Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Ach arme Erde und Asche, denn in einen Nu
zersteubest du, und streubest dich in Hochmuth
wider den Stärckesten. Euere Einbildung ihr
Sterblichen werffen euch bald dieses bald jenes
vor, und werdet von einen Thal in den andern
als Gesellschaffter der trohnenden Berge ge-
worffen, und dennoch erkennet ihr niemahln,
was eueren Seelen dermahleins das ewige
Wohl erwerben könte, zuweilen fallet ihr GOtt
zu Fusse, aber mit einen selbst-gemachten Got-
tesdienst, der, weil er den Glauben mit der Hoff-
nung und Zuversicht auf einen grundlosen Al-
tar setzet, euch nichts anders als die ewige Ver-
dammniß zuwege bringet. Jch erkühnete mich
endlich die Stimme zu fragen/ wer sie wäre?
Ach Curidor antwortete sie, ach ich bin, ich bin,
Curidor mein ehemahliger Ehegatte, dein vor
diesen gewesenes Eheweib Monila, welche mit
ihren tausendfachen Ermahnungen, deine ver-
wirrte Gedancken in einen Stand zu bringen
vermeynte, allein ich muste dir heissen ein un-
verständiges Weib, eine fromme Mitouche die
allen Heiligen die Zähe abbeissen wolte, du er-
kanntest es wohl etliche mahl, und woltest dich
auf einen andern Weg lencken, allein weil dein
Glaubens Grund ohne Grund ist, so gehest du
auf Trieb sand, und ersie hest du ein Berglein,
so erhöhest du dich wieder, daß du aller vorigen

Ge-

Ach arme Erde und Aſche, denn in einen Nu
zerſteubeſt du, und ſtreubeſt dich in Hochmuth
wider den Staͤrckeſten. Euere Einbildung ihr
Sterblichen werffen euch bald dieſes bald jenes
vor, und werdet von einen Thal in den andern
als Geſellſchaffter der trohnenden Berge ge-
worffen, und dennoch erkennet ihr niemahln,
was eueren Seelen dermahleins das ewige
Wohl erwerben koͤnte, zuweilen fallet ihr GOtt
zu Fuſſe, aber mit einen ſelbſt-gemachten Got-
tesdienſt, der, weil er den Glauben mit deꝛ Hoff-
nung und Zuverſicht auf einen grundloſen Al-
tar ſetzet, euch nichts anders als die ewige Ver-
dammniß zuwege bringet. Jch erkuͤhnete mich
endlich die Stimme zu fragen/ wer ſie waͤre?
Ach Curidor antwortete ſie, ach ich bin, ich bin,
Curidor mein ehemahliger Ehegatte, dein vor
dieſen geweſenes Eheweib Monila, welche mit
ihren tauſendfachen Ermahnungen, deine ver-
wirrte Gedancken in einen Stand zu bringen
vermeynte, allein ich muſte dir heiſſen ein un-
verſtaͤndiges Weib, eine fromme Mitouche die
allen Heiligen die Zaͤhe abbeiſſen wolte, du er-
kannteſt es wohl etliche mahl, und wolteſt dich
auf einen andern Weg lencken, allein weil dein
Glaubens Grund ohne Grund iſt, ſo geheſt du
auf Trieb ſand, und erſie heſt du ein Berglein,
ſo erhoͤheſt du dich wieder, daß du aller vorigen

Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0538" n="522"/>
Ach arme Erde und A&#x017F;che, denn in einen Nu<lb/>
zer&#x017F;teube&#x017F;t du, und &#x017F;treube&#x017F;t dich in Hochmuth<lb/>
wider den Sta&#x0364;rcke&#x017F;ten. Euere Einbildung ihr<lb/>
Sterblichen werffen euch bald die&#x017F;es bald jenes<lb/>
vor, und werdet von einen Thal in den andern<lb/>
als Ge&#x017F;ell&#x017F;chaffter der trohnenden Berge ge-<lb/>
worffen, und dennoch erkennet ihr niemahln,<lb/>
was eueren Seelen dermahleins das ewige<lb/>
Wohl erwerben ko&#x0364;nte, zuweilen fallet ihr GOtt<lb/>
zu Fu&#x017F;&#x017F;e, aber mit einen &#x017F;elb&#x017F;t-gemachten Got-<lb/>
tesdien&#x017F;t, der, weil er den Glauben mit de&#xA75B; Hoff-<lb/>
nung und Zuver&#x017F;icht auf einen grundlo&#x017F;en Al-<lb/>
tar &#x017F;etzet, euch nichts anders als die ewige Ver-<lb/>
dammniß zuwege bringet. Jch erku&#x0364;hnete mich<lb/>
endlich die Stimme zu fragen/ wer &#x017F;ie wa&#x0364;re?<lb/>
Ach <hi rendition="#aq">Curidor</hi> antwortete &#x017F;ie, ach ich bin, ich bin,<lb/><hi rendition="#aq">Curidor</hi> mein ehemahliger Ehegatte, dein vor<lb/>
die&#x017F;en gewe&#x017F;enes Eheweib <hi rendition="#aq">Monila,</hi> welche mit<lb/>
ihren tau&#x017F;endfachen Ermahnungen, deine ver-<lb/>
wirrte Gedancken in einen Stand zu bringen<lb/>
vermeynte, allein ich mu&#x017F;te dir hei&#x017F;&#x017F;en ein un-<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;ndiges Weib, eine fromme <hi rendition="#aq">Mitouche</hi> die<lb/>
allen Heiligen die Za&#x0364;he abbei&#x017F;&#x017F;en wolte, du er-<lb/>
kannte&#x017F;t es wohl etliche mahl, und wolte&#x017F;t dich<lb/>
auf einen andern Weg lencken, allein weil dein<lb/>
Glaubens Grund ohne Grund i&#x017F;t, &#x017F;o gehe&#x017F;t du<lb/>
auf Trieb &#x017F;and, und er&#x017F;ie he&#x017F;t du ein Berglein,<lb/>
&#x017F;o erho&#x0364;he&#x017F;t du dich wieder, daß du aller vorigen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[522/0538] Ach arme Erde und Aſche, denn in einen Nu zerſteubeſt du, und ſtreubeſt dich in Hochmuth wider den Staͤrckeſten. Euere Einbildung ihr Sterblichen werffen euch bald dieſes bald jenes vor, und werdet von einen Thal in den andern als Geſellſchaffter der trohnenden Berge ge- worffen, und dennoch erkennet ihr niemahln, was eueren Seelen dermahleins das ewige Wohl erwerben koͤnte, zuweilen fallet ihr GOtt zu Fuſſe, aber mit einen ſelbſt-gemachten Got- tesdienſt, der, weil er den Glauben mit deꝛ Hoff- nung und Zuverſicht auf einen grundloſen Al- tar ſetzet, euch nichts anders als die ewige Ver- dammniß zuwege bringet. Jch erkuͤhnete mich endlich die Stimme zu fragen/ wer ſie waͤre? Ach Curidor antwortete ſie, ach ich bin, ich bin, Curidor mein ehemahliger Ehegatte, dein vor dieſen geweſenes Eheweib Monila, welche mit ihren tauſendfachen Ermahnungen, deine ver- wirrte Gedancken in einen Stand zu bringen vermeynte, allein ich muſte dir heiſſen ein un- verſtaͤndiges Weib, eine fromme Mitouche die allen Heiligen die Zaͤhe abbeiſſen wolte, du er- kannteſt es wohl etliche mahl, und wolteſt dich auf einen andern Weg lencken, allein weil dein Glaubens Grund ohne Grund iſt, ſo geheſt du auf Trieb ſand, und erſie heſt du ein Berglein, ſo erhoͤheſt du dich wieder, daß du aller vorigen Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/538
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/538>, abgerufen am 22.11.2024.