Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.zahlen, und ehe ich mich's versah, war der Beutel leer. Nun saß ich eben voller Gedanken und wußte Das wollte mir gar nicht in den Sinn, denn die zahlen, und ehe ich mich's verſah, war der Beutel leer. Nun ſaß ich eben voller Gedanken und wußte Das wollte mir gar nicht in den Sinn, denn die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0071" n="61"/> zahlen, und ehe ich mich's verſah, war der Beutel leer.<lb/> Anfangs nahm ich mir vor, ſobald wir durch einen ein¬<lb/> ſamen Wald fuͤhren, ſchnell aus dem Wagen zu ſprin¬<lb/> gen und zu entlaufen. Dann aber that es mir wieder<lb/> leid, nun den ſchoͤnen Wagen ſo allein zu laſſen, mit<lb/> dem ich ſonſt wohl noch bis ans Ende der Welt fort¬<lb/> gefahren waͤre.</p><lb/> <p>Nun ſaß ich eben voller Gedanken und wußte<lb/> nicht aus noch ein, als es auf einmal ſeitwaͤrts von<lb/> der Landſtraße abging. Ich ſchrie zum Wagen heraus,<lb/> auf den Poſtillon: wohin er denn fahre? Aber ich<lb/> mochte ſprechen was ich wollte, der Kerl ſagte immer<lb/> bloß: „<hi rendition="#aq">Si, Si</hi>, <hi rendition="#aq">Signore</hi>!“ und fuhr immer uͤber Stock<lb/> und Stein, daß ich aus einer Ecke des Wagens in die<lb/> andere flog.</p><lb/> <p>Das wollte mir gar nicht in den Sinn, denn die<lb/> Landſtraße lief grade durch eine praͤchtige Landſchaft<lb/> auf die untergehende Sonne zu, wohl wie in ein Meer<lb/> von Glanz und Funken. Von der Seite aber, wohin<lb/> wir uns gewendet hatten, lag ein wuͤſtes Gebuͤrge vor<lb/> uns mit grauen Schluchten, zwiſchen denen es ſchon<lb/> lange dunkel geworden war. — Je weiter wir fuhren,<lb/> je wilder und einſamer wurde die Gegend. Endlich<lb/> kam der Mond hinter den Wolken hervor, und ſchien<lb/> auf einmal ſo hell zwiſchen die Baͤume und Felſen<lb/> herein, daß es ordentlich grauslich anzuſehen war.<lb/> Wir konnten nur langſam fahren in den engen ſteinig¬<lb/> ten Schluchten, und das einfoͤrmige ewige Geraſſel des<lb/> Wagens ſchallte an den Steinwaͤnden weit in die ſtille<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0071]
zahlen, und ehe ich mich's verſah, war der Beutel leer.
Anfangs nahm ich mir vor, ſobald wir durch einen ein¬
ſamen Wald fuͤhren, ſchnell aus dem Wagen zu ſprin¬
gen und zu entlaufen. Dann aber that es mir wieder
leid, nun den ſchoͤnen Wagen ſo allein zu laſſen, mit
dem ich ſonſt wohl noch bis ans Ende der Welt fort¬
gefahren waͤre.
Nun ſaß ich eben voller Gedanken und wußte
nicht aus noch ein, als es auf einmal ſeitwaͤrts von
der Landſtraße abging. Ich ſchrie zum Wagen heraus,
auf den Poſtillon: wohin er denn fahre? Aber ich
mochte ſprechen was ich wollte, der Kerl ſagte immer
bloß: „Si, Si, Signore!“ und fuhr immer uͤber Stock
und Stein, daß ich aus einer Ecke des Wagens in die
andere flog.
Das wollte mir gar nicht in den Sinn, denn die
Landſtraße lief grade durch eine praͤchtige Landſchaft
auf die untergehende Sonne zu, wohl wie in ein Meer
von Glanz und Funken. Von der Seite aber, wohin
wir uns gewendet hatten, lag ein wuͤſtes Gebuͤrge vor
uns mit grauen Schluchten, zwiſchen denen es ſchon
lange dunkel geworden war. — Je weiter wir fuhren,
je wilder und einſamer wurde die Gegend. Endlich
kam der Mond hinter den Wolken hervor, und ſchien
auf einmal ſo hell zwiſchen die Baͤume und Felſen
herein, daß es ordentlich grauslich anzuſehen war.
Wir konnten nur langſam fahren in den engen ſteinig¬
ten Schluchten, und das einfoͤrmige ewige Geraſſel des
Wagens ſchallte an den Steinwaͤnden weit in die ſtille
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