nicht stören. Bald etwas an ihrem dunkeln duftenden Lockengeflecht verbessernd, bald wieder im Spiegel sich betrachtend, sprach sie dabei fortwährend zu dem Jüng¬ ling, mit gleichgültigen Dingen in zierlichen Worten holdselig spielend. Zuweilen wandte sie sich plötzlich um und blickte ihn unter den Rosenkränzen so unbe¬ schreiblich lieblich an, daß es ihm durch die innerste Seele ging. --
Die Nacht hatte indeß schon angefangen, zwischen die fliegenden Abendlichter hinein zu dunkeln, das lu¬ stige Schallen im Garten wurde nach und nach zum leisen Liebesgeflüster, der Mondschein legte sich zaube¬ risch über die schönen Bilder. Da erhob sich die Dame von ihrem blumigen Sitze und faßte Florio'n freund¬ lich bei der Hand, um ihn in das Innere ihres Schlosses zu führen, von dem er bewundernd gespro¬ chen. Viele von den andern folgten ihnen nach. Sie gingen einige Stufen auf und nieder, die Gesellschaft zerstreute sich inzwischen lustig, lachend und scherzend durch die vielfachen Säulengänge, auch Donati war im Schwarme verloren, und bald befand sich Florio mit der Dame allein in einem der prächtigsten Gemächer des Schlosses.
Die schöne Führerin ließ sich hier auf mehrere am Boden liegende seidene Kissen nieder. Sie warf dabei, zierlich wechselnd, ihren weiten, blüthenweißen Schleier in die mannichfaltigsten Richtungen, immer schönere Formen bald enthüllend, bald lose verbergend. Florio betrachtete sie mit flammenden Augen. Da be¬
nicht ſtoͤren. Bald etwas an ihrem dunkeln duftenden Lockengeflecht verbeſſernd, bald wieder im Spiegel ſich betrachtend, ſprach ſie dabei fortwaͤhrend zu dem Juͤng¬ ling, mit gleichguͤltigen Dingen in zierlichen Worten holdſelig ſpielend. Zuweilen wandte ſie ſich ploͤtzlich um und blickte ihn unter den Roſenkraͤnzen ſo unbe¬ ſchreiblich lieblich an, daß es ihm durch die innerſte Seele ging. —
Die Nacht hatte indeß ſchon angefangen, zwiſchen die fliegenden Abendlichter hinein zu dunkeln, das lu¬ ſtige Schallen im Garten wurde nach und nach zum leiſen Liebesgefluͤſter, der Mondſchein legte ſich zaube¬ riſch uͤber die ſchoͤnen Bilder. Da erhob ſich die Dame von ihrem blumigen Sitze und faßte Florio'n freund¬ lich bei der Hand, um ihn in das Innere ihres Schloſſes zu fuͤhren, von dem er bewundernd geſpro¬ chen. Viele von den andern folgten ihnen nach. Sie gingen einige Stufen auf und nieder, die Geſellſchaft zerſtreute ſich inzwiſchen luſtig, lachend und ſcherzend durch die vielfachen Saͤulengaͤnge, auch Donati war im Schwarme verloren, und bald befand ſich Florio mit der Dame allein in einem der praͤchtigſten Gemaͤcher des Schloſſes.
