Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.II. Er reitet Nachts auf einem braunen Roß, Er reitet vorüber an manchem Schloß: Schlaf' droben, mein Kind, bis der Tag erscheint, Die finstre Nacht ist des Menschen Feind! Er reitet vorüber an einem Teich, Da stehet ein schönes Mädchen bleich Und singt, ihr Hemdlein flattert im Wind: Vorüber, vorüber, mir graut vor dem Kind! Er reitet vorüber an einem Fluß, Da ruft ihm der Wassermann seinen Gruß, Taucht wieder unter dann mit Gesaus, Und stille wird's über dem kühlen Haus. Wenn Tag und Nacht in verworrenem Streit, Schon Hähne krähen in Dörfern weit, Da schauert sein Roß und wühlet hinab, Scharret ihm schnaubend sein eigenes Grab. II. Er reitet Nachts auf einem braunen Roß, Er reitet voruͤber an manchem Schloß: Schlaf' droben, mein Kind, bis der Tag erſcheint, Die finſtre Nacht iſt des Menſchen Feind! Er reitet voruͤber an einem Teich, Da ſtehet ein ſchoͤnes Maͤdchen bleich Und ſingt, ihr Hemdlein flattert im Wind: Voruͤber, voruͤber, mir graut vor dem Kind! Er reitet voruͤber an einem Fluß, Da ruft ihm der Waſſermann ſeinen Gruß, Taucht wieder unter dann mit Geſaus, Und ſtille wird's uͤber dem kuͤhlen Haus. Wenn Tag und Nacht in verworrenem Streit, Schon Haͤhne kraͤhen in Doͤrfern weit, Da ſchauert ſein Roß und wuͤhlet hinab, Scharret ihm ſchnaubend ſein eigenes Grab. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0027" n="9"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">II</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Er reitet Nachts auf einem braunen Roß,</l><lb/> <l>Er reitet voruͤber an manchem Schloß:</l><lb/> <l>Schlaf' droben, mein Kind, bis der Tag erſcheint,</l><lb/> <l>Die finſtre Nacht iſt des Menſchen Feind!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Er reitet voruͤber an einem Teich,</l><lb/> <l>Da ſtehet ein ſchoͤnes Maͤdchen bleich</l><lb/> <l>Und ſingt, ihr Hemdlein flattert im Wind:</l><lb/> <l>Voruͤber, voruͤber, mir graut vor dem Kind!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Er reitet voruͤber an einem Fluß,</l><lb/> <l>Da ruft ihm der Waſſermann ſeinen Gruß,</l><lb/> <l>Taucht wieder unter dann mit Geſaus,</l><lb/> <l>Und ſtille wird's uͤber dem kuͤhlen Haus.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Wenn Tag und Nacht in verworrenem Streit,</l><lb/> <l>Schon Haͤhne kraͤhen in Doͤrfern weit,</l><lb/> <l>Da ſchauert ſein Roß und wuͤhlet hinab,</l><lb/> <l>Scharret ihm ſchnaubend ſein eigenes Grab.</l><lb/> </lg> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0027]
II.
Er reitet Nachts auf einem braunen Roß,
Er reitet voruͤber an manchem Schloß:
Schlaf' droben, mein Kind, bis der Tag erſcheint,
Die finſtre Nacht iſt des Menſchen Feind!
Er reitet voruͤber an einem Teich,
Da ſtehet ein ſchoͤnes Maͤdchen bleich
Und ſingt, ihr Hemdlein flattert im Wind:
Voruͤber, voruͤber, mir graut vor dem Kind!
Er reitet voruͤber an einem Fluß,
Da ruft ihm der Waſſermann ſeinen Gruß,
Taucht wieder unter dann mit Geſaus,
Und ſtille wird's uͤber dem kuͤhlen Haus.
Wenn Tag und Nacht in verworrenem Streit,
Schon Haͤhne kraͤhen in Doͤrfern weit,
Da ſchauert ſein Roß und wuͤhlet hinab,
Scharret ihm ſchnaubend ſein eigenes Grab.
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