Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Am Brunnen steh ich lange,
Der rauscht fort, wie vorher,
Kommt mancher wohl gegangen,
Es kennt mich keiner mehr.
Da hört' ich geigen, pfeifen,
Die Fenster glänzten weit,
Dazwischen drehn und schleifen
Viel' fremde, fröhliche Leut'.
Und Herz und Sinne mir brannten,
Mich trieb's in die weite Welt,
Es spielten die Musikanten,
Da fiel ich hin im Feld.
VIII.
Auf einer Burg.
Eingeschlafen auf der Lauer
Oben ist der alte Ritter;
Drüber gehen Regenschauer,
Und der Wald rauscht durch das Gitter.
Eingewachsen Bart und Haare,
Und versteinert Brust und Krause,
Sitzt er viele hundert Jahre
Oben in der stillen Klause.
Draußen ist es still und friedlich,
Alle sind in's Thal gezogen,
Waldesvögel einsam singen
In den leeren Fensterbogen.
Am Brunnen ſteh ich lange,
Der rauſcht fort, wie vorher,
Kommt mancher wohl gegangen‚
Es kennt mich keiner mehr.
Da hoͤrt' ich geigen, pfeifen,
Die Fenſter glaͤnzten weit,
Dazwiſchen drehn und ſchleifen
Viel' fremde, froͤhliche Leut'.
Und Herz und Sinne mir brannten‚
Mich trieb's in die weite Welt,
Es ſpielten die Muſikanten,
Da fiel ich hin im Feld.
VIII.
Auf einer Burg.
Eingeſchlafen auf der Lauer
Oben iſt der alte Ritter;
Druͤber gehen Regenſchauer,
Und der Wald rauſcht durch das Gitter.
Eingewachſen Bart und Haare,
Und verſteinert Bruſt und Krauſe,
Sitzt er viele hundert Jahre
Oben in der ſtillen Klauſe.
Draußen iſt es ſtill und friedlich,
Alle ſind in's Thal gezogen,
Waldesvoͤgel einſam ſingen
In den leeren Fenſterbogen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0049" n="31"/>
              <lg n="3">
                <l>Am Brunnen &#x017F;teh ich lange,</l><lb/>
                <l>Der rau&#x017F;cht fort, wie vorher,</l><lb/>
                <l>Kommt mancher wohl gegangen&#x201A;</l><lb/>
                <l>Es kennt mich keiner mehr.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Da ho&#x0364;rt' ich geigen, pfeifen,</l><lb/>
                <l>Die Fen&#x017F;ter gla&#x0364;nzten weit,</l><lb/>
                <l>Dazwi&#x017F;chen drehn und &#x017F;chleifen</l><lb/>
                <l>Viel' fremde, fro&#x0364;hliche Leut'.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="5">
                <l>Und Herz und Sinne mir brannten&#x201A;</l><lb/>
                <l>Mich trieb's in die weite Welt,</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;pielten die Mu&#x017F;ikanten,</l><lb/>
                <l>Da fiel ich hin im Feld.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq #b">VIII.</hi><lb/> <hi rendition="#b #g">Auf einer Burg</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Einge&#x017F;chlafen auf der Lauer</l><lb/>
                <l>Oben i&#x017F;t der alte Ritter;</l><lb/>
                <l>Dru&#x0364;ber gehen Regen&#x017F;chauer,</l><lb/>
                <l>Und der Wald rau&#x017F;cht durch das Gitter.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Eingewach&#x017F;en Bart und Haare,</l><lb/>
                <l>Und ver&#x017F;teinert Bru&#x017F;t und Krau&#x017F;e,</l><lb/>
                <l>Sitzt er viele hundert Jahre</l><lb/>
                <l>Oben in der &#x017F;tillen Klau&#x017F;e.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Draußen i&#x017F;t es &#x017F;till und friedlich,</l><lb/>
                <l>Alle &#x017F;ind in's Thal gezogen,</l><lb/>
                <l>Waldesvo&#x0364;gel ein&#x017F;am &#x017F;ingen</l><lb/>
                <l>In den leeren Fen&#x017F;terbogen.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0049] Am Brunnen ſteh ich lange, Der rauſcht fort, wie vorher, Kommt mancher wohl gegangen‚ Es kennt mich keiner mehr. Da hoͤrt' ich geigen, pfeifen, Die Fenſter glaͤnzten weit, Dazwiſchen drehn und ſchleifen Viel' fremde, froͤhliche Leut'. Und Herz und Sinne mir brannten‚ Mich trieb's in die weite Welt, Es ſpielten die Muſikanten, Da fiel ich hin im Feld. VIII. Auf einer Burg. Eingeſchlafen auf der Lauer Oben iſt der alte Ritter; Druͤber gehen Regenſchauer, Und der Wald rauſcht durch das Gitter. Eingewachſen Bart und Haare, Und verſteinert Bruſt und Krauſe, Sitzt er viele hundert Jahre Oben in der ſtillen Klauſe. Draußen iſt es ſtill und friedlich, Alle ſind in's Thal gezogen, Waldesvoͤgel einſam ſingen In den leeren Fenſterbogen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/49
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/49>, abgerufen am 22.12.2024.