Die ſchoͤne Fuͤhrerin ließ ſich hier auf mehrere am Boden liegende ſeidene Kiſſen nieder. Sie warf dabei, zierlich wechſelnd, ihren weiten, bluͤthenweißen Schleier in die mannichfaltigſten Richtungen, immer ſchoͤnere Formen bald enthuͤllend, bald loſe verbergend. Florio betrachtete ſie mit flammenden Augen. Da be¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0193"n="183"/>
nicht ſtoͤren. Bald etwas an ihrem dunkeln duftenden<lb/>
Lockengeflecht verbeſſernd, bald wieder im Spiegel ſich<lb/>
betrachtend, ſprach ſie dabei fortwaͤhrend zu dem Juͤng¬<lb/>
ling, mit gleichguͤltigen Dingen in zierlichen Worten<lb/>
holdſelig ſpielend. Zuweilen wandte ſie ſich ploͤtzlich<lb/>
um und blickte ihn unter den Roſenkraͤnzen ſo unbe¬<lb/>ſchreiblich lieblich an, daß es ihm durch die innerſte<lb/>
Seele ging. —</p><lb/><p>Die Nacht hatte indeß ſchon angefangen, zwiſchen<lb/>
die fliegenden Abendlichter hinein zu dunkeln, das lu¬<lb/>ſtige Schallen im Garten wurde nach und nach zum<lb/>
leiſen Liebesgefluͤſter, der Mondſchein legte ſich zaube¬<lb/>
riſch uͤber die ſchoͤnen Bilder. Da erhob ſich die Dame<lb/>
von ihrem blumigen Sitze und faßte Florio'n freund¬<lb/>
lich bei der Hand, um ihn in das Innere ihres<lb/>
Schloſſes zu fuͤhren, von dem er bewundernd geſpro¬<lb/>
chen. Viele von den andern folgten ihnen nach. Sie<lb/>
gingen einige Stufen auf und nieder, die Geſellſchaft<lb/>
zerſtreute ſich inzwiſchen luſtig, lachend und ſcherzend<lb/>
durch die vielfachen Saͤulengaͤnge, auch Donati war im<lb/>
Schwarme verloren, und bald befand ſich Florio mit<lb/>
der Dame allein in einem der praͤchtigſten Gemaͤcher<lb/>
des Schloſſes.</p><lb/><p>Die ſchoͤne Fuͤhrerin ließ ſich hier auf mehrere<lb/>
am Boden liegende ſeidene Kiſſen nieder. Sie warf<lb/>
dabei, zierlich wechſelnd, ihren weiten, bluͤthenweißen<lb/>
Schleier in die mannichfaltigſten Richtungen, immer<lb/>ſchoͤnere Formen bald enthuͤllend, bald loſe verbergend.<lb/>
Florio betrachtete ſie mit flammenden Augen. Da be¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[183/0193]
nicht ſtoͤren. Bald etwas an ihrem dunkeln duftenden
Lockengeflecht verbeſſernd, bald wieder im Spiegel ſich
betrachtend, ſprach ſie dabei fortwaͤhrend zu dem Juͤng¬
ling, mit gleichguͤltigen Dingen in zierlichen Worten
holdſelig ſpielend. Zuweilen wandte ſie ſich ploͤtzlich
um und blickte ihn unter den Roſenkraͤnzen ſo unbe¬
ſchreiblich lieblich an, daß es ihm durch die innerſte
Seele ging. —
Die Nacht hatte indeß ſchon angefangen, zwiſchen
die fliegenden Abendlichter hinein zu dunkeln, das lu¬
ſtige Schallen im Garten wurde nach und nach zum
leiſen Liebesgefluͤſter, der Mondſchein legte ſich zaube¬
riſch uͤber die ſchoͤnen Bilder. Da erhob ſich die Dame
von ihrem blumigen Sitze und faßte Florio'n freund¬
lich bei der Hand, um ihn in das Innere ihres
Schloſſes zu fuͤhren, von dem er bewundernd geſpro¬
chen. Viele von den andern folgten ihnen nach. Sie
gingen einige Stufen auf und nieder, die Geſellſchaft
zerſtreute ſich inzwiſchen luſtig, lachend und ſcherzend
durch die vielfachen Saͤulengaͤnge, auch Donati war im
Schwarme verloren, und bald befand ſich Florio mit
der Dame allein in einem der praͤchtigſten Gemaͤcher
des Schloſſes.
Die ſchoͤne Fuͤhrerin ließ ſich hier auf mehrere
am Boden liegende ſeidene Kiſſen nieder. Sie warf
dabei, zierlich wechſelnd, ihren weiten, bluͤthenweißen
Schleier in die mannichfaltigſten Richtungen, immer
ſchoͤnere Formen bald enthuͤllend, bald loſe verbergend.
Florio betrachtete ſie mit flammenden Augen. Da be¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/193>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.