Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Sie schauten sich erst nach allen Seiten um, eine Allee von wilden Kastanien führte nach dem Thor, man konnte bis in den gepflasterten Hof und im Hofe einen Brunnen und Gallerien rings an dem alten Hause sehen, es rührte sich aber nichts darin. Ich weiß nicht, Denkeli, sagte der Puppenspieler nach einem Weilchen zur Tochter, das kommt mir doch kurios vor mit dem Schloß, das hängt ja Alles so liederlich, die Sparren vom Dach und die Laden aus den Fenstern, als wär' auch schon der Kriegsbesen darüber gefahren. -- Indem schlug die Uhr vom Thurme langsam durch die große Einsamkeit. -- Da muß aber doch Jemand wohnen, der die Uhr aufzieht, sagte Denkeli. -- Das thun die Todten bei Nacht in solchen Schlössern, erwiderte der Vater verdrießlich. Darüber waren sie an ein altes Gitterthor gekommen und blickten durch die ehemals vergoldeten Stäbe in den Schloßgarten hinein. Da lag Alles einsam und schattigkühl, Regen, Wind und Sonnenschein waren, wie es schien, schon lange die Gärtner gewesen, die hatten einen steinernen Neptun aufs Trockene gesetzt und ihm eine hohe grüne Mütze von Ginster bis über die Augen gezogen; wilder Wein, Epheu und Brombeer kletterten von allen Seiten an ihm heran, eine Menge Sperlinge tummelte sich lärmend in seinem Bart, er konnt' sich mit seinem Dreizack vor dem Gesindel gar nicht mehr erwehren. Und wie er so sein Regiment verloren, reckten und dehnten sich auch die Sie schauten sich erst nach allen Seiten um, eine Allee von wilden Kastanien führte nach dem Thor, man konnte bis in den gepflasterten Hof und im Hofe einen Brunnen und Gallerien rings an dem alten Hause sehen, es rührte sich aber nichts darin. Ich weiß nicht, Denkeli, sagte der Puppenspieler nach einem Weilchen zur Tochter, das kommt mir doch kurios vor mit dem Schloß, das hängt ja Alles so liederlich, die Sparren vom Dach und die Laden aus den Fenstern, als wär' auch schon der Kriegsbesen darüber gefahren. — Indem schlug die Uhr vom Thurme langsam durch die große Einsamkeit. — Da muß aber doch Jemand wohnen, der die Uhr aufzieht, sagte Denkeli. — Das thun die Todten bei Nacht in solchen Schlössern, erwiderte der Vater verdrießlich. Darüber waren sie an ein altes Gitterthor gekommen und blickten durch die ehemals vergoldeten Stäbe in den Schloßgarten hinein. Da lag Alles einsam und schattigkühl, Regen, Wind und Sonnenschein waren, wie es schien, schon lange die Gärtner gewesen, die hatten einen steinernen Neptun aufs Trockene gesetzt und ihm eine hohe grüne Mütze von Ginster bis über die Augen gezogen; wilder Wein, Epheu und Brombeer kletterten von allen Seiten an ihm heran, eine Menge Sperlinge tummelte sich lärmend in seinem Bart, er konnt' sich mit seinem Dreizack vor dem Gesindel gar nicht mehr erwehren. Und wie er so sein Regiment verloren, reckten und dehnten sich auch die <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <pb facs="#f0042"/> <p>Sie schauten sich erst nach allen Seiten um, eine Allee von wilden Kastanien führte nach dem Thor, man konnte bis in den gepflasterten Hof und im Hofe einen Brunnen und Gallerien rings an dem alten Hause sehen, es rührte sich aber nichts darin. Ich weiß nicht, Denkeli, sagte der Puppenspieler nach einem Weilchen zur Tochter, das kommt mir doch kurios vor mit dem Schloß, das hängt ja Alles so liederlich, die Sparren vom Dach und die Laden aus den Fenstern, als wär' auch schon der Kriegsbesen darüber gefahren. — Indem schlug die Uhr vom Thurme langsam durch die große Einsamkeit. — Da muß aber doch Jemand wohnen, der die Uhr aufzieht, sagte Denkeli. — Das thun die Todten bei Nacht in solchen Schlössern, erwiderte der Vater verdrießlich.</p><lb/> <p>Darüber waren sie an ein altes Gitterthor gekommen und blickten durch die ehemals vergoldeten Stäbe in den Schloßgarten hinein. Da lag Alles einsam und schattigkühl, Regen, Wind und Sonnenschein waren, wie es schien, schon lange die Gärtner gewesen, die hatten einen steinernen Neptun aufs Trockene gesetzt und ihm eine hohe grüne Mütze von Ginster bis über die Augen gezogen; wilder Wein, Epheu und Brombeer kletterten von allen Seiten an ihm heran, eine Menge Sperlinge tummelte sich lärmend in seinem Bart, er konnt' sich mit seinem Dreizack vor dem Gesindel gar nicht mehr erwehren. Und wie er so sein Regiment verloren, reckten und dehnten sich auch die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
Sie schauten sich erst nach allen Seiten um, eine Allee von wilden Kastanien führte nach dem Thor, man konnte bis in den gepflasterten Hof und im Hofe einen Brunnen und Gallerien rings an dem alten Hause sehen, es rührte sich aber nichts darin. Ich weiß nicht, Denkeli, sagte der Puppenspieler nach einem Weilchen zur Tochter, das kommt mir doch kurios vor mit dem Schloß, das hängt ja Alles so liederlich, die Sparren vom Dach und die Laden aus den Fenstern, als wär' auch schon der Kriegsbesen darüber gefahren. — Indem schlug die Uhr vom Thurme langsam durch die große Einsamkeit. — Da muß aber doch Jemand wohnen, der die Uhr aufzieht, sagte Denkeli. — Das thun die Todten bei Nacht in solchen Schlössern, erwiderte der Vater verdrießlich.
Darüber waren sie an ein altes Gitterthor gekommen und blickten durch die ehemals vergoldeten Stäbe in den Schloßgarten hinein. Da lag Alles einsam und schattigkühl, Regen, Wind und Sonnenschein waren, wie es schien, schon lange die Gärtner gewesen, die hatten einen steinernen Neptun aufs Trockene gesetzt und ihm eine hohe grüne Mütze von Ginster bis über die Augen gezogen; wilder Wein, Epheu und Brombeer kletterten von allen Seiten an ihm heran, eine Menge Sperlinge tummelte sich lärmend in seinem Bart, er konnt' sich mit seinem Dreizack vor dem Gesindel gar nicht mehr erwehren. Und wie er so sein Regiment verloren, reckten und dehnten sich auch die
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/42>, abgerufen am 16.02.2025. |