Krauts Sideritis genannt, etliche nehmen es al- leine, andere thun Johannis-Kraut Hypericon darzu, giessen darauff siedendes Wasser, ko- chen hernach das Kraut, seugen das abgekochte Wasser von dem Kraut durch die Leinwand ab, hernach waschen sie das Kind, oder den Beruf- fenen Menschen, lassen das Wasser von der Haut in ein Becken lauffen, dieses Wasser wird, wann es erkaltet ist, einer dicken oder dünnen Gallerten gleich, nach dem die Beschwerung hefftig oder wenig geschehen, solches Abwaschen verrichten sie zu 3. 4. und mehr mahlen, so lan- ge, biß das Wasser nicht mehr zusammen gehet und sich auskläret, hernach schütten sie das im- pestirte Wasser in ein fliessenden Strom, oder vergraben es. Woran aber erkennt man es/ (fragte die Generalin) eigentlich, wann die Kin- der beschryen oder gebunden sind? Gnädige Frau antwortete Siegfried, etliche vermeynen, wann sie vermercken, daß das Kind erblasset, sich sehr windet, schreyet, oder still als todt da lieget, wann es nichts zu sich nehmen will, vom Leibgen abnimmt, mit dem Köpffgen schwin- delt, und des Tages Licht noch andern Schein nicht vertragen kan, sondern mit denen Augen wimmert, es so dann mit der Zunge überlecken, und einen saltzigten Geschmack verspüren, so sey es ein gewisses Anzeigen und Merckmahl der
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Krauts Sideritis genannt, etliche nehmen es al- leine, andere thun Johannis-Kraut Hypericon darzu, gieſſen darauff ſiedendes Waſſer, ko- chen hernach das Kraut, ſeugen das abgekochte Waſſer von dem Kraut durch die Leinwand ab, hernach waſchen ſie das Kind, oder den Beruf- fenen Menſchen, laſſen das Waſſer von der Haut in ein Becken lauffen, dieſes Waſſer wird, wann es erkaltet iſt, einer dicken oder duͤnnen Gallerten gleich, nach dem die Beſchwerung hefftig oder wenig geſchehen, ſolches Abwaſchen verrichten ſie zu 3. 4. und mehr mahlen, ſo lan- ge, biß das Waſſer nicht mehr zuſammen gehet und ſich ausklaͤret, hernach ſchuͤtten ſie das im- peſtirte Waſſer in ein flieſſenden Strom, oder vergraben es. Woran aber erkennt man es/ (fragte die Generalin) eigentlich, wann die Kin- der beſchryen oder gebunden ſind? Gnaͤdige Frau antwortete Siegfried, etliche vermeynen, wann ſie vermercken, daß das Kind erblaſſet, ſich ſehr windet, ſchreyet, oder ſtill als todt da lieget, wann es nichts zu ſich nehmen will, vom Leibgen abnimmt, mit dem Koͤpffgen ſchwin- delt, und des Tages Licht noch andern Schein nicht vertragen kan, ſondern mit denen Augen wimmert, es ſo dann mit der Zunge uͤberlecken, und einen ſaltzigten Geſchmack verſpuͤren, ſo ſey es ein gewiſſes Anzeigen und Merckmahl der
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Krauts Sideritis genannt, etliche nehmen es al-
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darzu, gieſſen darauff ſiedendes Waſſer, ko-
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hernach waſchen ſie das Kind, oder den Beruf-
fenen Menſchen, laſſen das Waſſer von der
Haut in ein Becken lauffen, dieſes Waſſer wird,
wann es erkaltet iſt, einer dicken oder duͤnnen
Gallerten gleich, nach dem die Beſchwerung
hefftig oder wenig geſchehen, ſolches Abwaſchen
verrichten ſie zu 3. 4. und mehr mahlen, ſo lan-
ge, biß das Waſſer nicht mehr zuſammen gehet
und ſich ausklaͤret, hernach ſchuͤtten ſie das im-
peſtirte Waſſer in ein flieſſenden Strom, oder
vergraben es. Woran aber erkennt man es/
(fragte die Generalin) eigentlich, wann die Kin-
der beſchryen oder gebunden ſind? Gnaͤdige
Frau antwortete Siegfried, etliche vermeynen,
wann ſie vermercken, daß das Kind erblaſſet,
ſich ſehr windet, ſchreyet, oder ſtill als todt da
lieget, wann es nichts zu ſich nehmen will, vom
Leibgen abnimmt, mit dem Koͤpffgen ſchwin-
delt, und des Tages Licht noch andern Schein
nicht vertragen kan, ſondern mit denen Augen
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/467>, abgerufen am 22.11.2024.
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