Nur ich bin so jung wie damals. -- Von der Welt kann ich nicht lassen, Liebeln nicht von fern mit Reden, In den Arm lebendig fassen! -- Laß mich lieben, laß mich leben!"
Nun verliebt die Augen gehen Ueber ihres Gartens Mauer, War so einsam dort zu sehen Schimmernd Land und Ström' und Auen. Und wo ihre Augen gingen: Quellen aus der Grüne sprangen, Berg und Wald verzaubert standen Tausend Vögel schwirrend sangen. Golden blitzt es über'm Grunde, Selt'ne Farben irrend schweifen, Wie zu lang entbehrtem Feste Will die Erde sich bereiten. Und nun kamen angezogen Freier bald von allen Seiten, Federn bunt im Winde flogen, Jäger schmuck im Walde reiten. Hörner munter drein erschallen Auf und unter durch das Grüne, Pilger fromm dazwischen wallen, Die das Heimathsfieber spüren. Auf vielsonn'gen Wiesen flöten Schäfer bei schneeflock'gen Schafen, Ritter in der Abendröthe Knien auf des Berges Hange,
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Nur ich bin ſo jung wie damals. — Von der Welt kann ich nicht laſſen, Liebeln nicht von fern mit Reden, In den Arm lebendig faſſen! — Laß mich lieben, laß mich leben!“
Nun verliebt die Augen gehen Ueber ihres Gartens Mauer, War ſo einſam dort zu ſehen Schimmernd Land und Stroͤm' und Auen. Und wo ihre Augen gingen: Quellen aus der Gruͤne ſprangen, Berg und Wald verzaubert ſtanden Tauſend Voͤgel ſchwirrend ſangen. Golden blitzt es uͤber'm Grunde, Selt'ne Farben irrend ſchweifen, Wie zu lang entbehrtem Feſte Will die Erde ſich bereiten. Und nun kamen angezogen Freier bald von allen Seiten, Federn bunt im Winde flogen, Jaͤger ſchmuck im Walde reiten. Hoͤrner munter drein erſchallen Auf und unter durch das Gruͤne, Pilger fromm dazwiſchen wallen, Die das Heimathsfieber ſpuͤren. Auf vielſonn'gen Wieſen floͤten Schaͤfer bei ſchneeflock'gen Schafen, Ritter in der Abendroͤthe Knien auf des Berges Hange,
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Nur ich bin ſo jung wie damals. —
Von der Welt kann ich nicht laſſen,
Liebeln nicht von fern mit Reden,
In den Arm lebendig faſſen! —
Laß mich lieben, laß mich leben!“
Nun verliebt die Augen gehen
Ueber ihres Gartens Mauer,
War ſo einſam dort zu ſehen
Schimmernd Land und Stroͤm' und Auen.
Und wo ihre Augen gingen:
Quellen aus der Gruͤne ſprangen,
Berg und Wald verzaubert ſtanden
Tauſend Voͤgel ſchwirrend ſangen.
Golden blitzt es uͤber'm Grunde,
Selt'ne Farben irrend ſchweifen,
Wie zu lang entbehrtem Feſte
Will die Erde ſich bereiten.
Und nun kamen angezogen
Freier bald von allen Seiten,
Federn bunt im Winde flogen,
Jaͤger ſchmuck im Walde reiten.
Hoͤrner munter drein erſchallen
Auf und unter durch das Gruͤne,
Pilger fromm dazwiſchen wallen,
Die das Heimathsfieber ſpuͤren.
Auf vielſonn'gen Wieſen floͤten
Schaͤfer bei ſchneeflock'gen Schafen,
Ritter in der Abendroͤthe
Knien auf des Berges Hange,
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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/483>, abgerufen am 16.02.2025.
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