auf den Balkon hinaus, damit ich auch ein Vivat be¬ käme. -- Aber deshalb bist Du wohl damals von hier fortgelaufen?" -- "Ach Gott, freilich!" rief ich aus, und schlug mich mit der Hand vor die Stirn. Sie aber schüttelte mit dem Köpfchen und lachte recht herzlich.
Mir war so wohl, wie sie so fröhlich und vertrau¬ lich neben mir plauderte, ich hätte bis zum Morgen zu¬ hören mögen. Ich war so recht seelenvergnügt, und langte eine Hand voll Knackmandeln aus der Tasche, die ich noch aus Italien mitgebracht hatte. Sie nahm auch davon, und wir knackten nun und sahen zufrieden in die stille Gegend hinaus. -- "Siehst Du," sagte sie nach einem Weilchen wieder, "das weiße Schlö߬ chen, das da drüben im Mondschein glänzt, das hat uns der Graf geschenkt, sammt dem Garten und den Weinbergen, da werden wir wohnen. Er wußt es schon lange, daß wir einander gut sind, und ist Dir sehr ge¬ wogen, denn hätt' er Dich nicht mitgehabt, als er das Fräulein aus der Pensions-Anstalt entführte, so wä¬ ren sie beide erwischt worden, ehe sie sich vorher noch mit der Gräfin versöhnten, und alles wäre anders ge¬ kommen." -- "Mein Gott, schönste, gnädigste Gräfin," rief ich aus, "ich weiß gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht vor lauter unverhofften Neuigkeiten; also der Herr Leonhard?" -- "Ja, ja," fiel sie mir in die Rede, "so nannte er sich in Italien; dem gehören die Herrschaften da drüben, und er heirathet nun unserer Gräfin Tochter, die schöne Flora. -- Aber was nennst Du mich denn Gräfin?" -- Ich sah sie groß an. --
auf den Balkon hinaus, damit ich auch ein Vivat be¬ kaͤme. — Aber deshalb biſt Du wohl damals von hier fortgelaufen?“ — „Ach Gott, freilich!“ rief ich aus, und ſchlug mich mit der Hand vor die Stirn. Sie aber ſchuͤttelte mit dem Koͤpfchen und lachte recht herzlich.
Mir war ſo wohl, wie ſie ſo froͤhlich und vertrau¬ lich neben mir plauderte, ich haͤtte bis zum Morgen zu¬ hoͤren moͤgen. Ich war ſo recht ſeelenvergnuͤgt, und langte eine Hand voll Knackmandeln aus der Taſche, die ich noch aus Italien mitgebracht hatte. Sie nahm auch davon, und wir knackten nun und ſahen zufrieden in die ſtille Gegend hinaus. — „Siehſt Du,“ ſagte ſie nach einem Weilchen wieder, „das weiße Schloͤ߬ chen, das da druͤben im Mondſchein glaͤnzt, das hat uns der Graf geſchenkt, ſammt dem Garten und den Weinbergen, da werden wir wohnen. Er wußt es ſchon lange, daß wir einander gut ſind, und iſt Dir ſehr ge¬ wogen, denn haͤtt' er Dich nicht mitgehabt, als er das Fraͤulein aus der Penſions-Anſtalt entfuͤhrte, ſo waͤ¬ ren ſie beide erwiſcht worden, ehe ſie ſich vorher noch mit der Graͤfin verſoͤhnten, und alles waͤre anders ge¬ kommen.“ — „Mein Gott, ſchoͤnſte, gnaͤdigſte Graͤfin,“ rief ich aus, „ich weiß gar nicht mehr, wo mir der Kopf ſteht vor lauter unverhofften Neuigkeiten; alſo der Herr Leonhard?“ — „Ja, ja,“ fiel ſie mir in die Rede, „ſo nannte er ſich in Italien; dem gehoͤren die Herrſchaften da druͤben, und er heirathet nun unſerer Graͤfin Tochter, die ſchoͤne Flora. — Aber was nennſt Du mich denn Graͤfin?“ — Ich ſah ſie groß an. —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0145"n="135"/>
auf den Balkon hinaus, damit ich auch ein Vivat be¬<lb/>
kaͤme. — Aber deshalb biſt Du wohl damals von hier<lb/>
