Medicus der unverheyrathet ist, macht es manchmahl besser und vorsichtiger, als ein be- weibter. Wie Jhro Gnaden befehlen so ge- horsame ich antwortete Siegfried, die Genera- lin fragte weiter: Mein Herr Siegfried, was hält denn derselbe davon, wann GOTT der HErr eine Weibes Person gesegnet hat, und dieselbe im Kreissen ist, wollen die Umstehenden ihr zur Labsal keinen Wein zu trincken lassen, da doch jene ihren Kragen damit ziemlich anfül- len, denn ich erinnere mich? daß vor einigen Wo- chen meiner Kammer-Frau ihrer Tochter in schweren Kreissen Niemand einen Tropffen Wein zu trincken zulassen wolte, hätten auch das arme Weib verschmachten lassen, wann ih- re Mutter nicht zu mir und dem Medico ge- schickt hätte, und sich dessen befragen lassen. Da ich so wohl als er, ihr Wein zu geben approbirt und gut geheissen, da sie denn nach dem Trunck sich erquickt und bald nach verneueten Kräff- ten eines Söhnleins genesen; und damit wir zwey in eins fassen, so stehen so wohl die Medici als alle Rathungs Frauen gantz fest in der O- pinion und Wahn, daß keiner Sechs-Wöch- nerin, bevoraus in denen ersteren Tagen nach der Niederkunfft eine kalte Schaale zu sich zu nehmen, erlaubet sey, sondern sollen allezeit bey den warmen Trunck verbleiben, welches mir
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Medicus der unverheyrathet iſt, macht es manchmahl beſſer und vorſichtiger, als ein be- weibter. Wie Jhro Gnaden befehlen ſo ge- horſame ich antwortete Siegfried, die Genera- lin fragte weiter: Mein Herr Siegfried, was haͤlt denn derſelbe davon, wann GOTT der HErr eine Weibes Perſon geſegnet hat, und dieſelbe im Kreiſſen iſt, wollen die Umſtehenden ihr zur Labſal keinen Wein zu trincken laſſen, da doch jene ihren Kragen damit ziemlich anfuͤl- len, denn ich erinnere mich? daß vor einigen Wo- chen meiner Kammer-Frau ihrer Tochter in ſchweren Kreiſſen Niemand einen Tropffen Wein zu trincken zulaſſen wolte, haͤtten auch das arme Weib verſchmachten laſſen, wann ih- re Mutter nicht zu mir und dem Medico ge- ſchickt haͤtte, und ſich deſſen befragen laſſen. Da ich ſo wohl als er, ihr Wein zu geben approbirt und gut geheiſſen, da ſie denn nach dem Trunck ſich erquickt und bald nach verneueten Kraͤff- ten eines Soͤhnleins geneſen; und damit wir zwey in eins faſſen, ſo ſtehen ſo wohl die Medici als alle Rathungs Frauen gantz feſt in der O- pinion und Wahn, daß keiner Sechs-Woͤch- nerin, bevoraus in denen erſteren Tagen nach der Niederkunfft eine kalte Schaale zu ſich zu nehmen, erlaubet ſey, ſondern ſollen allezeit bey den warmen Trunck verbleiben, welches mir
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Medicus der unverheyrathet iſt, macht es
manchmahl beſſer und vorſichtiger, als ein be-
weibter. Wie Jhro Gnaden befehlen ſo ge-
horſame ich antwortete Siegfried, die Genera-
lin fragte weiter: Mein Herr Siegfried, was
haͤlt denn derſelbe davon, wann GOTT der
HErr eine Weibes Perſon geſegnet hat, und
dieſelbe im Kreiſſen iſt, wollen die Umſtehenden
ihr zur Labſal keinen Wein zu trincken laſſen,
da doch jene ihren Kragen damit ziemlich anfuͤl-
len, denn ich erinnere mich? daß vor einigen Wo-
chen meiner Kammer-Frau ihrer Tochter in
ſchweren Kreiſſen Niemand einen Tropffen
Wein zu trincken zulaſſen wolte, haͤtten auch
das arme Weib verſchmachten laſſen, wann ih-
re Mutter nicht zu mir und dem Medico ge-
ſchickt haͤtte, und ſich deſſen befragen laſſen. Da
ich ſo wohl als er, ihr Wein zu geben approbirt
und gut geheiſſen, da ſie denn nach dem Trunck
ſich erquickt und bald nach verneueten Kraͤff-
ten eines Soͤhnleins geneſen; und damit wir
zwey in eins faſſen, ſo ſtehen ſo wohl die Medici
als alle Rathungs Frauen gantz feſt in der O-
pinion und Wahn, daß keiner Sechs-Woͤch-
nerin, bevoraus in denen erſteren Tagen nach
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/455>, abgerufen am 22.11.2024.
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