Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Freude kann nicht gleich verklingen,
Und von des Tages Glanz und Lust
Ist so auch mir ein heimlich Singen
Geblieben in der tiefsten Brust.
Und fröhlich greif ich in die Saiten,
O Mädchen jenseits über'm Fluß,
Du lauschest wohl und hörst's von weiten
Und kennst den Sänger an dem Gruß!
III.
Ueber die beglänzten Gipfel
Fernher kommt es wie ein Grüßen,
Flüsternd neigen sich die Wipfel
Als ob sie sich wollten küssen.
Ist er doch so schön und milde!
Stimmen gehen durch die Nacht,
Singen heimlich von dem Bilde --
Ach, ich bin so froh verwacht!
Plaudert nicht so laut, ihr Quellen!
Wissen darf es nicht der Morgen!
In der Mondnacht linde Wellen,
Senk' ich stille Glück und Sorgen. --
IV.
Jetzt wandr' ich erst gern!
Am Fenster nun lauschen
Die Mädchen, es rauschen
Die Brunnen von fern.
Die Freude kann nicht gleich verklingen,
Und von des Tages Glanz und Luſt
Iſt ſo auch mir ein heimlich Singen
Geblieben in der tiefſten Bruſt.
Und froͤhlich greif ich in die Saiten,
O Maͤdchen jenſeits uͤber'm Fluß,
Du lauſcheſt wohl und hoͤrſt's von weiten
Und kennſt den Saͤnger an dem Gruß!
III.
Ueber die beglaͤnzten Gipfel
Fernher kommt es wie ein Gruͤßen,
Fluͤſternd neigen ſich die Wipfel
Als ob ſie ſich wollten kuͤſſen.
Iſt er doch ſo ſchoͤn und milde!
Stimmen gehen durch die Nacht,
Singen heimlich von dem Bilde —
Ach, ich bin ſo froh verwacht!
Plaudert nicht ſo laut, ihr Quellen!
Wiſſen darf es nicht der Morgen!
In der Mondnacht linde Wellen,
Senk' ich ſtille Gluͤck und Sorgen. —
IV.
Jetzt wandr' ich erſt gern!
Am Fenſter nun lauſchen
Die Maͤdchen, es rauſchen
Die Brunnen von fern.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0064" n="46"/>
              <lg n="5">
                <l>Die Freude kann nicht gleich verklingen,</l><lb/>
                <l>Und von des Tages Glanz und Lu&#x017F;t</l><lb/>
                <l>I&#x017F;t &#x017F;o auch mir ein heimlich Singen</l><lb/>
                <l>Geblieben in der tief&#x017F;ten Bru&#x017F;t.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="6">
                <l>Und fro&#x0364;hlich greif ich in die Saiten,</l><lb/>
                <l>O Ma&#x0364;dchen jen&#x017F;eits u&#x0364;ber'm Fluß,</l><lb/>
                <l>Du lau&#x017F;che&#x017F;t wohl und ho&#x0364;r&#x017F;t's von weiten</l><lb/>
                <l>Und kenn&#x017F;t den Sa&#x0364;nger an dem Gruß!</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">III</hi>.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Ueber die begla&#x0364;nzten Gipfel</l><lb/>
                <l>Fernher kommt es wie ein Gru&#x0364;ßen,</l><lb/>
                <l>Flu&#x0364;&#x017F;ternd neigen &#x017F;ich die Wipfel</l><lb/>
                <l>Als ob &#x017F;ie &#x017F;ich wollten ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>I&#x017F;t er doch &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n und milde!</l><lb/>
                <l>Stimmen gehen durch die Nacht,</l><lb/>
                <l>Singen heimlich von dem Bilde &#x2014;</l><lb/>
                <l>Ach, ich bin &#x017F;o froh verwacht!</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Plaudert nicht &#x017F;o laut, ihr Quellen!</l><lb/>
                <l>Wi&#x017F;&#x017F;en darf es nicht der Morgen!</l><lb/>
                <l>In der Mondnacht linde Wellen,</l><lb/>
                <l>Senk' ich &#x017F;tille Glu&#x0364;ck und Sorgen. &#x2014;</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">IV</hi>.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Jetzt wandr' ich er&#x017F;t gern!</l><lb/>
                <l>Am Fen&#x017F;ter nun lau&#x017F;chen</l><lb/>
                <l>Die Ma&#x0364;dchen, es rau&#x017F;chen</l><lb/>
                <l>Die Brunnen von fern.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0064] Die Freude kann nicht gleich verklingen, Und von des Tages Glanz und Luſt Iſt ſo auch mir ein heimlich Singen Geblieben in der tiefſten Bruſt. Und froͤhlich greif ich in die Saiten, O Maͤdchen jenſeits uͤber'm Fluß, Du lauſcheſt wohl und hoͤrſt's von weiten Und kennſt den Saͤnger an dem Gruß! III. Ueber die beglaͤnzten Gipfel Fernher kommt es wie ein Gruͤßen, Fluͤſternd neigen ſich die Wipfel Als ob ſie ſich wollten kuͤſſen. Iſt er doch ſo ſchoͤn und milde! Stimmen gehen durch die Nacht, Singen heimlich von dem Bilde — Ach, ich bin ſo froh verwacht! Plaudert nicht ſo laut, ihr Quellen! Wiſſen darf es nicht der Morgen! In der Mondnacht linde Wellen, Senk' ich ſtille Gluͤck und Sorgen. — IV. Jetzt wandr' ich erſt gern! Am Fenſter nun lauſchen Die Maͤdchen, es rauſchen Die Brunnen von fern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/64
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/64>, abgerufen am 24.11.2024.