Den lieben Gott laß Ich nur walten; Der Bächlein Lerchen, Wald und Feld Und Erd' und Himmel will erhalten, Hat auch mein' Sach' auf's Best' bestellt!
Indem wie ich mich so umsehe, kömmt ein köstli¬ cher Reisewagen ganz nahe an mich heran, der mochte wohl schon einige Zeit hinter mir drein gefahren seyn, ohne daß ich es merkte, weil mein Herz so voller Klang war, denn es ging ganz langsam, und zwei vor¬ nehme Damen steckten die Köpfe aus dem Wagen und hörten mir zu. Die eine war besonders schön und jünger als die andere, aber eigentlich gefielen sie mir alle beide. Als ich nun aufhörte zu singen, ließ die äl¬ tere still halten und redete mich holdseelig an: "Ei, lustiger Gesell, Er weiß ja recht hübsche Lieder zu sin¬ gen." Ich nicht zu faul dagegen: "Ew. Gnaden auf¬ zuwarten, wüßt' ich noch viel schönere." Darauf fragte sie mich wieder: "Wohin wandert er denn schon so am frühen Morgen?" Da schämte ich mich, daß ich das selber nicht wußte, und sagte dreist: "Nach W."; nun sprachen beide mit einander in einer fremden Sprache, die ich nicht verstand. Die jüngere schüttelte einigemal mit dem Kopfe, die andere lachte aber in einem fort und rief mir endlich zu: "Spring er nur hinten mit auf, wir fahren auch nach W." Wer war froher als ich! Ich machte einen Reverenz und war mit einem Sprunge hinter dem Wagen, der Kutscher knallte und wir flogen über die glänzende Straße fort, daß mir der Wind am Hute pfiff.
Den lieben Gott laß Ich nur walten; Der Baͤchlein Lerchen, Wald und Feld Und Erd' und Himmel will erhalten, Hat auch mein' Sach' auf's Beſt' beſtellt!
Indem wie ich mich ſo umſehe, koͤmmt ein koͤſtli¬ cher Reiſewagen ganz nahe an mich heran, der mochte wohl ſchon einige Zeit hinter mir drein gefahren ſeyn, ohne daß ich es merkte, weil mein Herz ſo voller Klang war, denn es ging ganz langſam, und zwei vor¬ nehme Damen ſteckten die Koͤpfe aus dem Wagen und hoͤrten mir zu. Die eine war beſonders ſchoͤn und juͤnger als die andere, aber eigentlich gefielen ſie mir alle beide. Als ich nun aufhoͤrte zu ſingen, ließ die aͤl¬ tere ſtill halten und redete mich holdſeelig an: „Ei, luſtiger Geſell, Er weiß ja recht huͤbſche Lieder zu ſin¬ gen.“ Ich nicht zu faul dagegen: „Ew. Gnaden auf¬ zuwarten, wuͤßt' ich noch viel ſchoͤnere.“ Darauf fragte ſie mich wieder: „Wohin wandert er denn ſchon ſo am fruͤhen Morgen?“ Da ſchaͤmte ich mich, daß ich das ſelber nicht wußte, und ſagte dreiſt: „Nach W.“; nun ſprachen beide mit einander in einer fremden Sprache, die ich nicht verſtand. Die juͤngere ſchuͤttelte einigemal mit dem Kopfe, die andere lachte aber in einem fort und rief mir endlich zu: „Spring er nur hinten mit auf, wir fahren auch nach W.“ Wer war froher als ich! Ich machte einen Reverenz und war mit einem Sprunge hinter dem Wagen, der Kutſcher knallte und wir flogen uͤber die glaͤnzende Straße fort, daß mir der Wind am Hute pfiff.
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Den lieben Gott laß Ich nur walten;
Der Baͤchlein Lerchen, Wald und Feld
Und Erd' und Himmel will erhalten,
Hat auch mein' Sach' auf's Beſt' beſtellt!
Indem wie ich mich ſo umſehe, koͤmmt ein koͤſtli¬
cher Reiſewagen ganz nahe an mich heran, der mochte
wohl ſchon einige Zeit hinter mir drein gefahren ſeyn,
ohne daß ich es merkte, weil mein Herz ſo voller
Klang war, denn es ging ganz langſam, und zwei vor¬
nehme Damen ſteckten die Koͤpfe aus dem Wagen und
hoͤrten mir zu. Die eine war beſonders ſchoͤn und
juͤnger als die andere, aber eigentlich gefielen ſie mir
alle beide. Als ich nun aufhoͤrte zu ſingen, ließ die aͤl¬
tere ſtill halten und redete mich holdſeelig an: „Ei,
luſtiger Geſell, Er weiß ja recht huͤbſche Lieder zu ſin¬
gen.“ Ich nicht zu faul dagegen: „Ew. Gnaden auf¬
zuwarten, wuͤßt' ich noch viel ſchoͤnere.“ Darauf fragte
ſie mich wieder: „Wohin wandert er denn ſchon ſo
am fruͤhen Morgen?“ Da ſchaͤmte ich mich, daß ich
das ſelber nicht wußte, und ſagte dreiſt: „Nach W.“;
nun ſprachen beide mit einander in einer fremden
Sprache, die ich nicht verſtand. Die juͤngere ſchuͤttelte
einigemal mit dem Kopfe, die andere lachte aber in
einem fort und rief mir endlich zu: „Spring er nur
hinten mit auf, wir fahren auch nach W.“ Wer war
froher als ich! Ich machte einen Reverenz und war
mit einem Sprunge hinter dem Wagen, der Kutſcher
knallte und wir flogen uͤber die glaͤnzende Straße fort,
daß mir der Wind am Hute pfiff.
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Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/15>, abgerufen am 28.07.2024.
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