Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

Die schöne Mutter, die ihn hat geboren,
Den Himmel liebt er, der ihn auserkohren,
Läßt beide Haupt und Brust sich heiter schmücken.
Die Menge selbst, die herbraust, ihn zu fragen
Nach seinem Recht, muß den Beglückten tragen,
Als Element ihm bietend ihren Rücken.

VI.
Ihm ists verlieh'n, aus den verworrnen Tagen,
Die um die andern sich wie Kerker dichten,
Zum blauen Himmel sich emporzurichten,
In Freudigkeit: Hie bin ich, Herr! zu sagen.
Das Leben hat zum Ritter ihn geschlagen;
Er soll der Schönheit neid'sche Kerker lichten,
Daß nicht sich alle götterlos vernichten,
Soll er die Götter zu beschwören wagen.
Tritt erst die Lieb' auf seine blüh'nden Hügel,
Fühlt er die reichen Kränze in den Haaren,
Mit Morgenroth muß sich die Erde schmücken;
Süßschauernd dehnt der Geist die großen Flügel,
Es glänzt das Meer -- die muth'gen Schiffe fahren,
Da ist nichts mehr, was ihm nicht sollte glücken!

Die ſchoͤne Mutter, die ihn hat geboren,
Den Himmel liebt er, der ihn auserkohren,
Laͤßt beide Haupt und Bruſt ſich heiter ſchmuͤcken.
Die Menge ſelbſt, die herbrauſt, ihn zu fragen
Nach ſeinem Recht, muß den Begluͤckten tragen,
Als Element ihm bietend ihren Ruͤcken.

VI.
Ihm iſts verlieh'n, aus den verworrnen Tagen,
Die um die andern ſich wie Kerker dichten,
Zum blauen Himmel ſich emporzurichten,
In Freudigkeit: Hie bin ich, Herr! zu ſagen.
Das Leben hat zum Ritter ihn geſchlagen;
Er ſoll der Schoͤnheit neid'ſche Kerker lichten,
Daß nicht ſich alle goͤtterlos vernichten,
Soll er die Goͤtter zu beſchwoͤren wagen.
Tritt erſt die Lieb' auf ſeine bluͤh'nden Huͤgel,
Fuͤhlt er die reichen Kraͤnze in den Haaren,
Mit Morgenroth muß ſich die Erde ſchmuͤcken;
Suͤßſchauernd dehnt der Geiſt die großen Fluͤgel,
Es glaͤnzt das Meer — die muth'gen Schiffe fahren,
Da iſt nichts mehr, was ihm nicht ſollte gluͤcken!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0087" n="69"/>
            <lg type="poem">
              <l>Die &#x017F;cho&#x0364;ne Mutter, die ihn hat geboren,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Den Himmel liebt er, der ihn auserkohren,</l><lb/>
              <l rendition="#et">La&#x0364;ßt beide Haupt und Bru&#x017F;t &#x017F;ich heiter &#x017F;chmu&#x0364;cken.</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Die Menge &#x017F;elb&#x017F;t, die herbrau&#x017F;t, ihn zu fragen</l><lb/>
              <l rendition="#et">Nach &#x017F;einem Recht, muß den Beglu&#x0364;ckten tragen,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Als Element ihm bietend ihren Ru&#x0364;cken.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <lg>
            <head><hi rendition="#aq">VI</hi>.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <l>Ihm i&#x017F;ts verlieh'n, aus den verworrnen Tagen,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Die um die andern &#x017F;ich wie Kerker dichten,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Zum blauen Himmel &#x017F;ich emporzurichten,</l><lb/>
              <l rendition="#et">In Freudigkeit: Hie bin ich, Herr! zu &#x017F;agen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Das Leben hat zum Ritter ihn ge&#x017F;chlagen;</l><lb/>
              <l rendition="#et">Er &#x017F;oll der Scho&#x0364;nheit neid'&#x017F;che Kerker lichten,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Daß nicht &#x017F;ich alle go&#x0364;tterlos vernichten,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Soll er die Go&#x0364;tter zu be&#x017F;chwo&#x0364;ren wagen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Tritt er&#x017F;t die Lieb' auf &#x017F;eine blu&#x0364;h'nden Hu&#x0364;gel,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Fu&#x0364;hlt er die reichen Kra&#x0364;nze in den Haaren,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Mit Morgenroth muß &#x017F;ich die Erde &#x017F;chmu&#x0364;cken;</l><lb/>
            </lg>
            <lg type="poem">
              <l>Su&#x0364;ß&#x017F;chauernd dehnt der Gei&#x017F;t die großen Flu&#x0364;gel,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Es gla&#x0364;nzt das Meer &#x2014; die muth'gen Schiffe fahren,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Da i&#x017F;t nichts mehr, was ihm nicht &#x017F;ollte glu&#x0364;cken!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0087] Die ſchoͤne Mutter, die ihn hat geboren, Den Himmel liebt er, der ihn auserkohren, Laͤßt beide Haupt und Bruſt ſich heiter ſchmuͤcken. Die Menge ſelbſt, die herbrauſt, ihn zu fragen Nach ſeinem Recht, muß den Begluͤckten tragen, Als Element ihm bietend ihren Ruͤcken. VI. Ihm iſts verlieh'n, aus den verworrnen Tagen, Die um die andern ſich wie Kerker dichten, Zum blauen Himmel ſich emporzurichten, In Freudigkeit: Hie bin ich, Herr! zu ſagen. Das Leben hat zum Ritter ihn geſchlagen; Er ſoll der Schoͤnheit neid'ſche Kerker lichten, Daß nicht ſich alle goͤtterlos vernichten, Soll er die Goͤtter zu beſchwoͤren wagen. Tritt erſt die Lieb' auf ſeine bluͤh'nden Huͤgel, Fuͤhlt er die reichen Kraͤnze in den Haaren, Mit Morgenroth muß ſich die Erde ſchmuͤcken; Suͤßſchauernd dehnt der Geiſt die großen Fluͤgel, Es glaͤnzt das Meer — die muth'gen Schiffe fahren, Da iſt nichts mehr, was ihm nicht ſollte gluͤcken!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/87
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/87>, abgerufen am 27.11.2024.