wohl zu Rathe zu halten weiß, wenn er nur welches hätte, der" -- "Nun, nun, ich wußte nicht, daß Ihr ihn so gut kennt," unterbrach mich hier der Geistliche, und lachte dabei so herzlich, daß er ganz blau im Gesichte wurde, und ihm die Thränen aus den Augen rollten. -- "Ich hab' doch aber gehört," ließ sich nun das Mäd¬ chen wieder vernehmen, "der Bräutigam wäre ein gro¬ ßer, überaus reicher Herr." -- "Ach Gott, ja doch, ja! Confusion, nichts als Confusion!" rief der Geist¬ liche und konnte sich noch immer vor Lachen nicht zu Gute geben, bis er sich endlich ganz verhustete. Als er sich wieder ein wenig erholt hatte, hob er den Be¬ cher in die Höh und rief: "das Brautpaar soll leben!" -- Ich wußte gar nicht, was ich von dem Geistlichen und seinem Gerede denken sollte, ich schämte mich aber, wegen der römischen Geschichten, ihm hier vor allen Leuten zu sagen, daß ich selber der verlorene glücksee¬ lige Bräutigam sey.
Der Becher ging wieder fleißig in die Runde, der geistliche Herr sprach dabei freundlich mit Allen, so daß ihm bald ein Jeder gut wurde, und am Ende alles fröhlich durcheinander sprach. Auch die Studenten wur¬ den immer redseliger und erzählten von ihren Fahrten im Gebirge, bis sie endlich gar ihre Instrumente hol¬ ten und lustig zu blasen anfingen. Die kühle Wasser¬ luft strich dabei durch die Zweige der Laube, die Abend¬ sonne vergoldete schon die Wälder und Thäler, die schnell an uns vorüberflogen, während die Ufer von den Waldhornsklängen wiederhallten. -- Und als dann
wohl zu Rathe zu halten weiß, wenn er nur welches haͤtte, der“ — „Nun, nun, ich wußte nicht, daß Ihr ihn ſo gut kennt,“ unterbrach mich hier der Geiſtliche, und lachte dabei ſo herzlich, daß er ganz blau im Geſichte wurde, und ihm die Thraͤnen aus den Augen rollten. — „Ich hab' doch aber gehoͤrt,“ ließ ſich nun das Maͤd¬ chen wieder vernehmen, „der Braͤutigam waͤre ein gro¬ ßer, uͤberaus reicher Herr.“ — „Ach Gott, ja doch, ja! Confuſion, nichts als Confuſion!“ rief der Geiſt¬ liche und konnte ſich noch immer vor Lachen nicht zu Gute geben, bis er ſich endlich ganz verhuſtete. Als er ſich wieder ein wenig erholt hatte, hob er den Be¬ cher in die Hoͤh und rief: „das Brautpaar ſoll leben!“ — Ich wußte gar nicht, was ich von dem Geiſtlichen und ſeinem Gerede denken ſollte, ich ſchaͤmte mich aber, wegen der roͤmiſchen Geſchichten, ihm hier vor allen Leuten zu ſagen, daß ich ſelber der verlorene gluͤckſee¬ lige Braͤutigam ſey.
Der Becher ging wieder fleißig in die Runde, der geiſtliche Herr ſprach dabei freundlich mit Allen, ſo daß ihm bald ein Jeder gut wurde, und am Ende alles froͤhlich durcheinander ſprach. Auch die Studenten wur¬ den immer redſeliger und erzaͤhlten von ihren Fahrten im Gebirge, bis ſie endlich gar ihre Inſtrumente hol¬ ten und luſtig zu blaſen anfingen. Die kuͤhle Waſſer¬ luft ſtrich dabei durch die Zweige der Laube, die Abend¬ ſonne vergoldete ſchon die Waͤlder und Thaͤler, die ſchnell an uns voruͤberflogen, waͤhrend die Ufer von den Waldhornsklaͤngen wiederhallten. — Und als dann
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wohl zu Rathe zu halten weiß, wenn er nur welches
haͤtte, der“ — „Nun, nun, ich wußte nicht, daß Ihr
ihn ſo gut kennt,“ unterbrach mich hier der Geiſtliche,
und lachte dabei ſo herzlich, daß er ganz blau im Geſichte
wurde, und ihm die Thraͤnen aus den Augen rollten. —
„Ich hab' doch aber gehoͤrt,“ ließ ſich nun das Maͤd¬
chen wieder vernehmen, „der Braͤutigam waͤre ein gro¬
ßer, uͤberaus reicher Herr.“ — „Ach Gott, ja doch,
ja! Confuſion, nichts als Confuſion!“ rief der Geiſt¬
liche und konnte ſich noch immer vor Lachen nicht zu
Gute geben, bis er ſich endlich ganz verhuſtete. Als
er ſich wieder ein wenig erholt hatte, hob er den Be¬
cher in die Hoͤh und rief: „das Brautpaar ſoll leben!“
— Ich wußte gar nicht, was ich von dem Geiſtlichen
und ſeinem Gerede denken ſollte, ich ſchaͤmte mich aber,
wegen der roͤmiſchen Geſchichten, ihm hier vor allen
Leuten zu ſagen, daß ich ſelber der verlorene gluͤckſee¬
lige Braͤutigam ſey.
Der Becher ging wieder fleißig in die Runde, der
geiſtliche Herr ſprach dabei freundlich mit Allen, ſo daß
ihm bald ein Jeder gut wurde, und am Ende alles
froͤhlich durcheinander ſprach. Auch die Studenten wur¬
den immer redſeliger und erzaͤhlten von ihren Fahrten
im Gebirge, bis ſie endlich gar ihre Inſtrumente hol¬
ten und luſtig zu blaſen anfingen. Die kuͤhle Waſſer¬
luft ſtrich dabei durch die Zweige der Laube, die Abend¬
ſonne vergoldete ſchon die Waͤlder und Thaͤler, die
ſchnell an uns voruͤberflogen, waͤhrend die Ufer von
den Waldhornsklaͤngen wiederhallten. — Und als dann
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/131>, abgerufen am 17.02.2025.
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