Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.stiller, die Sonne war auch schon lange untergegan¬ Ich war innerlich so fröhlich und unruhig, daß Was wollen die, dachte ich, zu dieser Stunde noch ſtiller, die Sonne war auch ſchon lange untergegan¬ Ich war innerlich ſo froͤhlich und unruhig, daß Was wollen die, dachte ich, zu dieſer Stunde noch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0086" n="76"/> ſtiller, die Sonne war auch ſchon lange untergegan¬<lb/> gen, und ſo wuͤnſchte ich Allen gute Nacht und ging<lb/> nachdenklich in meine Schlafſtube hinauf.</p><lb/> <p>Ich war innerlich ſo froͤhlich und unruhig, daß<lb/> ich noch lange im Zimmer auf und niederging. Drau¬<lb/> ßen waͤlzte der Wind ſchwere ſchwarze Wolken uͤber den<lb/> Schloßthurm weg, man konnte kaum die naͤchſten Berg¬<lb/> koppen in der dicken Finſterniß erkennen. Da kam es<lb/> mir vor, als wenn ich im Garten unten Stimmen<lb/> hoͤrte. Ich loͤſchte mein Licht aus, und ſtellte mich ans<lb/> Fenſter. Die Stimmen ſchienen naͤher zu kommen,<lb/> ſprachen aber ſehr leiſe mit einander. Auf einmal gab<lb/> eine kleine Laterne, welche die eine Geſtalt unterm<lb/> Mantel trug, einen langen Schein. Ich erkannte nun<lb/> den graͤmlichen Schloßverwalter und die alte Haus¬<lb/> haͤlterin. Das Licht blitzte uͤber das Geſicht der Alten,<lb/> das mir noch niemals ſo graͤßlich vorgekommen war,<lb/> und uͤber ein langes Meſſer, das ſie in der Hand hielt.<lb/> Dabei konnte ich ſehen, daß ſie beide eben nach mei¬<lb/> nem Fenſter hinaufſahen. Dann ſchlug der Verwalter<lb/> ſeinen Mantel wieder dichter um, und es war bald<lb/> Alles wieder finſter und ſtill.</p><lb/> <p>Was wollen die, dachte ich, zu dieſer Stunde noch<lb/> draußen im Garten? Mich ſchauderte, denn es fielen<lb/> mir alle Mordgeſchichten ein, die ich in meinem Leben<lb/> gehoͤrt hatte, von Hexen und Raͤubern, welche Men¬<lb/> ſchen abſchlachten, um ihre Herzen zu freſſen. Indem<lb/> ich noch ſo nachdenke, kommen Menſchentritte, erſt die<lb/> Treppe herauf, dann auf dem langen Gange ganz leiſe,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0086]
ſtiller, die Sonne war auch ſchon lange untergegan¬
gen, und ſo wuͤnſchte ich Allen gute Nacht und ging
nachdenklich in meine Schlafſtube hinauf.
Ich war innerlich ſo froͤhlich und unruhig, daß
ich noch lange im Zimmer auf und niederging. Drau¬
ßen waͤlzte der Wind ſchwere ſchwarze Wolken uͤber den
Schloßthurm weg, man konnte kaum die naͤchſten Berg¬
koppen in der dicken Finſterniß erkennen. Da kam es
mir vor, als wenn ich im Garten unten Stimmen
hoͤrte. Ich loͤſchte mein Licht aus, und ſtellte mich ans
Fenſter. Die Stimmen ſchienen naͤher zu kommen,
ſprachen aber ſehr leiſe mit einander. Auf einmal gab
eine kleine Laterne, welche die eine Geſtalt unterm
Mantel trug, einen langen Schein. Ich erkannte nun
den graͤmlichen Schloßverwalter und die alte Haus¬
haͤlterin. Das Licht blitzte uͤber das Geſicht der Alten,
das mir noch niemals ſo graͤßlich vorgekommen war,
und uͤber ein langes Meſſer, das ſie in der Hand hielt.
Dabei konnte ich ſehen, daß ſie beide eben nach mei¬
nem Fenſter hinaufſahen. Dann ſchlug der Verwalter
ſeinen Mantel wieder dichter um, und es war bald
Alles wieder finſter und ſtill.
Was wollen die, dachte ich, zu dieſer Stunde noch
draußen im Garten? Mich ſchauderte, denn es fielen
mir alle Mordgeſchichten ein, die ich in meinem Leben
gehoͤrt hatte, von Hexen und Raͤubern, welche Men¬
ſchen abſchlachten, um ihre Herzen zu freſſen. Indem
ich noch ſo nachdenke, kommen Menſchentritte, erſt die
Treppe herauf, dann auf dem langen Gange ganz leiſe,
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