Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.spazierte damit auf dem Gange vor dem Hause auf Als ich aufwachte, rieselte mir die Morgenluft durch ſpazierte damit auf dem Gange vor dem Hauſe auf Als ich aufwachte, rieſelte mir die Morgenluft durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0094" n="84"/> ſpazierte damit auf dem Gange vor dem Hauſe auf<lb/> und nieder, und ſpielte und ſang das Lied von der<lb/> ſchoͤnen Frau, und ſpielte voll Vergnuͤgen alle meine<lb/> Lieder durch, die ich damals in den ſchoͤnen Sommer¬<lb/> naͤchten im Schloßgarten, oder auf der Bank vor dem<lb/> Zollhauſe geſpielt hatte, daß es weit bis in die Fenſter<lb/> des Schloſſes hinuͤber klang. — Aber es half alles nichts,<lb/> es ruͤhrte und regte ſich Niemand im ganzen Hauſe.<lb/> Da ſteckte ich endlich meine Geige traurig ein, und<lb/> legte mich auf die Schwelle vor der Hausthuͤr hin,<lb/> denn ich war ſehr muͤde von dem langen Marſch. Die<lb/> Nacht war warm, die Blumenbeete vor dem Hauſe<lb/> dufteten lieblich, eine Waſſerkunſt weiter unten im<lb/> Garten plaͤtſcherte immerfort dazwiſchen. Mir traͤumte<lb/> von himmelblauen Blumen, von ſchoͤnen, dunkelgruͤ¬<lb/> nen, einſamen Gruͤnden, wo Quellen rauſchten und<lb/> Baͤchlein gingen, und bunte Voͤgel wunderbar ſangen,<lb/> bis ich endlich feſt einſchlief.</p><lb/> <p>Als ich aufwachte, rieſelte mir die Morgenluft durch<lb/> alle Glieder. Die Voͤgel waren ſchon wach und zwit¬<lb/> ſcherten auf den Baͤumen um mich herum, als ob ſie<lb/> mich fuͤr'n Narren haben wollten. Ich ſprang raſch<lb/> auf und ſah mich nach allen Seiten um. Die Waſſer¬<lb/> kunſt im Garten rauſchte noch immerfort, aber in dem<lb/> Hauſe war kein Laut zu vernehmen. Ich guckte durch<lb/> die gruͤnen Jalouſien in das eine Zimmer hinein. Da<lb/> war ein Sopha, und ein großer runder Tiſch mit grauer<lb/> Leinwand verhangen, die Stuͤhle ſtanden alle in großer<lb/> Ordnung und unverruͤckt an den Waͤnden herum; von<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0094]
ſpazierte damit auf dem Gange vor dem Hauſe auf
und nieder, und ſpielte und ſang das Lied von der
ſchoͤnen Frau, und ſpielte voll Vergnuͤgen alle meine
Lieder durch, die ich damals in den ſchoͤnen Sommer¬
naͤchten im Schloßgarten, oder auf der Bank vor dem
Zollhauſe geſpielt hatte, daß es weit bis in die Fenſter
des Schloſſes hinuͤber klang. — Aber es half alles nichts,
es ruͤhrte und regte ſich Niemand im ganzen Hauſe.
Da ſteckte ich endlich meine Geige traurig ein, und
legte mich auf die Schwelle vor der Hausthuͤr hin,
denn ich war ſehr muͤde von dem langen Marſch. Die
Nacht war warm, die Blumenbeete vor dem Hauſe
dufteten lieblich, eine Waſſerkunſt weiter unten im
Garten plaͤtſcherte immerfort dazwiſchen. Mir traͤumte
von himmelblauen Blumen, von ſchoͤnen, dunkelgruͤ¬
nen, einſamen Gruͤnden, wo Quellen rauſchten und
Baͤchlein gingen, und bunte Voͤgel wunderbar ſangen,
bis ich endlich feſt einſchlief.
Als ich aufwachte, rieſelte mir die Morgenluft durch
alle Glieder. Die Voͤgel waren ſchon wach und zwit¬
ſcherten auf den Baͤumen um mich herum, als ob ſie
mich fuͤr'n Narren haben wollten. Ich ſprang raſch
auf und ſah mich nach allen Seiten um. Die Waſſer¬
kunſt im Garten rauſchte noch immerfort, aber in dem
Hauſe war kein Laut zu vernehmen. Ich guckte durch
die gruͤnen Jalouſien in das eine Zimmer hinein. Da
war ein Sopha, und ein großer runder Tiſch mit grauer
Leinwand verhangen, die Stuͤhle ſtanden alle in großer
Ordnung und unverruͤckt an den Waͤnden herum; von
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