Dienern zu Pferde, und ritten voraus, kamen auch gestern Abend glücklich zu Halid, ein Dorff, ohngefehr eine Meile von hier an, eine halbe Stunde darauff kam auch meine Frau Mutter nachgefahren, alda blieben wir über Nacht. Heute Morgen bey guter Zeit gien- gen wir mit der Frau Mutter aus, ritten aber ein wenig voran, und als wir nahe an den Wald kamen, wolten wir die Frau Mutter erwarten, sandten einen Diener von uns ab, umb zu sehen, ob sie bald nachkäme, und rit- ten mit einen Diener Schrit vor Schrit vor- aus. Ehe wir es uns versahen, kamen eilff Reuter gegen uns angesprengt; der längste so verkappt war, gieng auf meinen Vetter, als der verkleideten Jungfer zu, dieser nicht faul, zog die Pistole, und schrye er solte vom Leibe bleiben oder gebe Feuer, so auch gescha- he, verfehlte aber. Hiermit zog er vom Le- der, jener wolte lange nicht, muste aber doch endlich sein Gewehr blössen, sagende; wann Jungfern so scharff fechten wollen, muß man die Gütigkeit so lange auf die Seite setzen, biß sich die Grausamkeit geleget hat. Der eine Schelm fiel meinem Pferde in den Zaum, und ehe ich noch nach dem Gewehr greiffen kunte, ward ich umbringet, und sagte der Bösewicht der mein Pferd hielt: Verwegener, du Jung-
fern-
Q 2
Dienern zu Pferde, und ritten voraus, kamen auch geſtern Abend gluͤcklich zu Halid, ein Dorff, ohngefehr eine Meile von hier an, eine halbe Stunde darauff kam auch meine Frau Mutter nachgefahren, alda blieben wir uͤber Nacht. Heute Morgen bey guter Zeit gien- gen wir mit der Frau Mutter aus, ritten aber ein wenig voran, und als wir nahe an den Wald kamen, wolten wir die Frau Mutter erwarten, ſandten einen Diener von uns ab, umb zu ſehen, ob ſie bald nachkaͤme, und rit- ten mit einen Diener Schrit vor Schrit vor- aus. Ehe wir es uns verſahen, kamen eilff Reuter gegen uns angeſprengt; der laͤngſte ſo verkappt war, gieng auf meinen Vetter, als der verkleideten Jungfer zu, dieſer nicht faul, zog die Piſtole, und ſchrye er ſolte vom Leibe bleiben oder gebe Feuer, ſo auch geſcha- he, verfehlte aber. Hiermit zog er vom Le- der, jener wolte lange nicht, muſte aber doch endlich ſein Gewehr bloͤſſen, ſagende; wann Jungfern ſo ſcharff fechten wollen, muß man die Guͤtigkeit ſo lange auf die Seite ſetzen, biß ſich die Grauſamkeit geleget hat. Der eine Schelm fiel meinem Pferde in den Zaum, und ehe ich noch nach dem Gewehr greiffen kunte, ward ich umbringet, und ſagte der Boͤſewicht der mein Pferd hielt: Verwegener, du Jung-
fern-
Q 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0259"n="243"/>
Dienern zu Pferde, und ritten voraus, kamen<lb/>
auch geſtern Abend gluͤcklich zu <hirendition="#aq">Halid,</hi> ein<lb/>
Dorff, ohngefehr eine Meile von hier an, eine<lb/>
halbe Stunde darauff kam auch meine Frau<lb/>
Mutter nachgefahren, alda blieben wir uͤber<lb/>
Nacht. Heute Morgen bey guter Zeit gien-<lb/>
gen wir mit der Frau Mutter aus, ritten aber<lb/>
ein wenig voran, und als wir nahe an den<lb/>
Wald kamen, wolten wir die Frau Mutter<lb/>
erwarten, ſandten einen Diener von uns ab,<lb/>
umb zu ſehen, ob ſie bald nachkaͤme, und rit-<lb/>
ten mit einen Diener Schrit vor Schrit vor-<lb/>
aus. Ehe wir es uns verſahen, kamen eilff<lb/>
Reuter gegen uns angeſprengt; der laͤngſte<lb/>ſo verkappt war, gieng auf meinen Vetter,<lb/>
als der verkleideten Jungfer zu, dieſer nicht<lb/>
faul, zog die Piſtole, und ſchrye er ſolte vom<lb/>
Leibe bleiben oder gebe Feuer, ſo auch geſcha-<lb/>
he, verfehlte aber. Hiermit zog er vom Le-<lb/>
der, jener wolte lange nicht, muſte aber doch<lb/>
endlich ſein Gewehr bloͤſſen, ſagende; wann<lb/>
Jungfern ſo ſcharff fechten wollen, muß man<lb/>
die Guͤtigkeit ſo lange auf die Seite ſetzen, biß<lb/>ſich die Grauſamkeit geleget hat. Der eine<lb/>
Schelm fiel meinem Pferde in den Zaum, und<lb/>
ehe ich noch nach dem Gewehr greiffen kunte,<lb/>
ward ich umbringet, und ſagte der Boͤſewicht<lb/>
der mein Pferd hielt: Verwegener, du Jung-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">fern-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[243/0259]
Dienern zu Pferde, und ritten voraus, kamen
auch geſtern Abend gluͤcklich zu Halid, ein
Dorff, ohngefehr eine Meile von hier an, eine
halbe Stunde darauff kam auch meine Frau
Mutter nachgefahren, alda blieben wir uͤber
Nacht. Heute Morgen bey guter Zeit gien-
gen wir mit der Frau Mutter aus, ritten aber
ein wenig voran, und als wir nahe an den
Wald kamen, wolten wir die Frau Mutter
erwarten, ſandten einen Diener von uns ab,
umb zu ſehen, ob ſie bald nachkaͤme, und rit-
ten mit einen Diener Schrit vor Schrit vor-
aus. Ehe wir es uns verſahen, kamen eilff
Reuter gegen uns angeſprengt; der laͤngſte
ſo verkappt war, gieng auf meinen Vetter,
als der verkleideten Jungfer zu, dieſer nicht
faul, zog die Piſtole, und ſchrye er ſolte vom
Leibe bleiben oder gebe Feuer, ſo auch geſcha-
he, verfehlte aber. Hiermit zog er vom Le-
der, jener wolte lange nicht, muſte aber doch
endlich ſein Gewehr bloͤſſen, ſagende; wann
Jungfern ſo ſcharff fechten wollen, muß man
die Guͤtigkeit ſo lange auf die Seite ſetzen, biß
ſich die Grauſamkeit geleget hat. Der eine
Schelm fiel meinem Pferde in den Zaum, und
ehe ich noch nach dem Gewehr greiffen kunte,
ward ich umbringet, und ſagte der Boͤſewicht
der mein Pferd hielt: Verwegener, du Jung-
fern-
Q 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/259>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.