Sie hört' im Garten rauschen Die Brunnen immerdar Und durch der Wälder Rauschen Ein Singen wunderbar.
Sie sprach: "Wie wirres Klingen Kommt durch die Einsamkeit, Das Lied wohl hört' ich singen In alter, schöner Zeit."
Es klang, als wollt' sie's rufen Und grüßen tausendmal -- So stieg sie von den Stufen, So kühle rauscht' das Thal.
So zwischen Weingehängen, Stieg sinnend sie in's Land Hinunter zu den Klängen, Bis sie im Walde stand.
Dort ging sie, wie in Träumen, Im weiten, stillen Rund, Das Lied klang in den Bäumen, Von Quellen rauscht' der Grund. --
Derweil von Mund zu Munde Durch's Haus, erst heimlich sacht, Und lauter geht die Kunde: Die Braut irrt in der Nacht!
Sie hoͤrt' im Garten rauſchen Die Brunnen immerdar Und durch der Waͤlder Rauſchen Ein Singen wunderbar.
Sie ſprach: „Wie wirres Klingen Kommt durch die Einſamkeit, Das Lied wohl hoͤrt' ich ſingen In alter, ſchoͤner Zeit.“
Es klang, als wollt' ſie's rufen Und gruͤßen tauſendmal — So ſtieg ſie von den Stufen, So kuͤhle rauſcht' das Thal.
So zwiſchen Weingehaͤngen, Stieg ſinnend ſie in's Land Hinunter zu den Klaͤngen, Bis ſie im Walde ſtand.
Dort ging ſie, wie in Traͤumen, Im weiten, ſtillen Rund, Das Lied klang in den Baͤumen, Von Quellen rauſcht' der Grund. —
Derweil von Mund zu Munde Durch's Haus, erſt heimlich ſacht, Und lauter geht die Kunde: Die Braut irrt in der Nacht!
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Sie hoͤrt' im Garten rauſchen
Die Brunnen immerdar
Und durch der Waͤlder Rauſchen
Ein Singen wunderbar.
Sie ſprach: „Wie wirres Klingen
Kommt durch die Einſamkeit,
Das Lied wohl hoͤrt' ich ſingen
In alter, ſchoͤner Zeit.“
Es klang, als wollt' ſie's rufen
Und gruͤßen tauſendmal —
So ſtieg ſie von den Stufen,
So kuͤhle rauſcht' das Thal.
So zwiſchen Weingehaͤngen,
Stieg ſinnend ſie in's Land
Hinunter zu den Klaͤngen,
Bis ſie im Walde ſtand.
Dort ging ſie, wie in Traͤumen,
Im weiten, ſtillen Rund,
Das Lied klang in den Baͤumen,
Von Quellen rauſcht' der Grund. —
Derweil von Mund zu Munde
Durch's Haus, erſt heimlich ſacht,
Und lauter geht die Kunde:
Die Braut irrt in der Nacht!
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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/463>, abgerufen am 16.02.2025.
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