Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.Rückblick. Ich wollt' im Walde dichten Ein Heldenlied voll Pracht, Verwickelte Geschichten Recht sinnreich ausgedacht. Da rauschten Bäume, sprangen Vom Fels die Bäche drein, Und tausend Stimmen klangen Verwirrend aus und ein. Und manches Jauchzen schallen Ließ ich aus frischer Brust, Doch aus den Helden allen Ward nichts vor tiefer Lust. Kehr ich zur Stadt erst wieder Aus Feld und Wäldern kühl, Da kommen all' die Lieder Von fern durchs Weltgewühl, Es hallen Lust und Schmerzen Noch einmal leise nach, Und bildend wird im Herzen Die alte Wehmuth wach, Der Winter auch derweile Im Feld die Blumen bricht -- Dann giebt's vor Langerweile Ein überlang Gedicht! Ruͤckblick. Ich wollt' im Walde dichten Ein Heldenlied voll Pracht, Verwickelte Geſchichten Recht ſinnreich ausgedacht. Da rauſchten Baͤume, ſprangen Vom Fels die Baͤche drein, Und tauſend Stimmen klangen Verwirrend aus und ein. Und manches Jauchzen ſchallen Ließ ich aus friſcher Bruſt, Doch aus den Helden allen Ward nichts vor tiefer Luſt. Kehr ich zur Stadt erſt wieder Aus Feld und Waͤldern kuͤhl, Da kommen all' die Lieder Von fern durchs Weltgewuͤhl, Es hallen Luſt und Schmerzen Noch einmal leiſe nach, Und bildend wird im Herzen Die alte Wehmuth wach, Der Winter auch derweile Im Feld die Blumen bricht — Dann giebt's vor Langerweile Ein uͤberlang Gedicht! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0128" n="110"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Ruͤckblick.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">I</hi>ch wollt' im Walde dichten</l><lb/> <l>Ein Heldenlied voll Pracht,</l><lb/> <l>Verwickelte Geſchichten</l><lb/> <l>Recht ſinnreich ausgedacht.</l><lb/> <l>Da rauſchten Baͤume, ſprangen</l><lb/> <l>Vom Fels die Baͤche drein,</l><lb/> <l>Und tauſend Stimmen klangen</l><lb/> <l>Verwirrend aus und ein.</l><lb/> <l>Und manches Jauchzen ſchallen</l><lb/> <l>Ließ ich aus friſcher Bruſt,</l><lb/> <l>Doch aus den Helden allen</l><lb/> <l>Ward nichts vor tiefer Luſt.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Kehr ich zur Stadt erſt wieder</l><lb/> <l>Aus Feld und Waͤldern kuͤhl,</l><lb/> <l>Da kommen all' die Lieder</l><lb/> <l>Von fern durchs Weltgewuͤhl,</l><lb/> <l>Es hallen Luſt und Schmerzen</l><lb/> <l>Noch einmal leiſe nach,</l><lb/> <l>Und bildend wird im Herzen</l><lb/> <l>Die alte Wehmuth wach,</l><lb/> <l>Der Winter auch derweile</l><lb/> <l>Im Feld die Blumen bricht —</l><lb/> <l>Dann giebt's vor Langerweile</l><lb/> <l>Ein uͤberlang Gedicht!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0128]
Ruͤckblick.
Ich wollt' im Walde dichten
Ein Heldenlied voll Pracht,
Verwickelte Geſchichten
Recht ſinnreich ausgedacht.
Da rauſchten Baͤume, ſprangen
Vom Fels die Baͤche drein,
Und tauſend Stimmen klangen
Verwirrend aus und ein.
Und manches Jauchzen ſchallen
Ließ ich aus friſcher Bruſt,
Doch aus den Helden allen
Ward nichts vor tiefer Luſt.
Kehr ich zur Stadt erſt wieder
Aus Feld und Waͤldern kuͤhl,
Da kommen all' die Lieder
Von fern durchs Weltgewuͤhl,
Es hallen Luſt und Schmerzen
Noch einmal leiſe nach,
Und bildend wird im Herzen
Die alte Wehmuth wach,
Der Winter auch derweile
Im Feld die Blumen bricht —
Dann giebt's vor Langerweile
Ein uͤberlang Gedicht!
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/128>, abgerufen am 26.02.2025. |