ihre Armuth durch eine krumme Hand und leichtfertigen Nachsinnen subleviren kön- nen. Jndem kam auch der Bräutigam, als ihn Gotthart ersahe, sprach er: HErr Va- ter, sie belieben die unerhörte Ungleichheit des Bräutigams und der Braut zu betrachten: Er ein Mann von etliche 60. Jahren sie von zwantzigen, er als ein Sceleton, sie als ein Ala- basternes Bild, er den Leibe nach ungestalt, sie in der grösten Schönheit; Wohl geurtheilt Herr Sohn, replicirte Eckarth. Ach schade, schade, wie so gar verblendet der Teuffel der- gleichen Eltern, die ihre Kinder in ein solche La- byrinth des leidigen Geldes halber setzen, nicht so wohl daß sie vermeynen ihnen dasselbe zu zu- schantzen, sondern nur dadurch Gelegenheit suchen, wann sie dasjenige, was ihren Kin- dern von Rechts-wegen zukommt, verschwen- det und durchgebracht haben, ihnen nicht zu- stellen dörffen; Jndem sie also redeten kam ei- ner Nerbo genannt, schwartz bekleidet hin- nein; Da denn nach geschehenen Compli- menten er sich niedersetzte. Eckarth fuhr fort: Dieser Verderbungs-Gast ziehet solchen El- tern eine Ochsen-Haut vor die Augen, daß, obgleich das Gewissen ihnen Sternlein und Spinneweben genung vor das Gesichte kom- men läßt, damit doch dergleichen Eltern ihre
Feh-
ihre Armuth durch eine krumme Hand und leichtfertigen Nachſinnen ſubleviren koͤn- nen. Jndem kam auch der Braͤutigam, als ihn Gotthart erſahe, ſprach er: HErr Va- ter, ſie belieben die unerhoͤrte Ungleichheit des Braͤutigams und der Braut zu betrachten: Er ein Mann von etliche 60. Jahren ſie von zwantzigen, er als ein Sceleton, ſie als ein Ala- baſternes Bild, er den Leibe nach ungeſtalt, ſie in der groͤſten Schoͤnheit; Wohl geurtheilt Herr Sohn, replicirte Eckarth. Ach ſchade, ſchade, wie ſo gar verblendet der Teuffel der- gleichen Eltern, die ihre Kinder in ein ſolche La- byrinth des leidigen Geldes halber ſetzen, nicht ſo wohl daß ſie vermeynen ihnen daſſelbe zu zu- ſchantzen, ſondern nur dadurch Gelegenheit ſuchen, wann ſie dasjenige, was ihren Kin- dern von Rechts-wegen zukommt, verſchwen- det und durchgebracht haben, ihnen nicht zu- ſtellen doͤrffen; Jndem ſie alſo redeten kam ei- ner Nerbo genannt, ſchwartz bekleidet hin- nein; Da denn nach geſchehenen Compli- menten er ſich niederſetzte. Eckarth fuhr fort: Dieſer Verderbungs-Gaſt ziehet ſolchen El- tern eine Ochſen-Haut vor die Augen, daß, obgleich das Gewiſſen ihnen Sternlein und Spinneweben genung vor das Geſichte kom- men laͤßt, damit doch dergleichen Eltern ihre
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[204/0220]
ihre Armuth durch eine krumme Hand und
leichtfertigen Nachſinnen ſubleviren koͤn-
nen. Jndem kam auch der Braͤutigam, als
ihn Gotthart erſahe, ſprach er: HErr Va-
ter, ſie belieben die unerhoͤrte Ungleichheit des
Braͤutigams und der Braut zu betrachten:
Er ein Mann von etliche 60. Jahren ſie von
zwantzigen, er als ein Sceleton, ſie als ein Ala-
baſternes Bild, er den Leibe nach ungeſtalt,
ſie in der groͤſten Schoͤnheit; Wohl geurtheilt
Herr Sohn, replicirte Eckarth. Ach ſchade,
ſchade, wie ſo gar verblendet der Teuffel der-
gleichen Eltern, die ihre Kinder in ein ſolche La-
byrinth des leidigen Geldes halber ſetzen, nicht
ſo wohl daß ſie vermeynen ihnen daſſelbe zu zu-
ſchantzen, ſondern nur dadurch Gelegenheit
ſuchen, wann ſie dasjenige, was ihren Kin-
dern von Rechts-wegen zukommt, verſchwen-
det und durchgebracht haben, ihnen nicht zu-
ſtellen doͤrffen; Jndem ſie alſo redeten kam ei-
ner Nerbo genannt, ſchwartz bekleidet hin-
nein; Da denn nach geſchehenen Compli-
menten er ſich niederſetzte. Eckarth fuhr fort:
Dieſer Verderbungs-Gaſt ziehet ſolchen El-
tern eine Ochſen-Haut vor die Augen, daß,
obgleich das Gewiſſen ihnen Sternlein und
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/220>, abgerufen am 22.11.2024.
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