte, zuweilen fallet ihr GOtt<lb/>
zu Fuſſe, aber mit einen ſelbſt-gemachten Got-<lb/>
tesdienſt, der, weil er den Glauben mit deꝛ Hoff-<lb/>
nung und Zuverſicht auf einen grundloſen Al-<lb/>
tar ſetzet, euch nichts anders als die ewige Ver-<lb/>
dammniß zuwege bringet. Jch erkuͤhnete mich<lb/>
endlich die Stimme zu fragen/ wer ſie waͤre?<lb/>
Ach <hirendition="#aq">Curidor</hi> antwortete ſie, ach ich bin, ich bin,<lb/><hirendition="#aq">Curidor</hi> mein ehemahliger Ehegatte, dein vor<lb/>
dieſen geweſenes Eheweib <hirendition="#aq">Monila,</hi> welche mit<lb/>
ihren tauſendfachen Ermahnungen, deine ver-<lb/>
wirrte Gedancken in einen Stand zu bringen<lb/>
vermeynte, allein ich muſte dir heiſſen ein un-<lb/>
verſtaͤndiges Weib, eine fromme <hirendition="#aq">Mitouche</hi> die<lb/>
allen Heiligen die Zaͤhe abbeiſſen wolte, du er-<lb/>
kannteſt es wohl etliche mahl, und wolteſt dich<lb/>
auf einen andern Weg lencken, allein weil dein<lb/>
Glaubens Grund ohne Grund iſt, ſo geheſt du<lb/>
auf Trieb ſand, und erſie heſt du ein Berglein,<lb/>ſo erhoͤheſt du dich wieder, daß du aller vorigen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ge-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[522/0538]
Ach arme Erde und Aſche, denn in einen Nu
zerſteubeſt du, und ſtreubeſt dich in Hochmuth
wider den Staͤrckeſten. Euere Einbildung ihr
Sterblichen werffen euch bald dieſes bald jenes
vor, und werdet von einen Thal in den andern
als Geſellſchaffter der trohnenden Berge ge-
worffen, und dennoch erkennet ihr niemahln,
was eueren Seelen dermahleins das ewige
Wohl erwerben koͤnte, zuweilen fallet ihr GOtt
zu Fuſſe, aber mit einen ſelbſt-gemachten Got-
tesdienſt, der, weil er den Glauben mit deꝛ Hoff-
nung und Zuverſicht auf einen grundloſen Al-
tar ſetzet, euch nichts anders als die ewige Ver-
dammniß zuwege bringet. Jch erkuͤhnete mich
endlich die Stimme zu fragen/ wer ſie waͤre?
Ach Curidor antwortete ſie, ach ich bin, ich bin,
Curidor mein ehemahliger Ehegatte, dein vor
dieſen geweſenes Eheweib Monila, welche mit
ihren tauſendfachen Ermahnungen, deine ver-
wirrte Gedancken in einen Stand zu bringen
vermeynte, allein ich muſte dir heiſſen ein un-
verſtaͤndiges Weib, eine fromme Mitouche die
allen Heiligen die Zaͤhe abbeiſſen wolte, du er-
kannteſt es wohl etliche mahl, und wolteſt dich
auf einen andern Weg lencken, allein weil dein
Glaubens Grund ohne Grund iſt, ſo geheſt du
auf Trieb ſand, und erſie heſt du ein Berglein,
ſo erhoͤheſt du dich wieder, daß du aller vorigen
Ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/538>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.