Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Der Kämpe. Nach drei Jahren kam gefahren Einsam auf dem Rhein ein Schiff, Drin gebunden und voll Wunden Lag ein Rittersmann und rief: "Still den Garten schön' thust warten Bleibst am Fenster ofte steh'n, Ruhig scheinst Du, heimlich weinst Du, Wie die Schiffe unten geh'n." "Was vertraust Du, warum baust Du Auf der Männer wilde Brust, Die das Blut ziert und der Streit rührt Und die schöne Todeslust!" Oben spinnend, saß sie sinnend -- Schwanden Schiff und Tageslicht, Was er sunge, war verklungen, Sie erkannt' den Liebsten nicht. Der Kaͤmpe. Nach drei Jahren kam gefahren Einſam auf dem Rhein ein Schiff, Drin gebunden und voll Wunden Lag ein Rittersmann und rief: „Still den Garten ſchoͤn' thuſt warten Bleibſt am Fenſter ofte ſteh'n, Ruhig ſcheinſt Du, heimlich weinſt Du, Wie die Schiffe unten geh'n.“ „Was vertrauſt Du, warum bauſt Du Auf der Maͤnner wilde Bruſt, Die das Blut ziert und der Streit ruͤhrt Und die ſchoͤne Todesluſt!“ Oben ſpinnend, ſaß ſie ſinnend — Schwanden Schiff und Tageslicht, Was er ſunge, war verklungen, Sie erkannt' den Liebſten nicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0440" n="422"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Der Kaͤmpe</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">N</hi>ach drei Jahren kam gefahren</l><lb/> <l>Einſam auf dem Rhein ein Schiff,</l><lb/> <l>Drin gebunden und voll Wunden</l><lb/> <l>Lag ein Rittersmann und rief:</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Still den Garten ſchoͤn' thuſt warten</l><lb/> <l>Bleibſt am Fenſter ofte ſteh'n,</l><lb/> <l>Ruhig ſcheinſt Du, heimlich weinſt Du,</l><lb/> <l>Wie die Schiffe unten geh'n.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Was vertrauſt Du, warum bauſt Du</l><lb/> <l>Auf der Maͤnner wilde Bruſt,</l><lb/> <l>Die das Blut ziert und der Streit ruͤhrt</l><lb/> <l>Und die ſchoͤne Todesluſt!“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Oben ſpinnend, ſaß ſie ſinnend —</l><lb/> <l>Schwanden Schiff und Tageslicht,</l><lb/> <l>Was er ſunge, war verklungen,</l><lb/> <l>Sie erkannt' den Liebſten nicht.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [422/0440]
Der Kaͤmpe.
Nach drei Jahren kam gefahren
Einſam auf dem Rhein ein Schiff,
Drin gebunden und voll Wunden
Lag ein Rittersmann und rief:
„Still den Garten ſchoͤn' thuſt warten
Bleibſt am Fenſter ofte ſteh'n,
Ruhig ſcheinſt Du, heimlich weinſt Du,
Wie die Schiffe unten geh'n.“
„Was vertrauſt Du, warum bauſt Du
Auf der Maͤnner wilde Bruſt,
Die das Blut ziert und der Streit ruͤhrt
Und die ſchoͤne Todesluſt!“
Oben ſpinnend, ſaß ſie ſinnend —
Schwanden Schiff und Tageslicht,
Was er ſunge, war verklungen,
Sie erkannt' den Liebſten nicht.
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/440>, abgerufen am 16.02.2025. |