Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.So weit kunstreiche Töne Die heiteren Gedanken Und Himmelsgrüße senden: Ist alles mein und Dein. Laß' nie die Schmach mich sehen, Daß auch Dein Herz, der Lüge Des andern Volks zum Raube, Bereuend feig und hohl, An Licht und Schmuck mag zagen! Nicht wahr ist, was sie sagen: Daß Lieb' und Lust vergehen, Nicht wahr, daß uns betrüge Der schöne, freud'ge Glaube, Und also lebe wohl! Ihr aber, klug' Gesellen, Die hier mit in dem Kreise, Wohl quält Ihr mich seit Jahren Mit weisem Rath und Wort. -- Stoßt an, es sei vergessen! Im Meere, ungemessen, Sind viele tausend Wellen Und tausend Schiffe fahren Ein jedes seine Reise, Komm' jedes in seinen Port! Vom Berg' hinabgewendet,
Seh' ich die Ströme, Zinnen, Der Liebsten Schloß darunter -- So weit kunſtreiche Toͤne Die heiteren Gedanken Und Himmelsgruͤße ſenden: Iſt alles mein und Dein. Laß' nie die Schmach mich ſehen, Daß auch Dein Herz, der Luͤge Des andern Volks zum Raube, Bereuend feig und hohl, An Licht und Schmuck mag zagen! Nicht wahr iſt, was ſie ſagen: Daß Lieb' und Luſt vergehen, Nicht wahr, daß uns betruͤge Der ſchoͤne, freud'ge Glaube, Und alſo lebe wohl! Ihr aber, klug' Geſellen, Die hier mit in dem Kreiſe, Wohl quaͤlt Ihr mich ſeit Jahren Mit weiſem Rath und Wort. — Stoßt an, es ſei vergeſſen! Im Meere, ungemeſſen, Sind viele tauſend Wellen Und tauſend Schiffe fahren Ein jedes ſeine Reiſe, Komm' jedes in ſeinen Port! Vom Berg' hinabgewendet,
Seh' ich die Stroͤme, Zinnen, Der Liebſten Schloß darunter — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0186" n="168"/> <lg type="poem"> <l>So weit kunſtreiche Toͤne</l><lb/> <l>Die heiteren Gedanken</l><lb/> <l>Und Himmelsgruͤße ſenden:</l><lb/> <l>Iſt alles mein und Dein.</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Laß' nie die Schmach mich ſehen,</l><lb/> <l>Daß auch Dein Herz, der Luͤge</l><lb/> <l>Des andern Volks zum Raube,</l><lb/> <l>Bereuend feig und hohl,</l><lb/> <l>An Licht und Schmuck mag zagen!</l><lb/> <l>Nicht wahr iſt, was ſie ſagen:</l><lb/> <l>Daß Lieb' und Luſt vergehen,</l><lb/> <l>Nicht wahr, daß uns betruͤge</l><lb/> <l>Der ſchoͤne, freud'ge Glaube,</l><lb/> <l>Und alſo lebe wohl!</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Ihr aber, klug' Geſellen,</l><lb/> <l>Die hier mit in dem Kreiſe,</l><lb/> <l>Wohl quaͤlt Ihr mich ſeit Jahren</l><lb/> <l>Mit weiſem Rath und Wort. —</l><lb/> <l>Stoßt an, es ſei vergeſſen!</l><lb/> <l>Im Meere, ungemeſſen,</l><lb/> <l>Sind viele tauſend Wellen</l><lb/> <l>Und tauſend Schiffe fahren</l><lb/> <l>Ein jedes ſeine Reiſe,</l><lb/> <l>Komm' jedes in ſeinen Port!</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>Vom Berg' hinabgewendet,</l><lb/> <l>Seh' ich die Stroͤme, Zinnen,</l><lb/> <l>Der Liebſten Schloß darunter —</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0186]
So weit kunſtreiche Toͤne
Die heiteren Gedanken
Und Himmelsgruͤße ſenden:
Iſt alles mein und Dein.
Laß' nie die Schmach mich ſehen,
Daß auch Dein Herz, der Luͤge
Des andern Volks zum Raube,
Bereuend feig und hohl,
An Licht und Schmuck mag zagen!
Nicht wahr iſt, was ſie ſagen:
Daß Lieb' und Luſt vergehen,
Nicht wahr, daß uns betruͤge
Der ſchoͤne, freud'ge Glaube,
Und alſo lebe wohl!
Ihr aber, klug' Geſellen,
Die hier mit in dem Kreiſe,
Wohl quaͤlt Ihr mich ſeit Jahren
Mit weiſem Rath und Wort. —
Stoßt an, es ſei vergeſſen!
Im Meere, ungemeſſen,
Sind viele tauſend Wellen
Und tauſend Schiffe fahren
Ein jedes ſeine Reiſe,
Komm' jedes in ſeinen Port!
Vom Berg' hinabgewendet,
Seh' ich die Stroͤme, Zinnen,
Der Liebſten Schloß darunter —
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