leits-Mann, deme euch zu treuer Obsicht empfiehlet
dein getreuer Vater Ehrenfried etc.
Mülard, als er seine Retour mit guter Ge- Gesundheit vollbracht hatte, rieff er einsmahls seine einige Tochter Freymuth zu sich, er of- fenbahrte ihr sein Vorhaben, wie er in Sili- stria alles zu Gelde machen und so dann sich mit ihr nach Paliro seiner Väterl. Stadt wen- den wolte. Freymuth sprach er: Meine wer- theste einige und aller-liebste Tochter, ob ich wohl nicht schuldig bin, dich in meinen Vor- haben umb Rath zu fragen, jedennoch, weiln ich dich jederzeit getreu erfunden habe, will ich doch gleichwohl von dir vernehmen, wie dein Gemüth sich hierinnen beqvemen wird? Wie! Hertz-liebster Herr Vater, antworte- te Freymuth, bin ich denn seinen Willen und Befehl jemahln zuwider gewesen? Sein Be- gehren ehre ich als ein Geboth, und dessen Mißfallen erreget in mir Todes-Angst. Herr Vater, er thue was er beschlossen hat, ein jeder Orth da er lebet, wird mein Paradieß, und das wildeste Land das ihme einig Vergnügen geben kan, mein Himmel seyn, er ziehe wohin er will, so werde ich seine stetige Begleiterin auch biß in den Todt seyn; Hiermit küßte sie
Mü-
leits-Mann, deme euch zu treuer Obſicht empfiehlet
dein getreuer Vater Ehrenfried ꝛc.
Muͤlard, als er ſeine Retour mit guter Ge- Geſundheit vollbracht hatte, rieff er einsmahls ſeine einige Tochter Freymuth zu ſich, er of- fenbahrte ihr ſein Vorhaben, wie er in Sili- ſtria alles zu Gelde machen und ſo dann ſich mit ihr nach Paliro ſeiner Vaͤterl. Stadt wen- den wolte. Freymuth ſprach er: Meine wer- theſte einige und aller-liebſte Tochter, ob ich wohl nicht ſchuldig bin, dich in meinen Vor- haben umb Rath zu fragen, jedennoch, weiln ich dich jederzeit getreu erfunden habe, will ich doch gleichwohl von dir vernehmen, wie dein Gemuͤth ſich hierinnen beqvemen wird? Wie! Hertz-liebſter Herr Vater, antworte- te Freymuth, bin ich denn ſeinen Willen und Befehl jemahln zuwider geweſen? Sein Be- gehren ehre ich als ein Geboth, und deſſen Mißfallen erreget in mir Todes-Angſt. Herr Vater, er thue was er beſchloſſen hat, ein jeder Orth da er lebet, wird mein Paradieß, und das wildeſte Land das ihme einig Vergnuͤgen geben kan, mein Himmel ſeyn, er ziehe wohin er will, ſo werde ich ſeine ſtetige Begleiterin auch biß in den Todt ſeyn; Hiermit kuͤßte ſie
Muͤ-
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><divtype="letter"><p><pbfacs="#f0122"n="106"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
leits-Mann, deme euch zu treuer Obſicht<lb/>
empfiehlet</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">dein getreuer Vater<lb/>
Ehrenfried ꝛc.</hi></salute></closer></div></body></floatingText><lb/><p>Muͤlard, als er ſeine <hirendition="#aq">Retour</hi> mit guter Ge-<lb/>
Geſundheit vollbracht hatte, rieff er einsmahls<lb/>ſeine einige Tochter Freymuth zu ſich, er of-<lb/>
fenbahrte ihr ſein Vorhaben, wie er in <hirendition="#aq">Sili-<lb/>ſtria</hi> alles zu Gelde machen und ſo dann ſich<lb/>
mit ihr nach <hirendition="#aq">Paliro</hi>ſeiner Vaͤterl. Stadt wen-<lb/>
den wolte. Freymuth ſprach er: Meine wer-<lb/>
theſte einige und aller-liebſte Tochter, ob ich<lb/>
wohl nicht ſchuldig bin, dich in meinen Vor-<lb/>
haben umb Rath zu fragen, jedennoch, weiln<lb/>
ich dich jederzeit getreu erfunden habe, will<lb/>
ich doch gleichwohl von dir vernehmen, wie<lb/>
dein Gemuͤth ſich hierinnen beqvemen wird?<lb/>
Wie! Hertz-liebſter Herr Vater, antworte-<lb/>
te Freymuth, bin ich denn ſeinen Willen und<lb/>
Befehl jemahln zuwider geweſen? Sein Be-<lb/>
gehren ehre ich als ein Geboth, und deſſen<lb/>
Mißfallen erreget in mir Todes-Angſt. Herr<lb/>
Vater, er thue was er beſchloſſen hat, ein jeder<lb/>
Orth da er lebet, wird mein Paradieß, und<lb/>
das wildeſte Land das ihme einig Vergnuͤgen<lb/>
geben kan, mein Himmel ſeyn, er ziehe wohin<lb/>
er will, ſo werde ich ſeine ſtetige Begleiterin<lb/>
auch biß in den Todt ſeyn; Hiermit kuͤßte ſie<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Muͤ-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[106/0122]
leits-Mann, deme euch zu treuer Obſicht
empfiehlet
dein getreuer Vater
Ehrenfried ꝛc.
Muͤlard, als er ſeine Retour mit guter Ge-
Geſundheit vollbracht hatte, rieff er einsmahls
ſeine einige Tochter Freymuth zu ſich, er of-
fenbahrte ihr ſein Vorhaben, wie er in Sili-
ſtria alles zu Gelde machen und ſo dann ſich
mit ihr nach Paliro ſeiner Vaͤterl. Stadt wen-
den wolte. Freymuth ſprach er: Meine wer-
theſte einige und aller-liebſte Tochter, ob ich
wohl nicht ſchuldig bin, dich in meinen Vor-
haben umb Rath zu fragen, jedennoch, weiln
ich dich jederzeit getreu erfunden habe, will
ich doch gleichwohl von dir vernehmen, wie
dein Gemuͤth ſich hierinnen beqvemen wird?
Wie! Hertz-liebſter Herr Vater, antworte-
te Freymuth, bin ich denn ſeinen Willen und
Befehl jemahln zuwider geweſen? Sein Be-
gehren ehre ich als ein Geboth, und deſſen
Mißfallen erreget in mir Todes-Angſt. Herr
Vater, er thue was er beſchloſſen hat, ein jeder
Orth da er lebet, wird mein Paradieß, und
das wildeſte Land das ihme einig Vergnuͤgen
geben kan, mein Himmel ſeyn, er ziehe wohin
er will, ſo werde ich ſeine ſtetige Begleiterin
auch biß in den Todt ſeyn; Hiermit kuͤßte ſie
Muͤ-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/122>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.