Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwielicht.
Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken zieh'n wie schwere Träume --
Was will dieses Grau'n bedeuten?
Hast ein Reh du, lieb vor andern,
Laß es nicht alleine grasen,
Jäger zieh'n im Wald' und blasen,
Stimmen hin und wieder wandern.
Hast du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug' und Munde,
Sinnt er Krieg im tück'schen Frieden.
Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neugeboren.
Manches bleibt in Nacht verloren --
Hüte dich, bleib' wach und munter!

Zwielicht.
Daͤmmrung will die Fluͤgel ſpreiten,
Schaurig ruͤhren ſich die Baͤume,
Wolken zieh'n wie ſchwere Traͤume —
Was will dieſes Grau'n bedeuten?
Haſt ein Reh du, lieb vor andern,
Laß es nicht alleine graſen,
Jaͤger zieh'n im Wald' und blaſen,
Stimmen hin und wieder wandern.
Haſt du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieſer Stunde,
Freundlich wohl mit Aug' und Munde,
Sinnt er Krieg im tuͤck'ſchen Frieden.
Was heut muͤde gehet unter,
Hebt ſich morgen neugeboren.
Manches bleibt in Nacht verloren —
Huͤte dich, bleib' wach und munter!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0025" n="7"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Zwielicht.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>a&#x0364;mmrung will die Flu&#x0364;gel &#x017F;preiten,</l><lb/>
              <l>Schaurig ru&#x0364;hren &#x017F;ich die Ba&#x0364;ume,</l><lb/>
              <l>Wolken zieh'n wie &#x017F;chwere Tra&#x0364;ume &#x2014;</l><lb/>
              <l>Was will die&#x017F;es Grau'n bedeuten?</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Ha&#x017F;t ein Reh du, lieb vor andern,</l><lb/>
              <l>Laß es nicht alleine gra&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Ja&#x0364;ger zieh'n im Wald' und bla&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Stimmen hin und wieder wandern.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Ha&#x017F;t du einen Freund hienieden,</l><lb/>
              <l>Trau ihm nicht zu die&#x017F;er Stunde,</l><lb/>
              <l>Freundlich wohl mit Aug' und Munde,</l><lb/>
              <l>Sinnt er Krieg im tu&#x0364;ck'&#x017F;chen Frieden.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Was heut mu&#x0364;de gehet unter,</l><lb/>
              <l>Hebt &#x017F;ich morgen neugeboren.</l><lb/>
              <l>Manches bleibt in Nacht verloren &#x2014;</l><lb/>
              <l>Hu&#x0364;te dich, bleib' wach und munter!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0025] Zwielicht. Daͤmmrung will die Fluͤgel ſpreiten, Schaurig ruͤhren ſich die Baͤume, Wolken zieh'n wie ſchwere Traͤume — Was will dieſes Grau'n bedeuten? Haſt ein Reh du, lieb vor andern, Laß es nicht alleine graſen, Jaͤger zieh'n im Wald' und blaſen, Stimmen hin und wieder wandern. Haſt du einen Freund hienieden, Trau ihm nicht zu dieſer Stunde, Freundlich wohl mit Aug' und Munde, Sinnt er Krieg im tuͤck'ſchen Frieden. Was heut muͤde gehet unter, Hebt ſich morgen neugeboren. Manches bleibt in Nacht verloren — Huͤte dich, bleib' wach und munter!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/25
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/25>, abgerufen am 23.11.2024.