Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.nicht, mich packte da ein närrischer Zorn, daß ich ord¬ Ich aber mußte am Ende laut auflachen und war nicht, mich packte da ein naͤrriſcher Zorn, daß ich ord¬ Ich aber mußte am Ende laut auflachen und war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0030" n="20"/> nicht, mich packte da ein naͤrriſcher Zorn, daß ich ord¬<lb/> entlich am ganzen Leibe zitterte. Mir war auf ein¬<lb/> mal der ganze Kerl mit ſeinem langweiligen Mantel,<lb/> die ewigen Fuͤße, ſein Tabacksſchnupfen, die große<lb/> Naſe und alles abſcheulich. — Ich faßte ihn, wie au¬<lb/> ßer mir, bei der Bruſt und ſagte: „Portier, jetzt<lb/> ſchert Ihr Euch nach Hauſe, oder ich pruͤgle Euch<lb/> hier ſogleich durch!“ Den Portier uͤberfiel bei dieſen<lb/> Worten ſeine alte Meinung, ich waͤre verruͤckt gewor¬<lb/> den. Er ſah mich bedenklich und mit heimlicher Furcht<lb/> an, machte ſich, ohne ein Wort zu ſprechen, von mir<lb/> los und ging, immer noch unheimlich nach mir zuruͤck<lb/> blickend, mit langen Schritten nach dem Schloſſe, wo<lb/> er athemlos ausſagte, ich ſei nun wirklich raſend ge¬<lb/> worden.</p><lb/> <p>Ich aber mußte am Ende laut auflachen und war<lb/> herzlich froh, den ſuperklugen Geſellen los zu ſeyn,<lb/> denn es war grade die Zeit, wo ich den Blumenſtrauß<lb/> immer in die Laube zu legen pflegte. Ich ſprang auch<lb/> heute ſchnell uͤber die Mauer und ging eben auf das<lb/> ſteinerne Tiſchchen los, als ich in einiger Entfernung<lb/> Pferdetritte vernahm. Entſpringen konnt' ich nicht<lb/> mehr, denn ſchon kam meine ſchoͤne gnaͤdige Frau ſel¬<lb/> ber, in einem gruͤnen Jagdhabit und mit nickenden<lb/> Federn auf dem Hute, langſam und wie es ſchien in<lb/> tiefen Gedanken die Allee herabgeritten. Es war mir<lb/> nicht anders zu Muthe, als da ich ſonſt in den alten<lb/> Buͤchern bei meinem Vater von der ſchoͤnen Magelone<lb/> geleſen, wie ſie ſo zwiſchen den immer naͤher ſchallen¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0030]
nicht, mich packte da ein naͤrriſcher Zorn, daß ich ord¬
entlich am ganzen Leibe zitterte. Mir war auf ein¬
mal der ganze Kerl mit ſeinem langweiligen Mantel,
die ewigen Fuͤße, ſein Tabacksſchnupfen, die große
Naſe und alles abſcheulich. — Ich faßte ihn, wie au¬
ßer mir, bei der Bruſt und ſagte: „Portier, jetzt
ſchert Ihr Euch nach Hauſe, oder ich pruͤgle Euch
hier ſogleich durch!“ Den Portier uͤberfiel bei dieſen
Worten ſeine alte Meinung, ich waͤre verruͤckt gewor¬
den. Er ſah mich bedenklich und mit heimlicher Furcht
an, machte ſich, ohne ein Wort zu ſprechen, von mir
los und ging, immer noch unheimlich nach mir zuruͤck
blickend, mit langen Schritten nach dem Schloſſe, wo
er athemlos ausſagte, ich ſei nun wirklich raſend ge¬
worden.
Ich aber mußte am Ende laut auflachen und war
herzlich froh, den ſuperklugen Geſellen los zu ſeyn,
denn es war grade die Zeit, wo ich den Blumenſtrauß
immer in die Laube zu legen pflegte. Ich ſprang auch
heute ſchnell uͤber die Mauer und ging eben auf das
ſteinerne Tiſchchen los, als ich in einiger Entfernung
Pferdetritte vernahm. Entſpringen konnt' ich nicht
mehr, denn ſchon kam meine ſchoͤne gnaͤdige Frau ſel¬
ber, in einem gruͤnen Jagdhabit und mit nickenden
Federn auf dem Hute, langſam und wie es ſchien in
tiefen Gedanken die Allee herabgeritten. Es war mir
nicht anders zu Muthe, als da ich ſonſt in den alten
Buͤchern bei meinem Vater von der ſchoͤnen Magelone
geleſen, wie ſie ſo zwiſchen den immer naͤher ſchallen¬
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