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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

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leise auf meine Thüre zu, dabei war es, als wenn zu¬
weilen Stimmen heimlich mit einander wisperten. Ich
sprang schnell an das andere Ende der Stube hinter
einen großen Tisch, den ich, sobald sich etwas rührte,
vor mir aufheben, und so mit aller Gewalt auf die
Thüre losrennen wollte. Aber in der Finsterniß warf
ich einen Stuhl um, daß es ein entsetzliches Gepolter
gab. Da wurde es auf einmal ganz still draußen. Ich
lauschte hinter dem Tisch und sah immerfort nach der
Thür, als wenn ich sie mit den Augen durchstechen
wollte, daß mir ordentlich die Augen zum Kopfe her¬
aus standen. Als ich mich ein Weilchen wieder so ru¬
hig verhalten hatte, daß man die Fliegen an der Wand
hätte gehen hören, vernahm ich, wie Jemand von drau¬
ßen ganz leise einen Schlüssel ins Schlüsselloch steckte.
Ich wollte nun eben mit meinem Tische losfahren, da
drehte es den Schlüssel langsam dreimal in der Thür
um, zog ihn vorsichtig wieder heraus und schnurrte
dann sachte über den Gang und die Treppe hinunter.

Ich schöpfte nun tief Athem. Oho, dachte ich, da
haben sie Dich eingesperrt, damit sie's kommode haben,
wenn ich erst fest eingeschlafen bin. Ich untersuchte
geschwind die Thür. Es war richtig, sie war fest ver¬
schlossen, eben so die andere Thür, hinter der die hüb¬
sche bleiche Magd schlief. Das war noch niemals ge¬
schehen, so lange ich auf dem Schlosse wohnte.

Da saß ich nun in der Fremde gefangen! Die
schöne Frau stand nun wohl an ihrem Fenster und sah
über den stillen Garten nach der Landstraße hinaus

leiſe auf meine Thuͤre zu, dabei war es, als wenn zu¬
weilen Stimmen heimlich mit einander wisperten. Ich
ſprang ſchnell an das andere Ende der Stube hinter
einen großen Tiſch, den ich, ſobald ſich etwas ruͤhrte,
vor mir aufheben, und ſo mit aller Gewalt auf die
Thuͤre losrennen wollte. Aber in der Finſterniß warf
ich einen Stuhl um, daß es ein entſetzliches Gepolter
gab. Da wurde es auf einmal ganz ſtill draußen. Ich
lauſchte hinter dem Tiſch und ſah immerfort nach der
Thuͤr, als wenn ich ſie mit den Augen durchſtechen
wollte, daß mir ordentlich die Augen zum Kopfe her¬
aus ſtanden. Als ich mich ein Weilchen wieder ſo ru¬
hig verhalten hatte, daß man die Fliegen an der Wand
haͤtte gehen hoͤren, vernahm ich, wie Jemand von drau¬
ßen ganz leiſe einen Schluͤſſel ins Schluͤſſelloch ſteckte.
Ich wollte nun eben mit meinem Tiſche losfahren, da
drehte es den Schluͤſſel langſam dreimal in der Thuͤr
um, zog ihn vorſichtig wieder heraus und ſchnurrte
dann ſachte uͤber den Gang und die Treppe hinunter.

Ich ſchoͤpfte nun tief Athem. Oho, dachte ich, da
haben ſie Dich eingeſperrt, damit ſie's kommode haben,
wenn ich erſt feſt eingeſchlafen bin. Ich unterſuchte
geſchwind die Thuͤr. Es war richtig, ſie war feſt ver¬
ſchloſſen, eben ſo die andere Thuͤr, hinter der die huͤb¬
ſche bleiche Magd ſchlief. Das war noch niemals ge¬
ſchehen, ſo lange ich auf dem Schloſſe wohnte.

Da ſaß ich nun in der Fremde gefangen! Die
ſchoͤne Frau ſtand nun wohl an ihrem Fenſter und ſah
uͤber den ſtillen Garten nach der Landſtraße hinaus

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[77/0087] leiſe auf meine Thuͤre zu, dabei war es, als wenn zu¬ weilen Stimmen heimlich mit einander wisperten. Ich ſprang ſchnell an das andere Ende der Stube hinter einen großen Tiſch, den ich, ſobald ſich etwas ruͤhrte, vor mir aufheben, und ſo mit aller Gewalt auf die Thuͤre losrennen wollte. Aber in der Finſterniß warf ich einen Stuhl um, daß es ein entſetzliches Gepolter gab. Da wurde es auf einmal ganz ſtill draußen. Ich lauſchte hinter dem Tiſch und ſah immerfort nach der Thuͤr, als wenn ich ſie mit den Augen durchſtechen wollte, daß mir ordentlich die Augen zum Kopfe her¬ aus ſtanden. Als ich mich ein Weilchen wieder ſo ru¬ hig verhalten hatte, daß man die Fliegen an der Wand haͤtte gehen hoͤren, vernahm ich, wie Jemand von drau¬ ßen ganz leiſe einen Schluͤſſel ins Schluͤſſelloch ſteckte. Ich wollte nun eben mit meinem Tiſche losfahren, da drehte es den Schluͤſſel langſam dreimal in der Thuͤr um, zog ihn vorſichtig wieder heraus und ſchnurrte dann ſachte uͤber den Gang und die Treppe hinunter. Ich ſchoͤpfte nun tief Athem. Oho, dachte ich, da haben ſie Dich eingeſperrt, damit ſie's kommode haben, wenn ich erſt feſt eingeſchlafen bin. Ich unterſuchte geſchwind die Thuͤr. Es war richtig, ſie war feſt ver¬ ſchloſſen, eben ſo die andere Thuͤr, hinter der die huͤb¬ ſche bleiche Magd ſchlief. Das war noch niemals ge¬ ſchehen, ſo lange ich auf dem Schloſſe wohnte. Da ſaß ich nun in der Fremde gefangen! Die ſchoͤne Frau ſtand nun wohl an ihrem Fenſter und ſah uͤber den ſtillen Garten nach der Landſtraße hinaus

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/87>, abgerufen am 25.11.2024.