"Ich bin ja gar keine Gräfin," fuhr sie fort, "unsere gnädige Gräfin hat mich nur zu sich auf's Schloß ge¬ nommen, da mich mein Onkel, der Portier, als kleines Kind und arme Waise mit hierher brachte."
Nun war's mir doch nicht anders, als wenn mir ein Stein vom Herzen fiele! "Gott segne den Por¬ tier," versetzte ich ganz entzückt, "daß er unser Onkel ist! ich habe immer große Stücke auf ihn gehalten." -- "Er meint es auch gut mit Dir," erwiederte sie, "wenn Du Dich nur etwas vornehmer hieltest, sagt er immer. Du mußt Dich jetzt auch eleganter kleiden." -- "O," rief ich voller Freuden, "englischen Frack, Strohhut und Pumphosen und Sporen! und gleich nach der Trauung reisen wir fort nach Italien, nach Rom, da gehn die schönen Wasserkünste, und nehmen die Prager Studenten mit und den Portier!" -- Sie lächelte still und sah mich recht vergnügt und freundlich an, und von fern schallte immerfort die Musik herüber, und Leuchtkugeln flogen vom Schloß durch die stille Nacht über die Gärten, und die Donau rauschte da¬ zwischen herauf -- und es war alles, alles gut!
„Ich bin ja gar keine Graͤfin,“ fuhr ſie fort, „unſere gnaͤdige Graͤfin hat mich nur zu ſich auf's Schloß ge¬ nommen, da mich mein Onkel, der Portier, als kleines Kind und arme Waiſe mit hierher brachte.“
Nun war's mir doch nicht anders, als wenn mir ein Stein vom Herzen fiele! „Gott ſegne den Por¬ tier,“ verſetzte ich ganz entzuͤckt, „daß er unſer Onkel iſt! ich habe immer große Stuͤcke auf ihn gehalten.“ — „Er meint es auch gut mit Dir,“ erwiederte ſie, „wenn Du Dich nur etwas vornehmer hielteſt, ſagt er immer. Du mußt Dich jetzt auch eleganter kleiden.“ — „O,“ rief ich voller Freuden, „engliſchen Frack, Strohhut und Pumphoſen und Sporen! und gleich nach der Trauung reiſen wir fort nach Italien, nach Rom, da gehn die ſchoͤnen Waſſerkuͤnſte, und nehmen die Prager Studenten mit und den Portier!“ — Sie laͤchelte ſtill und ſah mich recht vergnuͤgt und freundlich an, und von fern ſchallte immerfort die Muſik heruͤber, und Leuchtkugeln flogen vom Schloß durch die ſtille Nacht uͤber die Gaͤrten, und die Donau rauſchte da¬ zwiſchen herauf — und es war alles, alles gut!
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„Ich bin ja gar keine Graͤfin,“ fuhr ſie fort, „unſere
gnaͤdige Graͤfin hat mich nur zu ſich auf's Schloß ge¬
nommen, da mich mein Onkel, der Portier, als kleines
Kind und arme Waiſe mit hierher brachte.“
Nun war's mir doch nicht anders, als wenn mir
ein Stein vom Herzen fiele! „Gott ſegne den Por¬
tier,“ verſetzte ich ganz entzuͤckt, „daß er unſer Onkel
iſt! ich habe immer große Stuͤcke auf ihn gehalten.“ —
„Er meint es auch gut mit Dir,“ erwiederte ſie, „wenn
Du Dich nur etwas vornehmer hielteſt, ſagt er immer.
Du mußt Dich jetzt auch eleganter kleiden.“ — „O,“
rief ich voller Freuden, „engliſchen Frack, Strohhut
und Pumphoſen und Sporen! und gleich nach der
Trauung reiſen wir fort nach Italien, nach Rom, da
gehn die ſchoͤnen Waſſerkuͤnſte, und nehmen die Prager
Studenten mit und den Portier!“ — Sie laͤchelte
ſtill und ſah mich recht vergnuͤgt und freundlich an,
und von fern ſchallte immerfort die Muſik heruͤber,
und Leuchtkugeln flogen vom Schloß durch die ſtille
Nacht uͤber die Gaͤrten, und die Donau rauſchte da¬
zwiſchen herauf — und es war alles, alles gut!
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Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/146>, abgerufen am 17.02.2025.
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