seinen Freund herzlich an der Schwelle des Hauses und führte sie die breiten Stufen hinan in den Saal.
Eine fröhliche Tanzmusik scholl ihnen dort entge¬ gen, eine große Gesellschaft bewegte sich bunt und zier¬ lich durch einander im Glanze unzähliger Lichter, die gleich Sternenkreisen in kristallenen Leuchtern über dem lustigen Schwarme schwebten. Einige tanzten, andere ergötzten sich in lebhaftem Gespräch, viele wa¬ ren maskirt und gaben unwillkührlich durch ihre wun¬ derliche Erscheinung dem anmuthigen Spiele oft plötz¬ lich eine tiefe fast schauerliche Bedeutung.
Florio stand noch still geblendet, selber wie ein anmuthiges Bild, zwischen den schönen schweifenden Bildern. Da trat ein zierliches Mädchen an ihn her¬ an, in griechischem Gewande leicht geschürzt, die schö¬ nen Haare in künstliche Kränze geflochten. Eine Larve verbarg ihr halbes Gesicht und ließ die untere Hälfte nun desto rosiger und reizender sehen. Sie verneigte sich flüchtig, überreichte ihm eine Rose und war schnell wieder in dem Schwarme verloren.
In demselben Augenblick bemerkte er auch, daß der Herr vom Hause dicht bei ihm stand, ihn prüfend an¬ sah, aber schnell wegblickte, als Florio sich umwandte. -- Verwundert durchstrich nun der Letztere die rauschende Menge. Was er heimlich gehofft, fand er nirgends, und er machte sich beinah Vorwürfe, dem fröhlichen Fortunato so leichtsinnig auf dieses Meer von Lust gefolgt zu seyn, das ihn nun immer weiter von jener einsamen hohen Gestalt zu verschlagen schien. Sorglos umspülten in¬
ſeinen Freund herzlich an der Schwelle des Hauſes und fuͤhrte ſie die breiten Stufen hinan in den Saal.
Eine froͤhliche Tanzmuſik ſcholl ihnen dort entge¬ gen, eine große Geſellſchaft bewegte ſich bunt und zier¬ lich durch einander im Glanze unzaͤhliger Lichter, die gleich Sternenkreiſen in kriſtallenen Leuchtern uͤber dem luſtigen Schwarme ſchwebten. Einige tanzten, andere ergoͤtzten ſich in lebhaftem Geſpraͤch, viele wa¬ ren maskirt und gaben unwillkuͤhrlich durch ihre wun¬ derliche Erſcheinung dem anmuthigen Spiele oft ploͤtz¬ lich eine tiefe faſt ſchauerliche Bedeutung.
Florio ſtand noch ſtill geblendet, ſelber wie ein anmuthiges Bild, zwiſchen den ſchoͤnen ſchweifenden Bildern. Da trat ein zierliches Maͤdchen an ihn her¬ an, in griechiſchem Gewande leicht geſchuͤrzt, die ſchoͤ¬ nen Haare in kuͤnſtliche Kraͤnze geflochten. Eine Larve verbarg ihr halbes Geſicht und ließ die untere Haͤlfte nun deſto roſiger und reizender ſehen. Sie verneigte ſich fluͤchtig, uͤberreichte ihm eine Roſe und war ſchnell wieder in dem Schwarme verloren.
In demſelben Augenblick bemerkte er auch, daß der Herr vom Hauſe dicht bei ihm ſtand, ihn pruͤfend an¬ ſah, aber ſchnell wegblickte, als Florio ſich umwandte. — Verwundert durchſtrich nun der Letztere die rauſchende Menge. Was er heimlich gehofft, fand er nirgends, und er machte ſich beinah Vorwuͤrfe, dem froͤhlichen Fortunato ſo leichtſinnig auf dieſes Meer von Luſt gefolgt zu ſeyn, das ihn nun immer weiter von jener einſamen hohen Geſtalt zu verſchlagen ſchien. Sorglos umſpuͤlten in¬
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ſeinen Freund herzlich an der Schwelle des Hauſes
und fuͤhrte ſie die breiten Stufen hinan in den Saal.
Eine froͤhliche Tanzmuſik ſcholl ihnen dort entge¬
gen, eine große Geſellſchaft bewegte ſich bunt und zier¬
lich durch einander im Glanze unzaͤhliger Lichter, die
gleich Sternenkreiſen in kriſtallenen Leuchtern uͤber
dem luſtigen Schwarme ſchwebten. Einige tanzten,
andere ergoͤtzten ſich in lebhaftem Geſpraͤch, viele wa¬
ren maskirt und gaben unwillkuͤhrlich durch ihre wun¬
derliche Erſcheinung dem anmuthigen Spiele oft ploͤtz¬
lich eine tiefe faſt ſchauerliche Bedeutung.
Florio ſtand noch ſtill geblendet, ſelber wie ein
anmuthiges Bild, zwiſchen den ſchoͤnen ſchweifenden
Bildern. Da trat ein zierliches Maͤdchen an ihn her¬
an, in griechiſchem Gewande leicht geſchuͤrzt, die ſchoͤ¬
nen Haare in kuͤnſtliche Kraͤnze geflochten. Eine Larve
verbarg ihr halbes Geſicht und ließ die untere Haͤlfte
nun deſto roſiger und reizender ſehen. Sie verneigte
ſich fluͤchtig, uͤberreichte ihm eine Roſe und war ſchnell
wieder in dem Schwarme verloren.
In demſelben Augenblick bemerkte er auch, daß der
Herr vom Hauſe dicht bei ihm ſtand, ihn pruͤfend an¬
ſah, aber ſchnell wegblickte, als Florio ſich umwandte. —
Verwundert durchſtrich nun der Letztere die rauſchende
Menge. Was er heimlich gehofft, fand er nirgends, und er
machte ſich beinah Vorwuͤrfe, dem froͤhlichen Fortunato
ſo leichtſinnig auf dieſes Meer von Luſt gefolgt zu ſeyn,
das ihn nun immer weiter von jener einſamen hohen
Geſtalt zu verſchlagen ſchien. Sorglos umſpuͤlten in¬
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Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/179>, abgerufen am 28.07.2024.
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