Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.spielen, der ihr gar liebliche Töne zu entlocken wußte. Währenddem ließen sich draußen Waldhörner aus "Das Fräulein ist nur selten zu Hause," sagte Do¬ ſpielen, der ihr gar liebliche Toͤne zu entlocken wußte. Waͤhrenddem ließen ſich draußen Waldhoͤrner aus „Das Fraͤulein iſt nur ſelten zu Hauſe,“ ſagte Do¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0190" n="180"/> ſpielen, der ihr gar liebliche Toͤne zu entlocken wußte.<lb/> Die großen, weiten Fenſter ſtanden dabei offen, durch<lb/> welche die lauen Abendluͤfte den Duft vielfacher Blu¬<lb/> men, mit denen das Fenſter beſetzt war, hineinwehten.<lb/> Draußen lag die Stadt im farbigen Duft zwiſchen den<lb/> Gaͤrten und Weinbergen, von denen ein froͤhliches<lb/> Schallen durch die Fenſter heraufkam. Florio war in¬<lb/> nerlichſt vergnuͤgt, denn er gedachte im Stillen immer¬<lb/> fort der ſchoͤnen Frau.</p><lb/> <p>Waͤhrenddem ließen ſich draußen Waldhoͤrner aus<lb/> der Ferne vernehmen. Bald naͤher, bald weit, gaben<lb/> ſie einander unablaͤſſig anmuthig Antwort von den<lb/> gruͤnen Bergen. Donati trat ans Fenſter. „Das iſt<lb/> die Dame,“ ſagte er, „die Ihr in dem ſchoͤnen Garten<lb/> geſehen habt, ſie kehrt ſo eben von der Jagd nach ih¬<lb/> rem Schloſſe zuruͤck.“ Florio blickte hinaus. Da ſah<lb/> er das Fraͤulein auf einem ſchoͤnen Zelter unten uͤber<lb/> den gruͤnen Anger ziehen. Ein Falke, mit einer golde¬<lb/> nen Schnur an ihren Guͤrtel befeſtigt, ſaß auf ihrer<lb/> Hand, ein Edelſtein an ihrer Bruſt warf in der Abend¬<lb/> ſonne lange, gruͤnlichgoldne Scheine uͤber die Wieſe<lb/> hin. Sie nickte freundlich zu ihnen herauf.</p><lb/> <p>„Das Fraͤulein iſt nur ſelten zu Hauſe,“ ſagte Do¬<lb/> nati, „wenn es Euch gefaͤllig waͤre, koͤnnten wir ſie<lb/> noch heute beſuchen.“ Florio fuhr bei dieſen Worten<lb/> freudig aus dem traͤumeriſchen Schauen, in das er<lb/> verſunken ſtand, er haͤtte dem Ritter um den Hals<lb/> fallen moͤgen. — Und bald ſaßen beide draußen zu<lb/> Pferde.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [180/0190]
ſpielen, der ihr gar liebliche Toͤne zu entlocken wußte.
Die großen, weiten Fenſter ſtanden dabei offen, durch
welche die lauen Abendluͤfte den Duft vielfacher Blu¬
men, mit denen das Fenſter beſetzt war, hineinwehten.
Draußen lag die Stadt im farbigen Duft zwiſchen den
Gaͤrten und Weinbergen, von denen ein froͤhliches
Schallen durch die Fenſter heraufkam. Florio war in¬
nerlichſt vergnuͤgt, denn er gedachte im Stillen immer¬
fort der ſchoͤnen Frau.
Waͤhrenddem ließen ſich draußen Waldhoͤrner aus
der Ferne vernehmen. Bald naͤher, bald weit, gaben
ſie einander unablaͤſſig anmuthig Antwort von den
gruͤnen Bergen. Donati trat ans Fenſter. „Das iſt
die Dame,“ ſagte er, „die Ihr in dem ſchoͤnen Garten
geſehen habt, ſie kehrt ſo eben von der Jagd nach ih¬
rem Schloſſe zuruͤck.“ Florio blickte hinaus. Da ſah
er das Fraͤulein auf einem ſchoͤnen Zelter unten uͤber
den gruͤnen Anger ziehen. Ein Falke, mit einer golde¬
nen Schnur an ihren Guͤrtel befeſtigt, ſaß auf ihrer
Hand, ein Edelſtein an ihrer Bruſt warf in der Abend¬
ſonne lange, gruͤnlichgoldne Scheine uͤber die Wieſe
hin. Sie nickte freundlich zu ihnen herauf.
„Das Fraͤulein iſt nur ſelten zu Hauſe,“ ſagte Do¬
nati, „wenn es Euch gefaͤllig waͤre, koͤnnten wir ſie
noch heute beſuchen.“ Florio fuhr bei dieſen Worten
freudig aus dem traͤumeriſchen Schauen, in das er
verſunken ſtand, er haͤtte dem Ritter um den Hals
fallen moͤgen. — Und bald ſaßen beide draußen zu
Pferde.
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