Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.Nacht, als führen wir in ein großes Grabgewölbe hin¬ Ich aber war froh, als ich bald darauf von ferne Nacht, als fuͤhren wir in ein großes Grabgewoͤlbe hin¬ Ich aber war froh, als ich bald darauf von ferne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0072" n="62"/> Nacht, als fuͤhren wir in ein großes Grabgewoͤlbe hin¬<lb/> ein. Nur von vielen Waſſerfaͤllen, die man aber nicht<lb/> ſehen konnte, war ein unaufhoͤrliches Rauſchen tiefer<lb/> im Walde, und die Kaͤutzchen riefen aus der Ferne im¬<lb/> merfort: „Komm mit, Komm mit!“ — Dabei kam es<lb/> mir vor, als wenn der Kutſcher, der, wie ich jetzt erſt<lb/> ſah, gar keine Uniform hatte und kein Poſtillon war, ſich<lb/> einigemal unruhig umſahe und ſchneller zu fahren an¬<lb/> fing, und wie ich mich recht zum Wagen herauslegte,<lb/> kam ploͤtzlich ein Reiter aus dem Gebuͤſch hervor,<lb/> ſprengte dicht vor unſeren Pferden quer uͤber den Weg,<lb/> und verlor ſich ſogleich wieder auf der andern Seite<lb/> im Walde. Ich war ganz verwirrt, denn, ſoviel ich<lb/> bei dem hellen Mondſchein erkennen konnte, war es<lb/> daſſelbe buckliche Maͤnnlein auf ſeinem Schimmel, das<lb/> in dem Wirthshauſe mit der Adlernaſe nach mir ge¬<lb/> hackt hatte. Der Kutſcher ſchuͤttelte den Kopf und<lb/> lachte laut auf uͤber die naͤrriſche Reiterei, wandte ſich<lb/> aber dann raſch zu mir um, ſprach ſehr viel und ſehr<lb/> eifrig, wovon ich leider nichts verſtand, und fuhr dann<lb/> noch raſcher fort.</p><lb/> <p>Ich aber war froh, als ich bald darauf von ferne<lb/> ein Licht ſchimmern ſah. Es fanden ſich nach und nach<lb/> noch mehrere Lichter, ſie wurden immer groͤßer und<lb/> heller, und endlich kamen wir an einigen verraͤucherten<lb/> Huͤtten voruͤber, die wie Schwalbenneſter auf dem Fel¬<lb/> ſen hingen. Da die Nacht warm war, ſo ſtanden die<lb/> Thuͤren offen, und ich konnte darin die hell erleuchte¬<lb/> ten Stuben und allerlei lumpiges Geſindel ſehen, das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0072]
Nacht, als fuͤhren wir in ein großes Grabgewoͤlbe hin¬
ein. Nur von vielen Waſſerfaͤllen, die man aber nicht
ſehen konnte, war ein unaufhoͤrliches Rauſchen tiefer
im Walde, und die Kaͤutzchen riefen aus der Ferne im¬
merfort: „Komm mit, Komm mit!“ — Dabei kam es
mir vor, als wenn der Kutſcher, der, wie ich jetzt erſt
ſah, gar keine Uniform hatte und kein Poſtillon war, ſich
einigemal unruhig umſahe und ſchneller zu fahren an¬
fing, und wie ich mich recht zum Wagen herauslegte,
kam ploͤtzlich ein Reiter aus dem Gebuͤſch hervor,
ſprengte dicht vor unſeren Pferden quer uͤber den Weg,
und verlor ſich ſogleich wieder auf der andern Seite
im Walde. Ich war ganz verwirrt, denn, ſoviel ich
bei dem hellen Mondſchein erkennen konnte, war es
daſſelbe buckliche Maͤnnlein auf ſeinem Schimmel, das
in dem Wirthshauſe mit der Adlernaſe nach mir ge¬
hackt hatte. Der Kutſcher ſchuͤttelte den Kopf und
lachte laut auf uͤber die naͤrriſche Reiterei, wandte ſich
aber dann raſch zu mir um, ſprach ſehr viel und ſehr
eifrig, wovon ich leider nichts verſtand, und fuhr dann
noch raſcher fort.
Ich aber war froh, als ich bald darauf von ferne
ein Licht ſchimmern ſah. Es fanden ſich nach und nach
noch mehrere Lichter, ſie wurden immer groͤßer und
heller, und endlich kamen wir an einigen verraͤucherten
Huͤtten voruͤber, die wie Schwalbenneſter auf dem Fel¬
ſen hingen. Da die Nacht warm war, ſo ſtanden die
Thuͤren offen, und ich konnte darin die hell erleuchte¬
ten Stuben und allerlei lumpiges Geſindel ſehen, das
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