fortgelaufen?“—„Ach Gott, freilich!“ rief ich aus,<lb/>
und ſchlug mich mit der Hand vor die Stirn. Sie aber<lb/>ſchuͤttelte mit dem Koͤpfchen und lachte recht herzlich.</p><lb/><p>Mir war ſo wohl, wie ſie ſo froͤhlich und vertrau¬<lb/>
lich neben mir plauderte, ich haͤtte bis zum Morgen zu¬<lb/>
hoͤren moͤgen. Ich war ſo recht ſeelenvergnuͤgt, und<lb/>
langte eine Hand voll Knackmandeln aus der Taſche,<lb/>
die ich noch aus Italien mitgebracht hatte. Sie nahm<lb/>
auch davon, und wir knackten nun und ſahen zufrieden<lb/>
in die ſtille Gegend hinaus. —„Siehſt Du,“ſagte<lb/>ſie nach einem Weilchen wieder, „das weiße Schloͤ߬<lb/>
chen, das da druͤben im Mondſchein glaͤnzt, das hat<lb/>
uns der Graf geſchenkt, ſammt dem Garten und den<lb/>
Weinbergen, da werden wir wohnen. Er wußt es ſchon<lb/>
lange, daß wir einander gut ſind, und iſt Dir ſehr ge¬<lb/>
wogen, denn haͤtt' er Dich nicht mitgehabt, als er das<lb/>
Fraͤulein aus der Penſions-Anſtalt entfuͤhrte, ſo waͤ¬<lb/>
ren ſie beide erwiſcht worden, ehe ſie ſich vorher noch<lb/>
mit der Graͤfin verſoͤhnten, und alles waͤre anders ge¬<lb/>
kommen.“—„Mein Gott, ſchoͤnſte, gnaͤdigſte Graͤfin,“<lb/>
rief ich aus, „ich weiß gar nicht mehr, wo mir der<lb/>
Kopf ſteht vor lauter unverhofften Neuigkeiten; alſo<lb/>
der Herr Leonhard?“—„Ja, ja,“ fiel ſie mir in die<lb/>
Rede, „ſo nannte er ſich in Italien; dem gehoͤren die<lb/>
Herrſchaften da druͤben, und er heirathet nun unſerer<lb/>
Graͤfin Tochter, die ſchoͤne Flora. — Aber was nennſt<lb/>
Du mich denn Graͤfin?“— Ich ſah ſie groß an. —<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[135/0145]
auf den Balkon hinaus, damit ich auch ein Vivat be¬
kaͤme. — Aber deshalb biſt Du wohl damals von hier
fortgelaufen?“ — „Ach Gott, freilich!“ rief ich aus,
und ſchlug mich mit der Hand vor die Stirn. Sie aber
ſchuͤttelte mit dem Koͤpfchen und lachte recht herzlich.
Mir war ſo wohl, wie ſie ſo froͤhlich und vertrau¬
lich neben mir plauderte, ich haͤtte bis zum Morgen zu¬
hoͤren moͤgen. Ich war ſo recht ſeelenvergnuͤgt, und
langte eine Hand voll Knackmandeln aus der Taſche,
die ich noch aus Italien mitgebracht hatte. Sie nahm
auch davon, und wir knackten nun und ſahen zufrieden
in die ſtille Gegend hinaus. — „Siehſt Du,“ ſagte
ſie nach einem Weilchen wieder, „das weiße Schloͤ߬
chen, das da druͤben im Mondſchein glaͤnzt, das hat
uns der Graf geſchenkt, ſammt dem Garten und den
Weinbergen, da werden wir wohnen. Er wußt es ſchon
lange, daß wir einander gut ſind, und iſt Dir ſehr ge¬
wogen, denn haͤtt' er Dich nicht mitgehabt, als er das
Fraͤulein aus der Penſions-Anſtalt entfuͤhrte, ſo waͤ¬
ren ſie beide erwiſcht worden, ehe ſie ſich vorher noch
mit der Graͤfin verſoͤhnten, und alles waͤre anders ge¬
kommen.“ — „Mein Gott, ſchoͤnſte, gnaͤdigſte Graͤfin,“
rief ich aus, „ich weiß gar nicht mehr, wo mir der
Kopf ſteht vor lauter unverhofften Neuigkeiten; alſo
der Herr Leonhard?“ — „Ja, ja,“ fiel ſie mir in die
Rede, „ſo nannte er ſich in Italien; dem gehoͤren die
Herrſchaften da druͤben, und er heirathet nun unſerer
Graͤfin Tochter, die ſchoͤne Flora. — Aber was nennſt
Du mich denn Graͤfin?“ — Ich ſah ſie groß an. —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/145>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.