zahlen, und ehe ich mich's versah, war der Beutel leer. Anfangs nahm ich mir vor, sobald wir durch einen ein¬ samen Wald führen, schnell aus dem Wagen zu sprin¬ gen und zu entlaufen. Dann aber that es mir wieder leid, nun den schönen Wagen so allein zu lassen, mit dem ich sonst wohl noch bis ans Ende der Welt fort¬ gefahren wäre.
Nun saß ich eben voller Gedanken und wußte nicht aus noch ein, als es auf einmal seitwärts von der Landstraße abging. Ich schrie zum Wagen heraus, auf den Postillon: wohin er denn fahre? Aber ich mochte sprechen was ich wollte, der Kerl sagte immer bloß: "Si, Si, Signore!" und fuhr immer über Stock und Stein, daß ich aus einer Ecke des Wagens in die andere flog.
Das wollte mir gar nicht in den Sinn, denn die Landstraße lief grade durch eine prächtige Landschaft auf die untergehende Sonne zu, wohl wie in ein Meer von Glanz und Funken. Von der Seite aber, wohin wir uns gewendet hatten, lag ein wüstes Gebürge vor uns mit grauen Schluchten, zwischen denen es schon lange dunkel geworden war. -- Je weiter wir fuhren, je wilder und einsamer wurde die Gegend. Endlich kam der Mond hinter den Wolken hervor, und schien auf einmal so hell zwischen die Bäume und Felsen herein, daß es ordentlich grauslich anzusehen war. Wir konnten nur langsam fahren in den engen steinig¬ ten Schluchten, und das einförmige ewige Gerassel des Wagens schallte an den Steinwänden weit in die stille
zahlen, und ehe ich mich's verſah, war der Beutel leer. Anfangs nahm ich mir vor, ſobald wir durch einen ein¬ ſamen Wald fuͤhren, ſchnell aus dem Wagen zu ſprin¬ gen und zu entlaufen. Dann aber that es mir wieder leid, nun den ſchoͤnen Wagen ſo allein zu laſſen, mit dem ich ſonſt wohl noch bis ans Ende der Welt fort¬ gefahren waͤre.
Nun ſaß ich eben voller Gedanken und wußte nicht aus noch ein, als es auf einmal ſeitwaͤrts von der Landſtraße abging. Ich ſchrie zum Wagen heraus, auf den Poſtillon: wohin er denn fahre? Aber ich mochte ſprechen was ich wollte, der Kerl ſagte immer bloß: „Si, Si, Signore!“ und fuhr immer uͤber Stock und Stein, daß ich aus einer Ecke des Wagens in die andere flog.
Das wollte mir gar nicht in den Sinn, denn die Landſtraße lief grade durch eine praͤchtige Landſchaft auf die untergehende Sonne zu, wohl wie in ein Meer von Glanz und Funken. Von der Seite aber, wohin wir uns gewendet hatten, lag ein wuͤſtes Gebuͤrge vor uns mit grauen Schluchten, zwiſchen denen es ſchon lange dunkel geworden war. — Je weiter wir fuhren, je wilder und einſamer wurde die Gegend. Endlich kam der Mond hinter den Wolken hervor, und ſchien auf einmal ſo hell zwiſchen die Baͤume und Felſen herein, daß es ordentlich grauslich anzuſehen war. Wir konnten nur langſam fahren in den engen ſteinig¬ ten Schluchten, und das einfoͤrmige ewige Geraſſel des Wagens ſchallte an den Steinwaͤnden weit in die ſtille
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zahlen, und ehe ich mich's verſah, war der Beutel leer.
Anfangs nahm ich mir vor, ſobald wir durch einen ein¬
ſamen Wald fuͤhren, ſchnell aus dem Wagen zu ſprin¬
gen und zu entlaufen. Dann aber that es mir wieder
leid, nun den ſchoͤnen Wagen ſo allein zu laſſen, mit
dem ich ſonſt wohl noch bis ans Ende der Welt fort¬
gefahren waͤre.
Nun ſaß ich eben voller Gedanken und wußte
nicht aus noch ein, als es auf einmal ſeitwaͤrts von
der Landſtraße abging. Ich ſchrie zum Wagen heraus,
auf den Poſtillon: wohin er denn fahre? Aber ich
mochte ſprechen was ich wollte, der Kerl ſagte immer
bloß: „Si, Si, Signore!“ und fuhr immer uͤber Stock
und Stein, daß ich aus einer Ecke des Wagens in die
andere flog.
Das wollte mir gar nicht in den Sinn, denn die
Landſtraße lief grade durch eine praͤchtige Landſchaft
auf die untergehende Sonne zu, wohl wie in ein Meer
von Glanz und Funken. Von der Seite aber, wohin
wir uns gewendet hatten, lag ein wuͤſtes Gebuͤrge vor
uns mit grauen Schluchten, zwiſchen denen es ſchon
lange dunkel geworden war. — Je weiter wir fuhren,
je wilder und einſamer wurde die Gegend. Endlich
kam der Mond hinter den Wolken hervor, und ſchien
auf einmal ſo hell zwiſchen die Baͤume und Felſen
herein, daß es ordentlich grauslich anzuſehen war.
Wir konnten nur langſam fahren in den engen ſteinig¬
ten Schluchten, und das einfoͤrmige ewige Geraſſel des
Wagens ſchallte an den Steinwaͤnden weit in die ſtille
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/71>, abgerufen am 09.08.2024.
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