sie abgelegt, ein himmelblaues Gewand, von einem wunderbar zierlichen Gürtel zusammengehalten, um¬ schloß die schönen Glieder. Ein Mädchen, neben ihr kniend, hielt ihr einen reich verzierten Spiegel vor, während mehrere andere beschäftigt waren, ihre anmu¬ thige Gebieterin mit Rosen zu schmücken. Zu ihren Füßen war ein Kreis von Jungfrauen auf dem Rasen gelagert, die sangen mit abwechselnden Stimmen zur Laute, bald hinreißend fröhlich, bald leise klagend, wie Nachtigallen in warmen Sommernächten einander Ant¬ wort geben.
In dem Garten selbst sah man überall ein erfri¬ schendes Wehen und Regen. Viele fremde Herren und Damen wandelten da zwischen den Rosengebüschen und Wasserkünsten in artigen Gesprächen auf und nieder. Reichgeschmückte Edelknaben reichten Wein und mit Blumen verdeckte Orangen und Früchte in silbernen Schaalen umher. Weiter in der Ferne, wie die Lau¬ tenklänge und die Abendstrahlen so über die Blumen¬ felder dahinglitten, erhoben sich hin und her schöne Mädchen, wie aus Mittagsträumen erwachend, aus den Blumen, schüttelten die dunkeln Locken aus der Stirn, wuschen sich die Augen in den klaren Spring¬ brunnen, und mischten sich dann auch in den fröhlichen Schwarm.
Florio's Blicke schweiften wie geblendet über die bunten Bilder, immer mit neuer Trunkenheit wieder zu der schönen Herrin des Schlosses zurückkehrend. Diese ließ sich in ihrem kleinen anmuthigen Geschäft
ſie abgelegt, ein himmelblaues Gewand, von einem wunderbar zierlichen Guͤrtel zuſammengehalten, um¬ ſchloß die ſchoͤnen Glieder. Ein Maͤdchen, neben ihr kniend, hielt ihr einen reich verzierten Spiegel vor, waͤhrend mehrere andere beſchaͤftigt waren, ihre anmu¬ thige Gebieterin mit Roſen zu ſchmuͤcken. Zu ihren Fuͤßen war ein Kreis von Jungfrauen auf dem Raſen gelagert, die ſangen mit abwechſelnden Stimmen zur Laute, bald hinreißend froͤhlich, bald leiſe klagend, wie Nachtigallen in warmen Sommernaͤchten einander Ant¬ wort geben.
In dem Garten ſelbſt ſah man uͤberall ein erfri¬ ſchendes Wehen und Regen. Viele fremde Herren und Damen wandelten da zwiſchen den Roſengebuͤſchen und Waſſerkuͤnſten in artigen Geſpraͤchen auf und nieder. Reichgeſchmuͤckte Edelknaben reichten Wein und mit Blumen verdeckte Orangen und Fruͤchte in ſilbernen Schaalen umher. Weiter in der Ferne, wie die Lau¬ tenklaͤnge und die Abendſtrahlen ſo uͤber die Blumen¬ felder dahinglitten, erhoben ſich hin und her ſchoͤne Maͤdchen, wie aus Mittagstraͤumen erwachend, aus den Blumen, ſchuͤttelten die dunkeln Locken aus der Stirn, wuſchen ſich die Augen in den klaren Spring¬ brunnen, und miſchten ſich dann auch in den froͤhlichen Schwarm.
Florio's Blicke ſchweiften wie geblendet uͤber die bunten Bilder, immer mit neuer Trunkenheit wieder zu der ſchoͤnen Herrin des Schloſſes zuruͤckkehrend. Dieſe ließ ſich in ihrem kleinen anmuthigen Geſchaͤft
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ſie abgelegt, ein himmelblaues Gewand, von einem
wunderbar zierlichen Guͤrtel zuſammengehalten, um¬
ſchloß die ſchoͤnen Glieder. Ein Maͤdchen, neben ihr
kniend, hielt ihr einen reich verzierten Spiegel vor,
waͤhrend mehrere andere beſchaͤftigt waren, ihre anmu¬
thige Gebieterin mit Roſen zu ſchmuͤcken. Zu ihren
Fuͤßen war ein Kreis von Jungfrauen auf dem Raſen
gelagert, die ſangen mit abwechſelnden Stimmen zur
Laute, bald hinreißend froͤhlich, bald leiſe klagend, wie
Nachtigallen in warmen Sommernaͤchten einander Ant¬
wort geben.
In dem Garten ſelbſt ſah man uͤberall ein erfri¬
ſchendes Wehen und Regen. Viele fremde Herren und
Damen wandelten da zwiſchen den Roſengebuͤſchen und
Waſſerkuͤnſten in artigen Geſpraͤchen auf und nieder.
Reichgeſchmuͤckte Edelknaben reichten Wein und mit
Blumen verdeckte Orangen und Fruͤchte in ſilbernen
Schaalen umher. Weiter in der Ferne, wie die Lau¬
tenklaͤnge und die Abendſtrahlen ſo uͤber die Blumen¬
felder dahinglitten, erhoben ſich hin und her ſchoͤne
Maͤdchen, wie aus Mittagstraͤumen erwachend, aus
den Blumen, ſchuͤttelten die dunkeln Locken aus der
Stirn, wuſchen ſich die Augen in den klaren Spring¬
brunnen, und miſchten ſich dann auch in den froͤhlichen
Schwarm.
Florio's Blicke ſchweiften wie geblendet uͤber die
bunten Bilder, immer mit neuer Trunkenheit wieder
zu der ſchoͤnen Herrin des Schloſſes zuruͤckkehrend.
Dieſe ließ ſich in ihrem kleinen anmuthigen Geſchaͤft
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Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/192>, abgerufen am 28.07.2024.
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