Und in den gefalt'nen Händen Hielt er ernst ein blankes Schwerdt, Thät die Blicke niemals wenden, Ewig auf den Stahl gekehrt.
Da rief ich aus tiefsten Schmerzen: Vater, sprich ein einzig Wort, Wälz' den Fels von deinem Herzen, Starre nicht so ewig fort! Was das Schwerdt mit seinen Scheinen, Rede, was dein Schauen will; Denn mir graust durch Mark und Beine, Wie du so entsetzlich still. --
Morgenleuchten kam geflogen, Und der Vater ward so bleich, Adler hoch darüber zogen Durch das klare Himmelreich, Und der Väter stiller Orden Sank zur Ruh in Ewigkeit, Steine, wie es lichte worden, Standen da im Hof' zerstreut.
Nur der Degen blieb da droben Einsam liegen über'm Grab; "Sei denn Hab' und Gut zerstoben, Wenn ich dich, du Schwerdt, nur hab'!" Und ich faßt' es, -- Leute wühlten Ueber'n Berg, hinab, hinauf, Ob sie für verrückt mich hielten -- Mir ging hell die Sonne auf.
Und in den gefalt'nen Haͤnden Hielt er ernſt ein blankes Schwerdt, Thaͤt die Blicke niemals wenden, Ewig auf den Stahl gekehrt.
Da rief ich aus tiefſten Schmerzen: Vater, ſprich ein einzig Wort, Waͤlz' den Fels von deinem Herzen, Starre nicht ſo ewig fort! Was das Schwerdt mit ſeinen Scheinen, Rede, was dein Schauen will; Denn mir grauſt durch Mark und Beine, Wie du ſo entſetzlich ſtill. —
Morgenleuchten kam geflogen, Und der Vater ward ſo bleich, Adler hoch daruͤber zogen Durch das klare Himmelreich, Und der Vaͤter ſtiller Orden Sank zur Ruh in Ewigkeit, Steine, wie es lichte worden, Standen da im Hof' zerſtreut.
Nur der Degen blieb da droben Einſam liegen uͤber'm Grab; „Sei denn Hab' und Gut zerſtoben, Wenn ich dich, du Schwerdt, nur hab'!“ Und ich faßt' es, — Leute wuͤhlten Ueber'n Berg, hinab, hinauf, Ob ſie fuͤr verruͤckt mich hielten — Mir ging hell die Sonne auf.
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Und in den gefalt'nen Haͤnden
Hielt er ernſt ein blankes Schwerdt,
Thaͤt die Blicke niemals wenden,
Ewig auf den Stahl gekehrt.
Da rief ich aus tiefſten Schmerzen:
Vater, ſprich ein einzig Wort,
Waͤlz' den Fels von deinem Herzen,
Starre nicht ſo ewig fort!
Was das Schwerdt mit ſeinen Scheinen,
Rede, was dein Schauen will;
Denn mir grauſt durch Mark und Beine,
Wie du ſo entſetzlich ſtill. —
Morgenleuchten kam geflogen,
Und der Vater ward ſo bleich,
Adler hoch daruͤber zogen
Durch das klare Himmelreich,
Und der Vaͤter ſtiller Orden
Sank zur Ruh in Ewigkeit,
Steine, wie es lichte worden,
Standen da im Hof' zerſtreut.
Nur der Degen blieb da droben
Einſam liegen uͤber'm Grab;
„Sei denn Hab' und Gut zerſtoben,
Wenn ich dich, du Schwerdt, nur hab'!“
Und ich faßt' es, — Leute wuͤhlten
Ueber'n Berg, hinab, hinauf,
Ob ſie fuͤr verruͤckt mich hielten —
Mir ging hell die Sonne auf.
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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/171>, abgerufen am 17.02.2025.
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