Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Angedenken.
Berg' und Thäler wieder fingen
Ringsumher zu blühen an,
Aus dem Walde hört' ich singen
Einen lust'gen Jägersmann.
Und die Thränen drangen leise:
So einst blüht' es weit und breit,
Als mein Lieb dieselbe Weise
Mich gelehrt vor langer Zeit.
Ach ein solches Angedenken,
'S ist nur eitel Klang und Luft,
Und kann schimmernd doch versenken
Rings in Thränen Thal und Kluft!

In der Fremde.
Aus der Heimath hinter den Blitzen roth
Da kommen die Wolken her,
Aber Vater und Mutter sind lange todt,
Es kennt mich dort keiner mehr.
Wie bald, wie bald kommt die stille Zeit,
Da ruhe ich auch, und über mir
Rauschet die schöne Waldeinsamkeit
Und keiner mehr kennt mich auch hier.

Angedenken.
Berg' und Thaͤler wieder fingen
Ringsumher zu bluͤhen an,
Aus dem Walde hoͤrt' ich ſingen
Einen luſt'gen Jaͤgersmann.
Und die Thraͤnen drangen leiſe:
So einſt bluͤht' es weit und breit,
Als mein Lieb dieſelbe Weiſe
Mich gelehrt vor langer Zeit.
Ach ein ſolches Angedenken,
'S iſt nur eitel Klang und Luft,
Und kann ſchimmernd doch verſenken
Rings in Thraͤnen Thal und Kluft!

In der Fremde.
Aus der Heimath hinter den Blitzen roth
Da kommen die Wolken her,
Aber Vater und Mutter ſind lange todt,
Es kennt mich dort keiner mehr.
Wie bald, wie bald kommt die ſtille Zeit,
Da ruhe ich auch, und uͤber mir
Rauſchet die ſchoͤne Waldeinſamkeit
Und keiner mehr kennt mich auch hier.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0350" n="332"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Angedenken</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">B</hi>erg' und Tha&#x0364;ler wieder fingen</l><lb/>
            <l>Ringsumher zu blu&#x0364;hen an,</l><lb/>
            <l>Aus dem Walde ho&#x0364;rt' ich &#x017F;ingen</l><lb/>
            <l>Einen lu&#x017F;t'gen Ja&#x0364;gersmann.</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>Und die Thra&#x0364;nen drangen lei&#x017F;e:</l><lb/>
            <l>So ein&#x017F;t blu&#x0364;ht' es weit und breit,</l><lb/>
            <l>Als mein Lieb die&#x017F;elbe Wei&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Mich gelehrt vor langer Zeit.</l><lb/>
          </lg>
          <lg type="poem">
            <l>Ach ein &#x017F;olches Angedenken,</l><lb/>
            <l>'S i&#x017F;t nur eitel Klang und Luft,</l><lb/>
            <l>Und kann &#x017F;chimmernd doch ver&#x017F;enken</l><lb/>
            <l>Rings in Thra&#x0364;nen Thal und Kluft!</l><lb/>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">In der Fremde</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">A</hi>us der Heimath hinter den Blitzen roth</l><lb/>
            <l>Da kommen die Wolken her,</l><lb/>
            <l>Aber Vater und Mutter &#x017F;ind lange todt,</l><lb/>
            <l>Es kennt mich dort keiner mehr.</l><lb/>
            <l>Wie bald, wie bald kommt die &#x017F;tille Zeit,</l><lb/>
            <l>Da ruhe ich auch, und u&#x0364;ber mir</l><lb/>
            <l>Rau&#x017F;chet die &#x017F;cho&#x0364;ne Waldein&#x017F;amkeit</l><lb/>
            <l>Und keiner mehr kennt mich auch hier.</l><lb/>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[332/0350] Angedenken. Berg' und Thaͤler wieder fingen Ringsumher zu bluͤhen an, Aus dem Walde hoͤrt' ich ſingen Einen luſt'gen Jaͤgersmann. Und die Thraͤnen drangen leiſe: So einſt bluͤht' es weit und breit, Als mein Lieb dieſelbe Weiſe Mich gelehrt vor langer Zeit. Ach ein ſolches Angedenken, 'S iſt nur eitel Klang und Luft, Und kann ſchimmernd doch verſenken Rings in Thraͤnen Thal und Kluft! In der Fremde. Aus der Heimath hinter den Blitzen roth Da kommen die Wolken her, Aber Vater und Mutter ſind lange todt, Es kennt mich dort keiner mehr. Wie bald, wie bald kommt die ſtille Zeit, Da ruhe ich auch, und uͤber mir Rauſchet die ſchoͤne Waldeinſamkeit Und keiner mehr kennt mich auch hier.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/350
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/350>, abgerufen am 23.11.2024.