Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Netz fielen und alle Maschen zerrissen, da sie eben einen jungen Goldfasan fangen wollte; morgen sei die Hochzeit mit dem Rittmeister; sie wolle ehrlich mit ihnen theilen. Keiner hörte mehr, Alles stach, hieb und raufte in der stockfinstern Nacht, daß die Fetzen flogen und die Funken von den Klingen sprühten.

Da schrie plötzlich Sinka durchdringend auf, mit Entsetzen bemerken sie auf einmal mitten unter sich ein fremdes Gesicht, jetzt wieder eins, bald da bald dort beim Streiflicht des Mondes immer mehr unbekannte Gestalten, die schweigend mitkämpfen, Einer von furchtbarem Aussehn ingrimmig durch den dicksten Haufen mähend, als föchte der Teufel mit ihnen. Da faßt Alle ein unwiderstehliches Grauen, und, Sinka voran, stiebt plötzlich der ganze verbissene Knäul wie ein Nachtspuk in die Waldschluchten auseinander.

Nur der grimme Fechter, mit zerhauenem Hute blutend auf ein Knie gesunken, vertheidigte sich noch immer gegen die geisterhafte Runde der Unbekannten, die nun allein auf dem Platz zurückgeblieben. Der Eine leuchtete ihm mit seiner Fackel unter die herabhängende Hutkrämpe -- Ei Herr Suppius, was machen Sie denn hier! rief er erschrocken zurückprallend.

Suppius -- der bei dem ersten Lärm sich sogleich aus seinem Schlafgemach in das Getümmel gestürzt hatte -- blickte im Kreise herum und erkannte nun mit großem Erstaunen einige reichgekleidete Jäger des Gra-

Netz fielen und alle Maschen zerrissen, da sie eben einen jungen Goldfasan fangen wollte; morgen sei die Hochzeit mit dem Rittmeister; sie wolle ehrlich mit ihnen theilen. Keiner hörte mehr, Alles stach, hieb und raufte in der stockfinstern Nacht, daß die Fetzen flogen und die Funken von den Klingen sprühten.

Da schrie plötzlich Sinka durchdringend auf, mit Entsetzen bemerken sie auf einmal mitten unter sich ein fremdes Gesicht, jetzt wieder eins, bald da bald dort beim Streiflicht des Mondes immer mehr unbekannte Gestalten, die schweigend mitkämpfen, Einer von furchtbarem Aussehn ingrimmig durch den dicksten Haufen mähend, als föchte der Teufel mit ihnen. Da faßt Alle ein unwiderstehliches Grauen, und, Sinka voran, stiebt plötzlich der ganze verbissene Knäul wie ein Nachtspuk in die Waldschluchten auseinander.

Nur der grimme Fechter, mit zerhauenem Hute blutend auf ein Knie gesunken, vertheidigte sich noch immer gegen die geisterhafte Runde der Unbekannten, die nun allein auf dem Platz zurückgeblieben. Der Eine leuchtete ihm mit seiner Fackel unter die herabhängende Hutkrämpe — Ei Herr Suppius, was machen Sie denn hier! rief er erschrocken zurückprallend.

Suppius — der bei dem ersten Lärm sich sogleich aus seinem Schlafgemach in das Getümmel gestürzt hatte — blickte im Kreise herum und erkannte nun mit großem Erstaunen einige reichgekleidete Jäger des Gra-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="6">
        <p><pb facs="#f0073"/>
Netz fielen und alle Maschen zerrissen, da sie eben      einen jungen Goldfasan fangen wollte; morgen sei die Hochzeit mit dem Rittmeister; sie wolle      ehrlich mit ihnen theilen. Keiner hörte mehr, Alles stach, hieb und raufte in der stockfinstern      Nacht, daß die Fetzen flogen und die Funken von den Klingen sprühten.</p><lb/>
        <p>Da schrie plötzlich Sinka durchdringend auf, mit Entsetzen bemerken sie auf einmal mitten      unter sich ein fremdes Gesicht, jetzt wieder eins, bald da bald dort beim Streiflicht des      Mondes immer mehr unbekannte Gestalten, die schweigend mitkämpfen, Einer von furchtbarem      Aussehn ingrimmig durch den dicksten Haufen mähend, als föchte der Teufel mit ihnen. Da faßt      Alle ein unwiderstehliches Grauen, und, Sinka voran, stiebt plötzlich der ganze verbissene      Knäul wie ein Nachtspuk in die Waldschluchten auseinander.</p><lb/>
        <p>Nur der grimme Fechter, mit zerhauenem Hute blutend auf ein Knie gesunken, vertheidigte sich      noch immer gegen die geisterhafte Runde der Unbekannten, die nun allein auf dem Platz      zurückgeblieben. Der Eine leuchtete ihm mit seiner Fackel unter die herabhängende Hutkrämpe &#x2014;      Ei Herr Suppius, was machen Sie denn hier! rief er erschrocken zurückprallend.</p><lb/>
        <p>Suppius &#x2014; der bei dem ersten Lärm sich sogleich aus seinem Schlafgemach in das Getümmel      gestürzt hatte &#x2014; blickte im Kreise herum und erkannte nun mit großem Erstaunen einige      reichgekleidete Jäger des Gra-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0073] Netz fielen und alle Maschen zerrissen, da sie eben einen jungen Goldfasan fangen wollte; morgen sei die Hochzeit mit dem Rittmeister; sie wolle ehrlich mit ihnen theilen. Keiner hörte mehr, Alles stach, hieb und raufte in der stockfinstern Nacht, daß die Fetzen flogen und die Funken von den Klingen sprühten. Da schrie plötzlich Sinka durchdringend auf, mit Entsetzen bemerken sie auf einmal mitten unter sich ein fremdes Gesicht, jetzt wieder eins, bald da bald dort beim Streiflicht des Mondes immer mehr unbekannte Gestalten, die schweigend mitkämpfen, Einer von furchtbarem Aussehn ingrimmig durch den dicksten Haufen mähend, als föchte der Teufel mit ihnen. Da faßt Alle ein unwiderstehliches Grauen, und, Sinka voran, stiebt plötzlich der ganze verbissene Knäul wie ein Nachtspuk in die Waldschluchten auseinander. Nur der grimme Fechter, mit zerhauenem Hute blutend auf ein Knie gesunken, vertheidigte sich noch immer gegen die geisterhafte Runde der Unbekannten, die nun allein auf dem Platz zurückgeblieben. Der Eine leuchtete ihm mit seiner Fackel unter die herabhängende Hutkrämpe — Ei Herr Suppius, was machen Sie denn hier! rief er erschrocken zurückprallend. Suppius — der bei dem ersten Lärm sich sogleich aus seinem Schlafgemach in das Getümmel gestürzt hatte — blickte im Kreise herum und erkannte nun mit großem Erstaunen einige reichgekleidete Jäger des Gra-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T14:27:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T14:27:42Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/73
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/73>, abgerufen am 23.11.2024.