Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.gleich darauf war auch das Licht oben ausgelöscht und Alles wieder still. Die unverhoffte Erscheinung des Suppius brachte die erschrockenen Musikanten unten ganz aus dem Concept, einer sah den andern verwundert an, nur hier und da fuhr noch ein verlegener Ton aus, wie bei einer Orgel, der der Wind ausgegangen. Zu beiden Seiten ehrerbietig ausweichend, antworteten Alle eifrig durcheinander: Wir sind's, wir sind's, wir wollten ihnen, da sie oben noch Licht hatten, einen Willkommen blasen. -- Wem denn? -- Nun, Ihr wißt's ja, die vorhin ankamen, als wir drin zum Tanze aufspielten, der fremde Herr mit der Dame. -- Zu Pferd, im langen Mantel? -- Ja, die Euch so höflich grüßten, Ihr saht eben auch zum Fenster heraus. -- Ich? -- Freilich, und: ha das faule Hofgesind! rief der fremde Kavalier im Hofe, wo bleibt meine Leibkarosse? Und als Ihr eben droben den Kehraus tanztet -- Da möcht' man ja gleich des Teufels werden! -- kam auch die Karosse wirklich nach, Ihr rieft noch dem Kutscher aus dem Fenster zu, er sollt' nach dem Hof fahren. -- Wer ist hier betrunken, ich oder ihr? -- Ich und Ihr und wir alle für unsern Herrn Burgemeister, vivat hoch! schrien da auf einmal die berauschten Musikanten, und wollten nun den Suppius, den sie in seinen höfischen Staatskleidern im Dunkeln für den Burgemeister hielten, durchaus mit Musik nach Hause bringen. Vergebens sträubte sich der entrüstete Student, sie ließen sich's nicht nehmen, und gleich darauf war auch das Licht oben ausgelöscht und Alles wieder still. Die unverhoffte Erscheinung des Suppius brachte die erschrockenen Musikanten unten ganz aus dem Concept, einer sah den andern verwundert an, nur hier und da fuhr noch ein verlegener Ton aus, wie bei einer Orgel, der der Wind ausgegangen. Zu beiden Seiten ehrerbietig ausweichend, antworteten Alle eifrig durcheinander: Wir sind's, wir sind's, wir wollten ihnen, da sie oben noch Licht hatten, einen Willkommen blasen. — Wem denn? — Nun, Ihr wißt's ja, die vorhin ankamen, als wir drin zum Tanze aufspielten, der fremde Herr mit der Dame. — Zu Pferd, im langen Mantel? — Ja, die Euch so höflich grüßten, Ihr saht eben auch zum Fenster heraus. — Ich? — Freilich, und: ha das faule Hofgesind! rief der fremde Kavalier im Hofe, wo bleibt meine Leibkarosse? Und als Ihr eben droben den Kehraus tanztet — Da möcht' man ja gleich des Teufels werden! — kam auch die Karosse wirklich nach, Ihr rieft noch dem Kutscher aus dem Fenster zu, er sollt' nach dem Hof fahren. — Wer ist hier betrunken, ich oder ihr? — Ich und Ihr und wir alle für unsern Herrn Burgemeister, vivat hoch! schrien da auf einmal die berauschten Musikanten, und wollten nun den Suppius, den sie in seinen höfischen Staatskleidern im Dunkeln für den Burgemeister hielten, durchaus mit Musik nach Hause bringen. Vergebens sträubte sich der entrüstete Student, sie ließen sich's nicht nehmen, und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0028"/> gleich darauf war auch das Licht oben ausgelöscht und Alles wieder still.</p><lb/> <p>Die unverhoffte Erscheinung des Suppius brachte die erschrockenen Musikanten unten ganz aus dem Concept, einer sah den andern verwundert an, nur hier und da fuhr noch ein verlegener Ton aus, wie bei einer Orgel, der der Wind ausgegangen. Zu beiden Seiten ehrerbietig ausweichend, antworteten Alle eifrig durcheinander: Wir sind's, wir sind's, wir wollten ihnen, da sie oben noch Licht hatten, einen Willkommen blasen. — Wem denn? — Nun, Ihr wißt's ja, die vorhin ankamen, als wir drin zum Tanze aufspielten, der fremde Herr mit der Dame. — Zu Pferd, im langen Mantel? — Ja, die Euch so höflich grüßten, Ihr saht eben auch zum Fenster heraus. — Ich? — Freilich, und: ha das faule Hofgesind! rief der fremde Kavalier im Hofe, wo bleibt meine Leibkarosse? Und als Ihr eben droben den Kehraus tanztet — Da möcht' man ja gleich des Teufels werden! — kam auch die Karosse wirklich nach, Ihr rieft noch dem Kutscher aus dem Fenster zu, er sollt' nach dem Hof fahren. — Wer ist hier betrunken, ich oder ihr? — Ich und Ihr und wir alle für unsern Herrn Burgemeister, vivat hoch! schrien da auf einmal die berauschten Musikanten, und wollten nun den Suppius, den sie in seinen höfischen Staatskleidern im Dunkeln für den Burgemeister hielten, durchaus mit Musik nach Hause bringen. Vergebens sträubte sich der entrüstete Student, sie ließen sich's nicht nehmen, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
gleich darauf war auch das Licht oben ausgelöscht und Alles wieder still.
Die unverhoffte Erscheinung des Suppius brachte die erschrockenen Musikanten unten ganz aus dem Concept, einer sah den andern verwundert an, nur hier und da fuhr noch ein verlegener Ton aus, wie bei einer Orgel, der der Wind ausgegangen. Zu beiden Seiten ehrerbietig ausweichend, antworteten Alle eifrig durcheinander: Wir sind's, wir sind's, wir wollten ihnen, da sie oben noch Licht hatten, einen Willkommen blasen. — Wem denn? — Nun, Ihr wißt's ja, die vorhin ankamen, als wir drin zum Tanze aufspielten, der fremde Herr mit der Dame. — Zu Pferd, im langen Mantel? — Ja, die Euch so höflich grüßten, Ihr saht eben auch zum Fenster heraus. — Ich? — Freilich, und: ha das faule Hofgesind! rief der fremde Kavalier im Hofe, wo bleibt meine Leibkarosse? Und als Ihr eben droben den Kehraus tanztet — Da möcht' man ja gleich des Teufels werden! — kam auch die Karosse wirklich nach, Ihr rieft noch dem Kutscher aus dem Fenster zu, er sollt' nach dem Hof fahren. — Wer ist hier betrunken, ich oder ihr? — Ich und Ihr und wir alle für unsern Herrn Burgemeister, vivat hoch! schrien da auf einmal die berauschten Musikanten, und wollten nun den Suppius, den sie in seinen höfischen Staatskleidern im Dunkeln für den Burgemeister hielten, durchaus mit Musik nach Hause bringen. Vergebens sträubte sich der entrüstete Student, sie ließen sich's nicht nehmen, und
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/28>, abgerufen am 16.07.2024. |