Mäntel, satzten sich auf die Kutsche und schlief- fen. Jndem Eckarth in der grösten Andacht und Nachsinnen sein Pfeiffgen Taback schmauchte, hörete er in der Stube an denen Wänden ein Geräusche herumbstreichen, bald darauff praesentirte sich ein Gespenste dessen Leib gleich einer Mumie umbhüllet war, die Augen sahen als ein dunckel rothes Feuer aus; Eckarth ohne einiges Entsetzen fragte das Ge- spenste: Wer bist du? was hast du hier zu schaf- fen! und was ist dein Anliegen? Der Geist brüllete erstlich erschröcklich, endlich fieng er an: Wer ich bin, das habe ich nie gewust, biß ich ge- storben bin, alsdenn habe ich erst erfahren zu seyn/ der ich zu seyn in meinen Leben mir nicht eingebildet habe. Jch war alles und doch nichts. Die Einbildung hatte mich über alle menschli- che Künste erhoben, und Niemand verstunde derselben nach mehr als ich. Jch war, du ken- nest mich wohl Eckarth, ein Soldat, ein Artzt, und der vornehmsten einer unter denen Land- streichern, frage mich nicht weiter, ich will dir es sagen, schaue meine Gestalt recht an, so wirst du hier vor dir sehen den verwegenen Curidor, der ich dir ehemahl getreue Dienste dir unwis- send vielmahl erwiesen habe; Eckarth nahm die Pfeiffe vom Munde und wolte reden, der Geist aber sprach, schweige und höre ferner: Wie
offte
K k 4
Maͤntel, ſatzten ſich auf die Kutſche und ſchlief- fen. Jndem Eckarth in der groͤſten Andacht und Nachſinnen ſein Pfeiffgen Taback ſchmauchte, hoͤrete er in der Stube an denen Waͤnden ein Geraͤuſche herumbſtreichen, bald darauff præſentirte ſich ein Geſpenſte deſſen Leib gleich einer Mumie umbhuͤllet war, die Augen ſahen als ein dunckel rothes Feuer aus; Eckarth ohne einiges Entſetzen fragte das Ge- ſpenſte: Wer biſt du? was haſt du hier zu ſchaf- fen! und was iſt dein Anliegen? Der Geiſt bruͤllete erſtlich erſchroͤcklich, endlich fieng er an: Wer ich bin, das habe ich nie gewuſt, biß ich ge- ſtorben bin, alsdenn habe ich erſt erfahren zu ſeyn/ der ich zu ſeyn in meinen Leben mir nicht eingebildet habe. Jch war alles und doch nichts. Die Einbildung hatte mich uͤber alle menſchli- che Kuͤnſte erhoben, und Niemand verſtunde derſelben nach mehr als ich. Jch war, du ken- neſt mich wohl Eckarth, ein Soldat, ein Artzt, und der vornehmſten einer unter denen Land- ſtreichern, frage mich nicht weiter, ich will dir es ſagen, ſchaue meine Geſtalt recht an, ſo wirſt du hier vor dir ſehen den verwegenen Curidor, der ich dir ehemahl getreue Dienſte dir unwiſ- ſend vielmahl erwieſen habe; Eckarth nahm die Pfeiffe vom Munde und wolte reden, der Geiſt aber ſprach, ſchweige und hoͤre ferner: Wie
offte
K k 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0535"n="519"/>
Maͤntel, ſatzten ſich auf die Kutſche und ſchlief-<lb/>
fen. Jndem Eckarth in der groͤſten Andacht<lb/>
und Nachſinnen ſein Pfeiffgen Taback<lb/>ſchmauchte, hoͤrete er in der Stube an denen<lb/>
Waͤnden ein Geraͤuſche herumbſtreichen, bald<lb/>
darauff <hirendition="#aq">præſentir</hi>te ſich ein Geſpenſte deſſen<lb/>
Leib gleich einer Mumie umbhuͤllet war, die<lb/>
Augen ſahen als ein dunckel rothes Feuer aus;<lb/>
Eckarth ohne einiges Entſetzen fragte das Ge-<lb/>ſpenſte: Wer biſt du? was haſt du hier zu ſchaf-<lb/>
fen! und was iſt dein Anliegen? Der Geiſt<lb/>
bruͤllete erſtlich erſchroͤcklich, endlich fieng er an:<lb/>
Wer ich bin, das habe ich nie gewuſt, biß ich ge-<lb/>ſtorben bin, alsdenn habe ich erſt erfahren zu<lb/>ſeyn/ der ich zu ſeyn in meinen Leben mir nicht<lb/>
eingebildet habe. Jch war alles und doch nichts.<lb/>
Die Einbildung hatte mich uͤber alle menſchli-<lb/>
che Kuͤnſte erhoben, und Niemand verſtunde<lb/>
derſelben <hirendition="#fr">nach mehr</hi> als ich. Jch war, du ken-<lb/>
neſt mich wohl Eckarth, ein Soldat, ein Artzt,<lb/>
und der vornehmſten einer unter denen Land-<lb/>ſtreichern, frage mich nicht weiter, ich will dir es<lb/>ſagen, ſchaue meine Geſtalt recht an, ſo wirſt<lb/>
du hier vor dir ſehen den verwegenen <hirendition="#aq">Curidor,</hi><lb/>
der ich dir ehemahl getreue Dienſte dir unwiſ-<lb/>ſend vielmahl erwieſen habe; Eckarth nahm die<lb/>
Pfeiffe vom Munde und wolte reden, der Geiſt<lb/>
aber ſprach, ſchweige und hoͤre ferner: Wie<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K k 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">offte</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[519/0535]
Maͤntel, ſatzten ſich auf die Kutſche und ſchlief-
fen. Jndem Eckarth in der groͤſten Andacht
und Nachſinnen ſein Pfeiffgen Taback
ſchmauchte, hoͤrete er in der Stube an denen
Waͤnden ein Geraͤuſche herumbſtreichen, bald
darauff præſentirte ſich ein Geſpenſte deſſen
Leib gleich einer Mumie umbhuͤllet war, die
Augen ſahen als ein dunckel rothes Feuer aus;
Eckarth ohne einiges Entſetzen fragte das Ge-
ſpenſte: Wer biſt du? was haſt du hier zu ſchaf-
fen! und was iſt dein Anliegen? Der Geiſt
bruͤllete erſtlich erſchroͤcklich, endlich fieng er an:
Wer ich bin, das habe ich nie gewuſt, biß ich ge-
ſtorben bin, alsdenn habe ich erſt erfahren zu
ſeyn/ der ich zu ſeyn in meinen Leben mir nicht
eingebildet habe. Jch war alles und doch nichts.
Die Einbildung hatte mich uͤber alle menſchli-
che Kuͤnſte erhoben, und Niemand verſtunde
derſelben nach mehr als ich. Jch war, du ken-
neſt mich wohl Eckarth, ein Soldat, ein Artzt,
und der vornehmſten einer unter denen Land-
ſtreichern, frage mich nicht weiter, ich will dir es
ſagen, ſchaue meine Geſtalt recht an, ſo wirſt
du hier vor dir ſehen den verwegenen Curidor,
der ich dir ehemahl getreue Dienſte dir unwiſ-
ſend vielmahl erwieſen habe; Eckarth nahm die
Pfeiffe vom Munde und wolte reden, der Geiſt
aber ſprach, ſchweige und hoͤre ferner: Wie
offte
K k 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/535>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.