Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
O wecke nicht wieder!
Denn zaub'rische Lieder
Gebunden hier träumen
Auf Feldern und Bäumen,
Und ziehen mich nieder,
So müde vor Weh,
Zu tiefstillem See --
O weck nicht die Lieder!
Du kanntest die Wellen
Des Sees, sie schwellen
In magischen Ringen.
Ein wehmüthig Singen,
Tief unter den Quellen,
Im Schlummer dort hält
Verzaubert die Welt.
Wohl kennst Du die Wellen! --
Kühl wird's auf den Gängen,
Von alten Gesängen
Möcht's Herz mir zerspringen.
So will ich denn singen!
Schmerz fliegt ja auf Klängen
Zu himmlischer Lust,
Und still wird die Brust
Auf kühlgrünen Gängen.
Laß fahren die Träume!
Der Mond scheint durch Bäume,
Die Wälder nur rauschen,
Die Thäler still lauschen,
O wecke nicht wieder!
Denn zaub'riſche Lieder
Gebunden hier traͤumen
Auf Feldern und Baͤumen,
Und ziehen mich nieder,
So muͤde vor Weh,
Zu tiefſtillem See —
O weck nicht die Lieder!
Du kannteſt die Wellen
Des Sees, ſie ſchwellen
In magiſchen Ringen.
Ein wehmuͤthig Singen,
Tief unter den Quellen,
Im Schlummer dort haͤlt
Verzaubert die Welt.
Wohl kennſt Du die Wellen! —
Kuͤhl wird's auf den Gaͤngen,
Von alten Geſaͤngen
Moͤcht's Herz mir zerſpringen.
So will ich denn ſingen!
Schmerz fliegt ja auf Klaͤngen
Zu himmliſcher Luſt,
Und ſtill wird die Bruſt
Auf kuͤhlgruͤnen Gaͤngen.
Laß fahren die Traͤume!
Der Mond ſcheint durch Baͤume,
Die Waͤlder nur rauſchen,
Die Thaͤler ſtill lauſchen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0241" n="231"/>
            <lg n="4">
              <l>O wecke nicht wieder!</l><lb/>
              <l>Denn zaub'ri&#x017F;che Lieder</l><lb/>
              <l>Gebunden hier tra&#x0364;umen</l><lb/>
              <l>Auf Feldern und Ba&#x0364;umen,</l><lb/>
              <l>Und ziehen mich nieder,</l><lb/>
              <l>So mu&#x0364;de vor Weh,</l><lb/>
              <l>Zu tief&#x017F;tillem See &#x2014;</l><lb/>
              <l>O weck nicht die Lieder!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l><hi rendition="#g">Du</hi> kannte&#x017F;t die Wellen</l><lb/>
              <l>Des Sees, &#x017F;ie &#x017F;chwellen</l><lb/>
              <l>In magi&#x017F;chen Ringen.</l><lb/>
              <l>Ein wehmu&#x0364;thig Singen,</l><lb/>
              <l>Tief unter den Quellen,</l><lb/>
              <l>Im Schlummer dort ha&#x0364;lt</l><lb/>
              <l>Verzaubert die Welt.</l><lb/>
              <l>Wohl kenn&#x017F;t Du die Wellen! &#x2014;</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l>Ku&#x0364;hl wird's auf den Ga&#x0364;ngen,</l><lb/>
              <l>Von alten Ge&#x017F;a&#x0364;ngen</l><lb/>
              <l>Mo&#x0364;cht's Herz mir zer&#x017F;pringen.</l><lb/>
              <l>So will ich denn &#x017F;ingen!</l><lb/>
              <l>Schmerz fliegt ja auf Kla&#x0364;ngen</l><lb/>
              <l>Zu himmli&#x017F;cher Lu&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;till wird die Bru&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Auf ku&#x0364;hlgru&#x0364;nen Ga&#x0364;ngen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="7">
              <l>Laß fahren die Tra&#x0364;ume!</l><lb/>
              <l>Der Mond &#x017F;cheint durch Ba&#x0364;ume,</l><lb/>
              <l>Die Wa&#x0364;lder nur rau&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Die Tha&#x0364;ler &#x017F;till lau&#x017F;chen,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0241] O wecke nicht wieder! Denn zaub'riſche Lieder Gebunden hier traͤumen Auf Feldern und Baͤumen, Und ziehen mich nieder, So muͤde vor Weh, Zu tiefſtillem See — O weck nicht die Lieder! Du kannteſt die Wellen Des Sees, ſie ſchwellen In magiſchen Ringen. Ein wehmuͤthig Singen, Tief unter den Quellen, Im Schlummer dort haͤlt Verzaubert die Welt. Wohl kennſt Du die Wellen! — Kuͤhl wird's auf den Gaͤngen, Von alten Geſaͤngen Moͤcht's Herz mir zerſpringen. So will ich denn ſingen! Schmerz fliegt ja auf Klaͤngen Zu himmliſcher Luſt, Und ſtill wird die Bruſt Auf kuͤhlgruͤnen Gaͤngen. Laß fahren die Traͤume! Der Mond ſcheint durch Baͤume, Die Waͤlder nur rauſchen, Die Thaͤler ſtill lauſchen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/241
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/241>, abgerufen am 24.11.2024.